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Amerikanische Genderforscherin

Judith Butler wird 65

Die umstrittene US-Philosophin gilt als Vorreiterin der Queer-Theorie, muss sich aber auch gegen Antisemitismus-Vorwürfe wehren. Jetzt ist die Professorin der University of California 65 Jahre alt geworden.


Judith Butler gehört zu den einflussreichsten Geschlechterforscherinnen der Welt (Bild: Miquel Taverna / wikipedia)

1990 veröffentlichte die amerikanische Philosophin Judith Butler das Buch "Gender Trouble" – und veränderte damit auf einen Schlag das Feld der Geschlechterforschung. Das Buch, das auf Deutsch den Titel "Das Unbehagen der Geschlechter" trägt, machte die Trennung zwischen "Sex" und "Gender", also anatomischem Geschlecht und Geschlechtsidentität, zu einem zentralen Punkt dieses Forschungsfelds. Butler ist überzeugt, dass Geschlechter nicht als zweigeteilt angesehen werden könnten und nicht nur durch biologische Gegebenheiten festgelegt würden, sondern durch gesellschaftliche Einflüsse. Das sehr theoretisch geschriebene Buch war auch außerhalb typischer Wissenschaftskreise beliebt und wurde insbesondere in feministischen Buchläden in aller Welt zum Kassenschlager, der Generationen von jungen Frauen beeinflusste. Judith Butler wird am heutigen Mittwoch 65 Jahre alt.

Butler wurde 1956 in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio als Kind einer jüdischen Wirtschaftswissenschaftlerin ungarischer Herkunft und eines jüdischen Zahnarzts aus Russland geboren. Sie besuchte auch eine jüdische Schule. Später studierte sie unter anderem in Heidelberg und an der renommierten Yale-Universität in Connecticut. 1984 erhielt sie einen Doktorinnentitel in Philosophie.

Nach ihrem Durchbruch mit "Unbehagen der Geschlechter" veröffentlichte Butler weitere Bücher zu Gendertheorie, Queer-Theorie, feministischer Theorie und Kapitalismuskritik, unter ihnen "Körper von Gewicht: Die diskursiven Grenzen des Geschlechts", "Die Macht der Enteigneten" oder "Anmerkungen zu einer performativen Theorie der Versammlung". In ihrem neuesten Werk "Die Macht der Gewaltlosigkeit" erweitert sie die politische Philosophie um ein theoretisches Plädoyer für Gewaltverzicht.

Direktlink | Judith Butler spricht über die Welt nach dem Coronavirus (auf Englisch)
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Kontroversen und Anitsemitismus

Butler ist aber nicht nur für wissenschaftliche Abhandlungen, sondern auch immer wieder für öffentlichkeitswirksame Kontroversen gut: 2010 verweigerte sie etwa auf der CSD-Bühne in Berlin die Annahme des Zivilcouragepreises, unter anderem weil der Hauptstadt-Pride ihrer Meinung nach nicht genug gegen Rassismus tue (siehe queer.de-Interview).

Direktlink | Butler lehnte 2010 auf der CSD-Bühne den Zivilcouragepreis ab
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Ihre Unterstützung der BDS-Bewegung und die Verharmlosung fragwürdiger palästinensischer Organisationen führte immer wieder zu Kritik – und zu Verwirrung, weil sie selbst als Jüdin aufgewachsen ist. BDS steht für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen und strebt einen Komplettboykott von Israel an – in der Realität führt das etwa zu Boykotts jüdischer Läden, außerdem verkehren viele Anhänger*innen privat oder geschäftlich nicht mit Menschen, die einen israelischen Pass besitzen. Die Bewegung gilt deshalb als antisemitisch – so formulierte es auch der Bundestag in einem 2019 verabschiedeten Antrag von Union, SPD, FDP und Grünen (PDF).

Immerhin: Butler gehört nicht zu den radikalsten BDS-Anhägerinnen und arbeitete in der Vergangenheit mit Menschen israelischer Nationalität zusammen. Kritisiert wurde jedoch, dass sie die antisemitischen Terrororganisationen Hamas und Hisbollah als "progressiv" und als "soziale Bewegungen" bezeichnet hatte. Außerdem warf sie Israel eine Rassentrennungspolitik nach südafrikanischem Vorbild vor. Jüdische Organisationen hielten ihr diese Haltung oft vor: 2012 kritisiert etwa der Zentralrat der Juden in Deutschland, dass "Israel-Hasserin" Butler mit dem Adorno-Preis ausgezeichnet wurde (queer.de berichtete).

