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Forschungsprojekt

Ehe für alle war schon Thema im Mittelalter

Schon im 12. Jahrhundert sprach der Theologe Hugo von St. Viktor von einem "Bündnis lobenswerter Liebe" zwischen zwei Menschen des gleichen Geschlechts. Das fanden Historiker der Uni Bamberg heraus.


Der Theologe und Philisoph Hugo von St. Viktor (um 1097-1141) hatte mit seinen Werken großen Einfluss auf die Theologie, Exegese und Philosophie der nachfolgenden Jahrhunderte (Bild: Library of Congress)
  • 22. Januar 2021, 05:06h, noch kein Kommentar

Die Ehe für alle gilt als ein vergleichsweise modernes Thema – und doch reicht die Diskussion darum historisch weit zurück. Schon im Mittelalter wurde laut Prof. Dr. Klaus van Eickels, Historiker an der Universität Bamberg, darüber nachgedacht: "Hugo von St. Viktor, einer der bedeutendsten Theologen im 12. Jahrhundert, stellte die Frage, warum denn nicht ein Mann einen Mann oder eine Frau eine Frau heiraten solle."

Eine neue multimediale Reportage präsentiert wissenschaftliche Erkenntnisse über die Zeit von 500 bis 1500. Die Online-Reportage stellt den Forschungsschwerpunkt "Kultur und Gesellschaft im Mittelalter" der Universität Bamberg in Videos, Bildergalerien und Berichten vor. In einem Video etwa spricht Klaus van Eickels mit Dr. Christof Rolker, Professor für Historische Grundwissenschaften, über Partnerschaften im Mittelalter.

Direktlink | Die Historiker Prof. Dr. Klaus van Eickels und Prof. Dr. Christof Rolker über Partnerschaften und Homosexualität im Mittelalter
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Sex und Ehe gehörten im Mittelalter nicht zwangsläufig zusammen

Zum Thema Homosexualität im Mittelalter erläutert Klaus van Eickels: Gleichgeschlechtliche Handlungen galten mittelalterlichen Theologen als schwere, ja als himmelschreiende Sünde, die das Strafgericht Gottes auf die gesamte Gemeinschaft herabrief, die solche Handlungen in ihrer Mitte duldete. Ausgehend von der Jungfräulichkeit Marias, die auch durch ihre Ehe mit Josef nicht angetastet wurde, argumentiert Hugo von St. Viktor jedoch, dass die Ehe auch ohne Konsens zum fleischlichen Verkehr geschlossen werden kann. Er nennt eine mit dieser Maßgabe geschlossene gleichgeschlechtliche Partnerschaft sogar ein 'Bündnis lobenswerter Liebe'."

Der mittelalterliche Theologe lehnt es jedoch – ähnlich wie Papst Franziskus heute – ab, eine solche Verbindung als sakramentale Ehe zu betrachten. Allerdings mit einer Begründung, der kaum ein heutiger Theologe mehr folgen würde: Hugo von St. Viktor betont, die Ehe sei ein Sakrament, weil sie den Bund der Liebe zwischen Gott und den Menschen abbilde; deshalb müsse eine klar erkennbare Ungleichheit zwischen den Partnern bestehen, wie sie nur in der Ehe zwischen Mann und Frau verwirklicht sei.

Ehe auf Solidarität und wechselseitige Hilfe ausgerichtet


Mittelalterliches Kirchenrecht gehört zu den Forschungsschwerpunkten des Historikers Christof Rolker (Bild: Tim Kipphan / Universität Bamberg)

Dazu bemerkt Christof Rolker: "Die kirchliche Ehelehre des Mittelalters ist im Vergleich zur sozialen Praxis bemerkenswert modern, da sie den individuell und frei gegebenen Konsens der Ehepartner in den Mittelpunkt aller Überlegungen stellt. Bei aller Modernität wird es aber zugleich als selbstverständlich angesehen, dass Mann und Frau ungleich und ungleichberechtigt sind. Sie sind so ungleich, dass die Ehe sogar mit dem Verhältnis zwischen Gott und Mensch verglichen wird. Das dürfen wir nicht vergessen."

Klaus van Eickels ergänzt: "Hugo von St. Viktor hätte sich sicher darüber gewundert, dass in der aus dem christlichen Abendland hervorgegangenen westlichen Welt seit einigen Jahrzehnten die Gleichberechtigung von Frauen und Männern als selbstverständlich gilt, dass Paare unverheiratet zusammenleben dürfen und dass homosexuelle Handlungen nicht mehr bestraft werden. Aber er hätte sicherlich kein Problem mit einem eheähnlichen Bund zweier Männer oder zweier Frauen gehabt, der auf Solidarität und wechselseitiger Hilfe ausgerichtet ist." (cw/pm)