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Verbot ist "medizinisch nicht notwendig"
CSU-Politiker will Schwulen doch das Blutspenden erlauben
Erst vor drei Monaten verteidigte die CSU im Landtag das Blutspendeverbot für schwule und bisexuelle Männer. Die CSU im Bundestag kann sich aber offenbar mit einem Ende dieser Diskriminierung anfreunden.

Stefan Müller ist bereits seit 2002 Mitglied des Bundestages. Von 2009 bis 2013 und erneut seit 2017 ist er parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe (Bild: CSU)
- 1. März 2021, 15:26h 2 Min.
Ganz neue Töne von den Christsozialen: Stefan Müller, der Parlamentsgeschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, stellte vergangenen Freitag auf Twitter das Blutspendeverbot für schwule und bisexuelle Männer in Frage: "Es ist Zeit, dass das #Blutspende-Verbot für Homosexuelle vollständig gekippt wird. Die jetzigen Einschränkungen sind nicht nur lebensfern und diskriminieren Homo- und Bisexuelle, sondern sie sind auch medizinisch gar nicht notwendig", schrieb der 45-Jährige aus Erlangen.
Twitter / smuellermdbEs ist Zeit, dass das #Blutspende-Verbot für Homosexuelle vollständig gekippt wird. Die jetzigen Einschränkungen sind nicht nur lebensfern und diskriminieren Homo- und Bisexuelle, sondern sie sind auch medizinisch gar nicht notwendig.
Stefan Müller (@smuellermdb) February 26, 2021
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Dabei hatte die CSU-Landtagsfraktion in Bayern in der Vorweihnachtszeit noch geschlossen am Blutspendeverbot von Schwulen festgehalten. Gesundheitspolitiker Bernhard Seidenath erklärte damals, dass es im "Interesse des Empfängers" sei, dass seine Gesundheit durch vermeintlich risikobehaftete Blutspenden "nicht beeinträchtigt" werde (queer.de berichtete). Bereits im Mai 2020 hatte CSU-Politikerin Emmi Zeulner das Spendenverbot im Bundestag verteidigt (queer.de berichtete).
In Deutschland dürfen Männer nur Blut spenden, wenn sie ein Jahr lang kein Sex mit Männern gehabt haben – für heterosexuellen Geschlechtsverkehr gibt es keine entsprechende Karenzzeit. LGBTI- und Aids-Aktivist*innen halten diese Regelung für wirklichkeitsfremd, da sie praktisch einen Totalausschluss aufgrund der sexuellen Orientierung darstelle.
Viele andere Länder sind in dieser Frage bereits weiter als Deutschland: Italien und Spanien betrachten etwa beim Zugang zu Blutspenden nur das sexuelle Risikoverhalten und nicht die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität der Spender*innen. England folgte diesem Beispiel vor wenigen Monaten (queer.de berichtete). Weitere Länder haben als Kompromiss das Sexverbot für Schwule verkürzt – Frankreich etwa auf vier Monate (queer.de berichtete).
Jens Brandenburg begrüßt Schwenk bei CSU
Jens Brandenburg, LSBTI-politischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, begrüßte die Äußerungen Müllers: "Es tut sich etwas! Der Richtungswechsel der CSU ist kein Grund zur Häme, sondern zur Freude. Wir brauchen die Union an Bord", so Brandenburg am Montag. Das Blutspendeverbot wird diesen Monat erneut Thema im Bundestag sein: Am 24. März findet eine Anhörung zur Abschaffung des Verbots im Gesundheitsausschuss statt.
Stefan Müller, der sich jetzt für die Aufhebung des Blutspendeverbots einsetzt, hat sich übrigens in der Vergangenheit nicht als Verfechter von LGBTI-Rechten hervorgetan. 2017 stimmte er gegen die Ehe für alle. 2012 hatte er sogar gleichgeschlechtliche Beziehungen mit den Worten verhöhnt: "Die Zukunft Deutschlands liegt in Familie, Kindern und Ehe, nicht in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften" (queer.de berichtete). (dk)
