Beatrix von Storch verbreitet seit 2017 ihre Abneigung gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten auch im Bundestag (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)
"Kulturmarxismus in den Medien: 10% aller Seriencharaktere 2021 sind LGBT+" – mit dieser Meldung schockierte das von AfD-Politikerin Beatrix von Storch und ihrem Ehemann betriebene Portal "Freie Welt" am Montag die homophobe Leserschaft. LGBTI-Aktivist*innen, heißt es in dem wirren Text, hätten nämlich einen bösen Plan: Je mehr sie im Fernsehen präsent seien, desto mehr gehe es der traditionellen Familie an den Kragen. Zitat:
So soll sichergestellt werden, dass die unterhaltung [sic] die "Welt widerspiegelt". Der Zerfall der Gesellschaft und der Werte der Familie und der natürlichen Ehe werden dabei zersetzt [sic]. Einer winzigen Gruppe von Personen mit bestimmten Neigungen wird so eine riesige öffentliche Aufmerksamkeit zuteil, wobei eine Kinder- und familienfreundliche Unterhaltung kaum mehr zu sehen ist.

Screenshots aus dem Storch-Portal "Freie Welt"
Diese Vorwürfe sind freilich Blödsinn. Denn wer keine "familienfreundliche Unterhaltung" im TV findet, weiß einfach nicht, wie eine Fernbedienung funktioniert. Oder man ignoriert, dass auch queere Menschen Familien bilden oder Teil von ihnen sind. Auch dass die schiere Existenz einer nicht-cissexuellen oder nicht-heterosexuellen Person in Fernsehsendungen grundsätzlich schädlich für Kinder ist, ist ein Ammenmärchen aus vergangenen Zeiten.
Der Storch-Clan beruft sich in seinem Artikel auf eine Studie der LGBTI-Organisation GLAAD vom November 2019 (queer.de berichtete). Demnach gehörten in der Hauptsendezeit der großen amerikanischen Sender ABC, CBS, The CW, FOX und NBC von 879 Figuren in fiktiven Serien 90 einer sexuellen oder geschlechtlichen Minderheit an.
Die Storchs spielen mit antisemitischem Vokabular
Das in der Überschrift verwendete Wort "Kulturmarxismus" ist ein derzeit auch in Deutschland populärer werdendes Kampfwort von Rechtsaußen. "Cultural Marxism" ist bereits seit Jahren unter amerikanischen Rechtsradikalen ein beliebtes Kampfwort, um den angeblich immer stärker werdenden gesellschaftlichen Einfluss von LGBTI sowie muslimischen und jüdischen Menschen zu beklagen.
Dabei handelt es zwar um einen relativ neuen Begriff, aber um eine sehr alte Verschwörungstheorie: Demnach gebe es eine jüdisch-marxistische Verschwörung mit dem Ziel, eine Weltregierung zu etablieren, die christliche Werte und Konservative unterdrückt. Die zunehmende Verwendung dieses Begriffs durch AfD-Politiker*innen wie Beatrix von Storch wird von Expert*innen wie dem baden-württembergischen Antisemitismusbeauftragen Michael Blume als gefährlich kritisiert.
Und die Moral von der Geschicht':
Wer sich in biederster, rückständigster Deutschtümelei ergeht, täte nicht übel daran, erst mal ordentlich die deutsche Sprache zu lernen. Oder einfach die Finger von solchen Aussagen zu lassen, wenn man es nicht kann.