Joe Biden am Mittwoch beim Ablegen des Amtseids
Der Demokrat Joe Biden ist der 46. Präsident der USA. Der 78-Jährige legte am Mittwochmittag Ortszeit am Capitol in Washington den Amtseid ab, wenige Minuten, nachdem Kamala Harris als erste Frau und als erste Person mit afroamerikanerischer und asiatischer Abstammung als Vize vereidigt wurde. Ihr Vorgänger Mike Pence weilte der Zeremonie bei, während der vorherige Präsident Donald Trump Washington wenige Stunden zuvor verlassen hatte. Er wird künftig in seinem Club-Resort Mar-a-Lago in Palm Beach in Florida weilen.
In seiner Antrittsrede sprach Biden von einem Tag der Demokratie, der Hoffnung und Erneuerung. Er erwähnte Herausforderungen wie die Corona-Krise, den Klimawandel, Rassismus und inneren Terrorismus, denen er sich stellen werde. Gerade den Kampf gegen die Pandemie betonte er und beschwor dabei Gemeinsamkeit: "Unity" sei der Weg nach vorne, so Biden, die US-Bürger*innen sollten bei allen Meinungsverschiedenheiten Nachbarn, nicht Gegner*innen sein.
Biden versprach, Präsident aller Amerikaner*innen sein zu wollen, und beschwor mehrfach Zusammenhalt, wies aber auch eine Kultur zurück, "in der Fakten manipuliert und künstlich erzeugt werden". Es komme auf Wahrheit an, auch auf Hoffnung, statt Angst. Der Welt versprach er wieder mehr Zuwendung. Die USA wollten führen, nicht mit Macht, sondern mit der Macht des Vorbilds. Auf LGBTI und ihre Rechte ging er nicht gezielt ein – sie sind aber offenbar Teil seiner ersten Amtshandlungen noch am Mittwoch.
Der Politikwechsel beginnt
Laut Medienberichten will Biden am Nachmittag 17 Anordnungen erlassen, die größtenteils Richtungswechsel aus der Trump-Zeit umkehren sollen. So will Biden erneut dem Pariser Klima-Abkommen und der Weltgesundheitsorganisation beitreten oder das Einreiseverbot aus einigen muslimischen Staaten aufheben.
Mit einer "Executive Order" sollen alle Bundesbehörden zudem angewiesen werden, das jüngste Supreme-Court-Urteil, wonach das Verbot der Diskriminierung von LGBTI am Arbeitsplatz im Diskriminierungsverbot zum Merkmal Geschlecht in einem entsprechenden Bundesgesetz enthalten ist, anzuerkennen und gegenüber Bundesstaaten und Gerichten zu verteidigen und umzusetzen. Die Anordnung fasse laut Medienberichten die Wirkung des Urteils zudem anders als die Trump-Regierung breit auf und gelte auch für andere Antidiskriminierungs- bzw. Gleichstellungsgesetze auf Bundesebene, in denen das Merkmal "Geschlecht" auftauche. Der genaue Wortlaut der Anordnung wurde aber zunächst noch nicht bekannt.
Bereits unter Präsident Barack Obama hatten die Regierung und speziell das Justizministerium diese Rechtsauffassung zum Merkmal "Geschlecht" verfolgt, bis eine komplette Umkehr unter Trump erfolgte. Seine Regierung kämpfte etwa vor Gerichten dafür, dass Bundesstaaten trans Person diskriminieren durften. Auf die Biden-Anordnung soll in den nächsten Wochen ein Gesetz folgen; der "Equality Act" würde in weiteren Bereichen wie etwa dem (sozialen) Wohnungsmarkt Diskriminierung von LGBTI verbieten. Bereits in den nächsten Tagen könnte einigen Berichten zufolge auch eine Anordnung folgen, die das von Trump erlassene Verbot von trans Personen im Militär aufhebt.
Biden verspricht Vielfalt und Zusammenhalt – doch es droht ein schwerer Weg
Biden hatte die Umsetzung einer umfassenden LGBTQ-Agenda versprochen. Mit der entscheidenden Stimme der Vizepräsidentin haben die Demokraten in den nächsten zwei Jahren allerdings nur die denkbar knappste Mehrheit im Senat und eine größere im Repräsentantenhaus. Nach der Ernennung von drei Richter*innen in den vier Trump-Jahren herrscht zudem am Supreme Court eine konservative Mehrheit.
Vor Bidens Rede schrieb Kamala Harris Geschichte
Biden hatte Vielfalt auch für sein Kabinett versprochen. So soll Pete Buttigieg der erste schwule Bundesminister des Landes werden (queer.de berichtete). Die Ernennung des früheren Bürgermeisters von South Bend im US-Staat Indiana zum Verantwortlichen für das Verkehrsressort muss noch vom Senat bestätigt werden. Das gilt auch für Bidens Ernennung von Rachel Levine, der Gesundheitsministerin von Pennsylvania, zur Staatssekretärin im US-Gesundheitsministerium (queer.de berichtete). Sie wäre die erste trans Person in einem ranghohen Ministeriumsposten. (nb)