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Neues Buch
Philipp Lahm warnt schwule Fußballer noch immer vor Coming-out
Ein homosexueller Spieler, der sich in der Bundesliga outet, hat laut dem ehemaligen Kapitän der Nationalmannschaft und Ex-Weltmeister nur geringe Chancen, "halbwegs unbeschadet davonzukommen".
- 17. Februar 2021, 06:13h 3 Min.
Der ehemalige Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm rät schwulen Fußballern von einem Coming-out während der aktiven Karriere ab. Es möge Städte und Vereine geben, wo solch ein Coming-out eher möglich wäre als anderswo, schreibt der Ex-Weltmeister in seinem Buch "Das Spiel: Die Welt des Fußballs" (Amazon-Affiliate-Link ), aus dem die "Bild"-Zeitung (Paywall-Artikel) vorab zitiert. Lahm nannte Berlin, Freiburg und den FC St. Pauli. "Aber gegenwärtig schienen mir die Chancen gering, so einen Versuch in der Bundesliga mit Erfolg zu wagen und nur halbwegs unbeschadet davonzukommen", so der frühere Profi des FC Bayern München.

Lahms Buch "Das Spiel: Die Welt des Fußballs" erscheint am 22. Februar 2021
Lahm empfiehlt schwulen Fußballern, sich vor einem geplanten öffentlichen Coming-out mit engsten Vertrauten zu beraten, rät jedoch davon ab, sich über das Thema mit Mitspielern zu unterhalten. Grund für Lahms Ratschlag ist die nach seiner Meinung fehlende Akzeptanz sowohl im Fußball als auch im Umfeld. Der Sportler könne die nötige Reife für diesen Schritt haben und auf die nötige Toleranz in seinem unmittelbaren Umfeld stoßen. "Aber er wird nicht mit der gleichen Reife bei allen Gegnern im Sport und ganz sicher nicht in allen Stadien rechnen dürfen, in denen er antritt", schreibt Lahm.
Als erster prominenter deutscher Fußballer hatte Lahms Auswahlkollege Thomas Hitzlsperger 2014 nach Abschluss seiner sportlichen Karriere sein Schwulsein nicht mehr verheimlicht. "Mir scheint es lebensklug, dass Thomas Hitzlsperger erst nach Beendigung seiner Laufbahn als aktiver Fußballprofi den Schritt gewagt und seine Homosexualität öffentlich gemacht hat", schreibt Lahm in seinem Buch.
In zehn Jahren nichts dazugelernt
Bereits vor zehn Jahren hatte sich Lahm in einem früheren Buch ähnlich geäußert. In seinem Werk "Der feine Unterschied: Wie man heute Spitzenfußballer wird" (Amazon-Affiliate-Link ), das Ende August 2011 auf den Markt kam. schrieb er zum Thema Coming-out eines Bundesliga-Spielers: "Ich hätte Angst, dass es ihm gehen könnte wie dem englischen Profi Justin Fashanu, der sich nach seinem Outing so in die Enge getrieben fühlte, dass er schließlich Selbstmord beging" (queer.de berichtete). Fashanu nahm sich 1998 das Leben – er ist nach wie vor der einzige aktive Profispieler, der sein Schwulsein nicht verheimlichte.
Auch in einem Interview mit der "Frankfurter Rundschau" erklärte Lahm 2012: "Ich glaube nicht, dass die Gesellschaft schon so weit ist, schwule Profi-Fußballer als etwas Selbstverständliches zu akzeptieren, so wie es in anderen Bereichen bereits möglich ist" (queer.de berichtete). Im Stadion gehe es nun einmal nicht politisch korrekt vor, so Lahm. Daraufhin war er von Christine Lüders, der damaligen Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, scharf kritisiert worden. "Ich denke, es war ein Fehler von Philipp Lahm, das zu sagen", sagte Lüders. Sie kritisierte, dass schwule Spieler durch die Aussage Lahms von einem Coming-out abgehalten werden könnten.. Gerade als Nationalspieler hätte Lahm zum Coming-out aufrufen müssen (queer.de berichtete).
Lahms Coming-out als hetero
In dem Buch "Der feine Unterschied: Wie man heute Spitzenfußballer wird" hatte sich Lahm 2011 auch als hetero geoutet (queer.de berichtete). Die Homo-Gerüchte um seine eigene Person seien ihm eigenlich "egal", schrieb er vor zehn Jahren. Selbst habe er auch nichts gegen Schwule: "Ich finde Homosexualität nichts Verwerfliches. Aber ich wundere mich immer wieder darüber, dass einzelne Typen, die so eine Geschichte in Umlauf setzen, so viel Einfluss auf die öffentliche Meinung haben."
Philipp Lahm hat sich in der Vergangenheit mehrfach für die Gleichbehandlung von schwulen Fußballern eingesetzt. So erklärte er 2007 in einem Interview mit dem Schwulenmagazin "Front": "Wenn ein Spieler schwul ist, ist er trotzdem mein Mannschaftskollege, und für mich würde sich im Umgang mit ihm nichts ändern" (queer.de berichtete). Wegen seines "besonderen und herausragenden Einsatzes gegen Intoleranz und Homophobie im Breitensport und insbesondere im Fußball" wurde ihm 2008 der Tolerantia-Preis verliehen (queer.de berichtete). (cw/dpa)

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