Die FDP-Bundestagsfraktion will einer Kinderschutzinitiative der Bundesregierung zustimmen, wenn gleichzeitig auch das Merkmal "sexuelle Identität" in den Antidiskriminierungsartikel des Grundgesetzes eingefügt wird. Das geht aus einem Brief an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) vom 29. Januar hervor, der von den Fraktionsvizevorsitzenden Stephan Thomae und Katja Suding unterzeichnet wurde. Außerdem müsse in Artikel 3 das Merkmal "Rasse" durch "eine zeitgemäße Formulierung" ersetzt werden.
Anlass für den Brief ist ein umstrittener Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 20. Januar, wonach Kinderrechte in Artikel 6 des Grundgesetzes verankert werden sollen. Die Große Koalition will dies noch vor den Bundestagswahlen im September durchs Parlament bringen. Die FDP hat in ihrem Brief auch einige Verbesserungsvorschläge für den Kinderschutz genannt.
Zur Aufnahme des Merkmals "sexuelle Identität" in den Diskriminierungsschutz der Verfassung liegt bereits ein gemeinsamer Gesetzentwurf von FDP, Linken und Grünen vor, der nach der ersten Lesung im Bundestag auch Zustimmung von Expert*innen bei einer Anhörung im Rechtsausschuss fand (queer.de berichtete). Zur Vermeidung des Begriffs "Rasse" gibt es Anträge von Grünen und Linke; die FDP hatte sich im letzten Jahr hinter das Vorhaben gestellt (queer.de berichtete).
Die FDP bietet der Bundesregierung nun Gespräche an, um eine Zweidrittelmehrheit für die von ihr gewünschte Grundgesetzänderung zu sichern. Dafür ist mindestens die Zustimmung von Teilen der Opposition notwendig. Auch der Bundesrat muss diesem Vorhaben und Änderungen an Artikel 3 mit Zweidrittelmehrheit zustimmen.
Noch vor wenigen Jahren war die FDP gegen Diskriminierungsschutz
Die Forderung nach Änderung von Artikel 3 hat die FDP erst Mitte 2017 aufgenommen (queer.de berichtete). Zuvor hatte sie sich gegen einen Diskriminierungsschutz für LGBTI ausgesprochen (queer.de berichtete).
In den Nullerjahren war die Partei noch kritischer gegenüber Antidiskriminierung eingestellt: So forderte die FDP im Streit um das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) etwa, dass zwar Frauen oder religiöse Menschen vor Diskriminierung geschützt werden sollten, nicht aber Homosexuelle (queer.de berichtete). Als Grund für diese geplante Diskriminierungshierarchie führte die Partei damals aus, dass es angeblich der deutschen Wirtschaft Schaden zufüge, wenn sexuelle Minderheiten gesetzlich nicht mehr benachteiligt werden dürfen. Außerdem warnten die Liberalen gebetsmühlenartig vor einer homosexuellen Klagewelle, auf die Deutschland knapp 15 Jahre nach Einführung des AGG aber immer noch wartet. (dk)
Man muss Union und SPD unter Druck setzen, sonst wird es niemals die Aufnahme der "sexuellen Identität" in Art. 3 GG geben.
Und wenn eh das Grundgesetz geändert werden soll, wofür die Regierung auch Stimmen der Opposition braucht, sollte diese Chance genutzt werden, um endlich diesen Anachronismus zu beseitigen.