"Verspielen Sie die letzte Chance nicht!" Mit diesem am Sonntag veröffentlichten Appell richten sich katholische Laien-Organisationen an die Deutsche Bischofskonferenz, die am Dienstag ihre Frühjahrsvollversammlung beginnt.
Das Katholische LSBT+Komitee fordert gemeinsam mit der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), dem Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) sowie mit den Reformbewegungen "Wir sind Kirche" und Maria 2.0 und den Betroffeneninitiativen Eckiger Tisch e.V. und MojoRed e.V. in dem Schreiben unter anderem ein Umdenken bei der Sexualmoral und die Akzeptanz von sexuellen Minderheiten: "Die Kirche braucht einen neuen und positiven Zugang zur Sexualität, ihrer bewussten Gestaltung und der Tatsache, dass Sexualität zum Leben gehört", heißt es in dem Text. "Heterosexuelle, Lesben, Schwule, trans- und intergeschlechtliche Menschen – alle gehören gleichwertig zu unserer Kirche. Es darf hier keine Verurteilungen und Diskriminierungen mehr geben."
Die dringendste Forderung ist eine "vollständige Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in allen deutschen Bistümern". Würde die Kirche sich verweigern, würden "die Reformbemühungen des Synodalen Weges ins Leere laufen".
Zudem müsse die Kirche die Gleichwertigkeit von Mann und Frau endlich akzeptieren: "Der Zugang zu allen Diensten und Ämtern darf nicht mehr nur Männern vorbehalten bleiben. Dies widerspricht dem christlichen Menschenbild und den Allgemeinen Menschenrechten", heißt es in dem Text. Auch "klerikale Machtstrukturen" müssten aufgebrochen werden.
Die Initiative verweist auf steigende Kirchenaustrittszahlen hin und fragt die Obrigkeit: "Welche Zukunft hat die Kirche ohne Gläubige?"
"Thesenanschlag 2.0"
Parallel dazu hat die Reformbewegung Maria 2.0 die Aktion "Thesenanschlag 2.0" gesartet. Mehr als 503 Jahre nach den 95 Thesen von Martin Luther schlugen Aktivistinnen am Wochenende ein Papier mit sieben Thesen an den Eingangsbereich vieler Gotteshäuser in Deutschland. Dabei forderten sie auch "eine wertschätzende Haltung und Anerkennung gegenüber selbstbestimmter achtsamer Sexualität und Partnerschaft". Die augenblickliche Sexualmoral der Kirche sei dagegen "lebensfremd und diskriminierend".
Es ist fraglich, ob die Bischofskonferenz auf diese Vorschläge eingeht: Anfang Februar hatte eine von der Bischofkonferenz zu einer öffentlichen Online-Konferenz eingeladene Vertreterin eines konservativen Katholizismus schwule Männer für den jahrzehntelangen sexuellen Missbrauch von Kindern innerhalb der katholischen Kirche mitverantwortlich gemacht – und dafür wenig Widerspruch geerntet (queer.de berichtete). Zudem warnte Anfang des Jahres Bischof Stefan Oster vor einer queeren "Gesinnungsdiktatur" (queer.de berichtete). Andererseits gingen manche Bischöfe in den letzten Monaten auch auf queere Menschen zu, unter ihnen auch Georg Bätzing, der Chef der Bischofskonferenz (queer.de berichtete). (dk)