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Transsexuellengesetz

Vor zehn Jahren erklärte Karlsruhe den Sterilisationszwang für verfassungswidrig

Seit 2011 ist die "dauerhafte Fortpflanzungsunfähigkeit" für trans Menschen keine Voraussetzung mehr, um ihren Geschlechtseintrag ändern zu dürfen. Bis heute hat die Bundesregierung die diskriminierende Stellen aber nicht aus dem Gesetzestext gestrichen.

  • 11. Januar 2021, 11:32h 9 3 Min.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 11. Januar 2011 den seit 1981 vorgeschriebenen OP- und Sterilisationszwang für trans Menschen für einen Verstoß gegen das Grundgesetz erklärt (queer.de berichtete). Angesichts des zehnjährigen Jubiläums der historischen Entscheidung fordern trans Aktivist*innen und die Opposition die Bundesregierung auf, endlich das völlig veraltete Transsexuellengesetz zu reformieren und Opfer des Gesetzes zu entschädigen.

Der Hintergrund: Im Transsexuellengesetz ist in Paragraf 8 vorgeschrieben, dass eine "dauerhafte Fortpflanzungsunfähigkeit" Voraussetzung sei, um den Geschlechtseintrag ändern zu dürfen. Karlsruhe setzte 2011 diesen Teil des Gesetzes aus, weil er gegen Artikel 1 und Artikel 2 des Grundgesetzes verstoße – also gegen die Bestimmungen zur Menschenwürde, zum Recht auf freie Entfaltung und zum Recht auf körperliche Unversehrtheit. Dieser Gesetzesabschnitt darf seit der Karlsruher Entscheidung nicht mehr angewandt werden – die Bundesregierung hat es bis heute aber nicht als für notwendig erachtet, den diskriminierenden Teil des Gesetzes offiziell zu ändern oder zu streichen.

Anlässlich des Jahrestages fordert der Bundesverband Trans* (BVT*) eine Entschädigung für Opfer der brachialen Praxis: "Die Bundesregierung sollte sich ein Beispiel an Schweden und den Niederlanden nehmen, die sich ihrer rechtsstaatlichen Verantwortung diesbezüglich stellen, geschehenes Unrecht aufzuarbeiten", so BVT*-Vorstandsmitglied Frank Krüger.

/ bv_trans
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Schweden entschädigt seit 2018 trans* Personen, die sich zur rechtlichen Anerkennung ihres Geschlechts einer Sterilisation unterziehen mussten (queer.de berichtete). Die Regierung der Niederlande kündigte vergangenen Monat an, dem schwedischen Beispiel zu folgen (queer.de berichtete).

Transsexuellengesetz verursacht "schon 40 Jahre lang schlimmes Leid"

Zudem wird seit Jahren von deutschen Aktivist*innen gefordert, dass ein Selbstbestimmungsgesetz das Transsexuellengesetz ersetzen solle. Dazu rief anlässlich des zehnjährigen Jubiläums auch Sven Lehmann, der grüne Fraktionssprecher für Queerpolitik, auf: "Der heutige Tag mahnt, das menschenunwürdige Transsexuellengesetz endlich abzuschaffen", so der Bundestagsabgeordnete aus Köln. Dass Menschen über 30 Jahre lang die Fortpflanzungsfähigkeit "staatlich verordnet" wurde, sei eine "Menschenrechtsverletzung mit lebenslangen Folgen", erklärte Lehmann weiter. "Es ist beschämend, dass dieser Absatz, auch wenn er seit 2011 nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts keine Anwendung mehr findet, bis heute im Gesetzestext steht." Das Transsexuellengesetz verursache "schon 40 Jahre lang schlimmes Leid, Zwang und hohe Kosten für die Betroffenen".

Der Parlamentarier verwies darauf, dass seine Fraktion bereits einen Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz in den Bundestag eingebracht habe (queer.de berichtete). Die anderen demokratischen Fraktionen haben bereits ihre grundsätzliche Unterstützung für eine derartige Initiative in Aussicht gestellt (queer.de berichtete). Lediglich die AfD wehrt sich aus Prinzip gegen eine Reform und bezeichnet derartige Bestrebungen als "Gender-Gaga" (queer.de berichtete).

/ svenlehmann
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Das Bundesverfassungsgericht erklärte in den letzten Jahrzehnten nicht nur den OP-Zwang, sondern mehrere weitere Teile des Transsexuellengesetzes für einen Verstoß gegen das Grundgesetz. Dazu zählen etwa der Scheidungszwang oder das Verbot für trans Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Wiederholt haben Bundesregierungen Reformen für das Transsexuellengesetz angekündigt, aber bislang nie umgesetzt. Zuletzt legte Schwarz-Rot eine angekündigte Reform 2019 auf Eis (queer.de berichtete). (dk)

-w-

#1 PfuiAnonym
  • 11.01.2021, 15:37h
  • "Bis heute hat die Bundesregierung die diskriminierende Stellen aber nicht aus dem Gesetzestext gestrichen."

    Nicht nur, dass Union und SPD weiterhin Trans-Menschen diskriminieren und gesundheitlich schaden, sondern sie ignorieren auch schon seit 10 Jahren ein Urteil des obersten deutschen Gerichtshofs.

    Union und SPD reden gerne von Rechtsstaatlichkeit, missachten aber selbst den Rechtsstaat, um weiter diskriminieren zu können.

    Pfui Union.
    Pfui SPD.
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#2 AtreusEhemaliges Profil
  • 11.01.2021, 15:41h
  • Wenn ein Staat das persönliche Glück und die Auslebung der eigenen Identität nur nach körperlicher Gewalteinwirkung gewährt, hat er sich weitestmöglich von Artikel 1 seines eigenen Grundgesetzes entfernt. Kein Lippenbekenntnis oder Betrag kann dieses Leid ungeschehen machen, aber die deutsche Demokratie wäre gut beraten, dieses Unrecht für künftige Generationen aus der Rechtsprechung zu tilgen, ähnliches zu verhindern und den Begriff Würde auf alle! Menschen zu übertragen.
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#3 apm1978Anonym
  • 11.01.2021, 16:27h
  • dazu kommt in mir die frage auf, wer solch ein menschenfeindliches gesetz entwerfen liess und wie es zu dessen verabschiedung kam.
    das die afd sich verächtlich gegen dessen aufhebung äusserte zeigt wie fern diese partei abseits vom grundgesetz steht.
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