Seit fast 30 Jahren lehrt Butler an der University of California in Berkeley – und macht selbst nach dem Eintritt des Rentenalters keine Anstalten, ihre intellektuelle Laufbahn zu beenden.

Privat lebt die Geschlechterforscherin seit Jahren mit der Politikwissenschaftlerin Wendy Brown zusammen, die ebenfalls in Berkeley lehrt. Die beiden haben einen erwachsenen Sohn namens Isaac. In Interviews hat sich Butler als nicht-binär bezeichnet. In Englischen will sie entweder mit den Personalpronomen "she" oder "they" angesprochen werden. (dk)

#1 Zweierlei MaßAnonym
  • 24.02.2021, 11:07h
  • Sorry, aber wer Terrororganisationen verharmlost und mit Bewegungen sympathisiert, die jüdische Geschäfte boykottieren wollen (das gab es zuletzt unter den Nazis) und einen Komplettboykott Israels will (der einzige Ort in der Region, wo LGBTI und Anhänger ihrer eigenen Gendertheorie sicher sind), hat sich für mich als Gesprächspartner disqualifiziert.

    Und wenn so eine Person dann auch noch Preise ablehnt, weil die Organisatoren ihr zu wenig gegen Rassismus tun, macht sich obendrein komplett unglaubwürdig.
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#2 HausdienerAnonym
#3 Pu244Anonym
  • 24.02.2021, 12:38h
  • Die BDS Bewegung ist nicht per se antisemitisch, es ist jedoch ein sehr kurzer Weg von "der Staat Israel" über "die Israelis" hin zu "die Juden". Diese scheinbaren Nuancen sind jeweils ein gewaltiger Unterschied.

    Den Staat Israel kann und muß man auch in etlichen Dingen kritisieren, das ist keine Frage. Viele schalten das Hirn ab und bejahen alles, was vom Staat Israel getan wird. Blindes Jasagertum ist meist eine schlechte Lösung.

    Die Israelis sind eine vielfältige Gesellschaft und viele engagieren sich gegen die Mißstände, das sollte man in jedem Fall immer anerkennen.

    Bei "den Juden" ist man dann eben beim Rassismus angekommen.

    Der Grat zwischen vollkommen berechtigter Kritik und Rassismus ist kaum irgendwo so eng wie in dieser Frage.
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#4 PeerAnonym
  • 24.02.2021, 12:45h
  • Antwort auf #3 von Pu244
  • Doch, die BDS-Bewegung ist antisemitisch.

    Ja, man kann auch Israel kritisieren - wie jeden anderen Staat auch. Und man kann auch Juden kritisieren - wie jede andere Religion auch.

    Aber nur weil Teile der israelischen Politik vielleicht auch mal Dinge beschließen, die man ablehnt (und die übrigens auch im eigenen Land sehr kontrovers diskutiert werden), gleich zum Boykott des ganzen Staates oder zum Boykott jüdischer Geschäfte (selbst im Ausland) aufruft, ist das Antisemitismus. Das ist das alte "Kauft nicht bei Juden" der Nazis.

    Was hat denn der jüdische Obsthändler bei mir um die Ecke, der noch nie in Israel war, mit der Politik eines Teils der israelischen Parteien zu tun?

    Immer dann, wenn man Kritik an Einzelpersonen und einzelnen Gruppen pauschal auf eine ganze Nation oder gar eine ganze Ethnie verallgemeinert, ist das Rassismus. Das ist die Definition davon.
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#5 goddamn liberalAnonym
  • 24.02.2021, 12:53h
  • Ich verdanke Butler sehr viel.

    Nicht nur in Gender-Fragen, sondern auch, was das 'Trauerverbot' als Konzept betrifft.

    Ein persönliches Hauptproblem bei ihr ist aber, dass sie nie verstanden hat, welches Privileg es ist, dass ihre Eltern in Cleveland (Ohio) lebten und nicht in Kontinentaleuropa.

    Deshalb verherrlicht Butler die jüdische Diaspora, die für ihre europäischen Verwandten millionenfach Todesgefahr durch mörderischen Verrat bedeutete, und dämonisiert den Zionismus.

    Ihr Lob für die Hamas ist vergleichbar mit dem Lob Foucaults für den iranischen Klerikalfaschismus 1979.

    Kann leider passieren, wenn über vielen Büchern die Realität aus dem Auge verliert.
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#6 Pu244Anonym
  • 24.02.2021, 14:51h
  • Antwort auf #4 von Peer
  • Den jüdischen Obsthändler zu boykottieren, weil er Jude ist, wäre ganz klar Rassismus. Obst aus Israel zu boykottieren, weil es aus Israel kommt, hingegen nicht. Diese Linie sollte man klar ziehen.

