Der frühere Vize-Amtsarzt des Berliner Bezirks Treptow-Köpenick hat einen neuen Job. Bereits seit Ende letzten Jahres ist der kurz vor Weihnachten von AfD-Gesundheitsstadtrat Bernd Geschanowski entlassene schwarze und offen schwule Epidemie-Experte "Amtsarzt in leitender Stellung" im Gesundheitsamt des brandenburgischen Landkreises Dahme-Spreewald, berichtete der "Tagesspiegel".
Hedeler hatte sich im November mit dem Vorwurf an die Öffentlichkeit gewandt, im Bewerbungsverfahren um die Nachfolge des pensionierten bisherigen Amtsarztes von Treptow-Köpenick aus Homophobie und Rassismus schikaniert worden zu sein: "Sie passen hier nicht", soll der AfD-Politiker Geschanowski ihm gesagt haben. "Wenn bei mir jemand nicht passt, muss er gehen" (queer.de berichtete). Wie für weitere Diskriminierungen, "abschätzige Worte und Gesten" oder Blicke, habe er allerdings keine Zeugen, so Hedeler gegenüber der "taz".
AfD-Stadtrat wirft Hedeler "Rufmordkampagne" vor
AfD-Stadtrat Bernd Geschanowski bestreitet die Vorwürfe (Bild: AfD / Promo)
In einer inzwischen von über 39.000 Menschen unterschriebenen Online-Petition "'Zu schwul, zu schwarz': AfD verhindert Amtsarztsernennung" hatte der Mediziner von der Stadt eine Untersuchung der Vorwürfe und eine "faire und unabhängige Bewertung der Bewerbung" gefordert. Die Stelle in Treptow-Köpenick ist weiterhin unbesetzt und ausgeschrieben.
Geschanowski wies die Diskriminierungs-Vorwürfe in der Bezirksverordnetenversammlung mehrfach zurück und sieht sich als Opfer einer "Rufmordkampagne": "Herr Hedeler hat seine Herkunft, seine Hautfarbe und seine sexuelle Identität instrumentalisiert und gezielt als Mittel eingesetzt, um damit einen persönlichen Vorteil zu erzielen", behauptete der AfD-Gesundheitsstadtrat. Das Vertrauensverhältnis sei so nachhaltig zerstört, dass die Kündigung als "notwendiger Akt" unvermeidlich gewesen sei (queer.de berichtete).
Hedeler in "engster Auswahl" für Leitung des Gesundheitsamts
Der Landrat von Dahme-Spreewald, Stephan Loge (SPD), hatte aus der Zeitung von der Entlassung erfahren und Hedeler umgehend zum Gespräch eingeladen. "Er hat eine sehr, sehr gute Vorstellung abgegeben", erklärte Loge gegenüber dem "Tagesspiegel". In Dahme-Spreewald hat der schwule Mediziner nun Chancen auf jenen Chefposten, der ihm von Geschanowski in Treptow-Köpenick verwehrt worden war. "Er ist in der engsten Auswahl für die vakante Leitung des Gesundheitsamtes", so der SPD-Landrat.
Hedeler hatte in Kuba Medizin studiert und in Deutschland seinen Master im Fach Gesundheitswissenschaften gemacht. Er arbeitete mehrere Jahre im Gesundheitsamt Bremen und war 2014 für "Ärzte ohne Grenzen" an der Eindämmung der Ebola-Epidemie in Sierra Leone beteiligt. Der Landkreis Dahme-Spreewald hat aktuell nicht nur mit der Coronapandemie, sondern auch mit Schweinepest und Vogelgrippe zu kämpfen.
Gegenüber dem "Tagesspiegel" kündigte Denis Hedeler an, dass er trotz seines neuen Jobs vor dem Arbeitsgericht gegen seine Kündigung in Treptow-Köpenick klagen will. "Es geht mir um Gerechtigkeit." Andere Opfer von Diskriminierung sollten "den Mut nicht verlieren". (cw)
Die im Artikel verlinkte Petition kann man immer noch unterzeichnen. Ich habe es gerade getan.