Insbesondere autokratische Regime beklagen gerne die "Einmischung in innere Angelegenheiten", wenn sie mal wieder Teile ihres Volkes drangsalieren (Bild: J M Ar / flickr)
Die Türkei hat sich im Zusammenhang mit Studierendenprotesten an der Istanbuler Bogazici-Universität gegen ausländische Einmischung verwahrt. Wer das Land im Umgang mit den Vorfällen an der Universität belehren wolle, solle lieber in den eigenen Spiegel schauen, hieß es am Donnerstag in einer Erklärung des Außenministeriums in Ankara.
In sogenannten "fortschrittlichen" Demokratien seien die Bilder von unverhältnismäßiger Polizeigewalt gegen "unschuldige und zivile Bürger" noch in Erinnerung, hieß es ohne die Nennung eines spezifischen Landes. Niemand habe das Recht sich in die inneren Angelegenheiten der Türkei einzumischen.
Damit reagierte die Türkei offenbar auf scharfe Kritik von Nato-Partner USA: Ned Price, der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, hatte sich zuvor besorgt über Festnahmen von Studierenden und LGBTI-feindliche Rhetorik im Zusammenhang mit den Protesten gezeigt.
Studierende und Akademiker*innen der Bogazici-Universität in Istanbul protestieren seit einem Monat gegen den von Präsident Recep Tayyip Erdogan eingesetzten Direktor. Angeheizt wurden die Proteste zuletzt durch Haftbefehle gegen zwei Studenten am Wochenende. Sie waren im Zusammenhang mit einer Ausstellung auf dem Campus der Universität festgenommen worden, auf der auch ein umstrittenes Bild rund um das muslimische Heiligtum Kaaba in Saudi-Arabien gezeigt wurde (queer.de berichtete). Unter anderem zieren queere Flaggen den Rand des Bildes.
Daraufhin startete die Regierung eine verbale Kampagne gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten: Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan leugnete in einer Tirade gar die Existenz von LGBTI (queer.de berichtete). Innenminister Süleyman Soylu schimpfte auf Twitter mehrfach gegen "LGBT-Perverse".
Seit Anfang Januar wurden nach Angaben des Innenministeriums in Zusammenhang mit den Protesten mehr als 500 Menschen in 38 Provinzen festgenommen. Ein Großteil ist demnach wieder frei, rund 100 unter Auflagen. (dpa/dk)