    Ganz generell Händler zu boykottieren, die israelische Produkte im Programm haben oder dagegen zu protestieren, indem man die Händler darauf hinweist, ist ebenfalls nicht rassistisch, auch wenn es sich bei einem Händler um einen Juden handelt (da muß dann aber auch wirklich alles, auch der Discounter, der israelisches Obst im Angebot hat, gleich behandelt werden).

    Wie gesagt, es ist nicht unbedingt per se rassistisch, man muß da eben die ganz klaren Linien zwischen Staat, Einwohnern, Religion und Volk ziehen.

    Dann kann man auch noch die Unterscheidung zwischen Israel und den besetzten Gebieten treffen und eben nur die Siedler, die sich widerrechtlich das Land unter den Nagel reißen, treffen. Produkte, die daher kommen, haben im Barcode eine spezielle Kennung, an der man sie erkennen kann. Diese Produkte zu boykottieren ist meiner Meinung nach völlig legitim.

    Man sollte sich bei dieser Bewegung eben erkundigen, mit wem man es genau zu tun hat.
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#7 goddamn liberalAnonym
  • 24.02.2021, 15:05h
  • Antwort auf #6 von Pu244
  • "Obst aus Israel zu boykottieren, weil es aus Israel kommt, hingegen nicht. Diese Linie sollte man klar ziehen."

    Ein Jude im Judenstaat ist nicht weniger Jude als einer, der hier im Land der Mörder lebt.

    Zumal von Obst aus Israel auch dort lebende Araber*innen profitieren.
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#8 YannickAnonym
  • 24.02.2021, 15:13h
  • Antwort auf #6 von Pu244
  • "Den jüdischen Obsthändler zu boykottieren, weil er Jude ist, wäre ganz klar Rassismus. Obst aus Israel zu boykottieren, weil es aus Israel kommt, hingegen nicht. "

    Was für eine skurrile Auffassung.

    Wer sagt Dir denn, dass das Obst aus Israel nicht auch von einem Händler kommt, der die Politik von Teilen seines Landes auch kritisch sieht?

    Jede Verallgemeinerung ist immer falsch und deshalb ist und bleibt diese Bewegung antisemitisch.
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#9 YannickAnonym
  • 24.02.2021, 15:16h
  • Antwort auf #4 von Peer
  • Ja, zumal die Gegenseite ja wahrlich auch keine Unschuldsengel sind...

    Ich möchte nicht wissen, was in Deutschland los wäre, wenn wir von Staaten umgeben wären, die alle unsere Existenz ablehnen und zu unserer totalen Vernichtung aufrufen. Und auch regelmäßig Angriffe starten.
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#10 Pu244Anonym
  • 24.02.2021, 15:25h
  • Antwort auf #7 von goddamn liberal
  • "Ein Jude im Judenstaat ist nicht weniger Jude als einer, der hier im Land der Mörder lebt."

    Das habe ich auch nie bezweifelt. Es geht darum, wann es Rassismus ist und wann nicht. Einen Staat zu boykottieren ist kein Rassismus, jemanden wegen seiner Abstammung zu boykottieren schon und darum geht es eben.

    Dass ein Boykott gegen Israel auch Araber (sie haben ein Anteil von 25%) und Christen trifft, zeigt schon, dass das nicht pauschal rassistisch ist.

    Es ist auch nicht rassistisch, wenn jemand norwegische Produkte boykottiert, weil sie dort Wale töten (Greenpeace hat z.B. dazu aufgerufen).

    Es kann sogar antirassistisch sein, man erinnere sich an Südafrika.

    Man kann Staaten boykottieren, ohne, dass dies rassistisch wäre. Man kann auch bestimmte Bedingungen boykottieren, dazu zählt z.B. keine Produkte aus besetzten Gebieten (nicht nur Israel, auch die Krim, Transnistrien oder die Westsahara), unmenschlichen Arbeitsbedingungen oder Umweltzerstörung. Das ist alles die legitime Privatentscheidung.

    Bei der BDS Bewegung ist eben dass Problem, dass der Grat zwischen dem nicht rassistischem "boykottiert Israel" und dem rassistischen "boykottiert die Juden" sehr schmal ist. Wer nicht aufpasst und sich absolut klar abgrenzt, der kann extrem schnell in einem rassistischen Sumpf geraten.
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