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SPD-Streit

Esken geht auf Thierse zu, kritisiert queer.de

Laut "Tagesspiegel" schrieb die SPD-Chefin an den "verdienstvollen Genossen", dass ihr Gesprächsangebot an Vertreter der queeren Community "missbraucht" worden sei, um "uns gegeneinander auszuspielen".


Saskia Esken ist sei Dezember 2019 zusammen mit Norbert Walter-Borjans Bundesvorsitzende der SPD (Bild: Anne Hufnagl)

  • Von Norbert Blech
    3. März 2021, 21:21h 141 5 Min.

Nach dem indirekten Angebot von Wolfgang Thierse, nach Kritik an seinen Äußerungen über "Identitätspolitik" und "Cancel Culture" aus der Partei auszutreten, soll SPD-Parteichefin Saskia Esken verschiedenen Medien zufolge am Mittwoch das Gespräch mit dem 77-Jährigen gesucht haben.

So schreibt der "Tagesspiegel", Esken habe den ehemaligen Präsidenten des Deutschen Bundestages in einem Brief zu einem Gespräch eingeladen und darin betont, dass Thierse ein "verdienstvoller Genosse" und "Teil meiner solidarischen Gemeinschaft, der SPD" sei: "Wir distanzieren uns nicht von Dir, und wir schämen uns nicht für Dich."

In dem Brief habe Esken zudem bedauert, dass ihre zusammen mit Kevin Kühnert verfasste Einladung an Vertreter der queeren Community zu einem Gespräch am 11. März an queer.de weitergegeben worden sei. Der Text sei "dort missbraucht" worden "im Versuch, uns gegeneinander auszuspielen", und der Artikel habe "grundfalsche Interpretationen" vorgenommen, so die SPD-Politikerin laut "Tagesspiegel" .

Queer.de liegt Eskens Brief an Thierse nicht vor. Der "Tagesspiegel" zitiert nur kurz aus ihn und es bleibt unklar, wer ihn an die Zeitung weitergegeben hat und ob Esken darin auch Thierses Äußerungen kritisiert.

Queer.de zitierte korrekt und ausführlich

In dem Brief von Esken und Kühnert, über den queer.de am Sonntag berichtet hatte und auf den Thierse mit dem Rücktrittsangebot reagierte, ging es primär um Kritik an den Online-Talk "Jour Fixe". "Die jüngsten Ereignisse im Zusammenhang mit einer Online-Debatte auf Einladung des SPD-Kulturforums und der SPD-Grundwertekommission, die fehlende Zurückweisung von Grenzüberschreitungen und die mangelnde Sensibilität im Umgang mit den Gäst*innen aus Euren Reihen, manche Rechtfertigung im Nachgang – all das beschämt uns zutiefst", schrieben die beiden Politiker*innen in dem Gesprächsangebot an rund 20 Personen, das bereits am Freitag verschickt worden war.

In dem Schreiben, das queer.de fast komplett zitierte, hieß es auch: "Dazu kommen Aussagen einzelner Vertreter*innen der SPD zur sogenannten Identitätspolitik, die in den Medien, auf Plattformen und parteiintern getroffen wurden. Auch diese Aussagen zeichnen – insbesondere im Lichte der jüngsten Debatte – ein rückwärtsgewandtes Bild der SPD, das Eure Community, Dritte, aber eben auch uns verstört."

Queer.de vermerkte, dass der Brief an dieser Stelle keinen Namen nannte, stellte aber den offensichtlichen Zusammenhang zu Thierse dar. Er hatte mit einem FAZ-Gastbeitrag am Wochenende zuvor und einem Interview am Tag zuvor Kritik hervorgerufen. "Debatten über Rassismus, Postkolonialismus und Gender werden heftiger und aggressiver", hatte der Politiker in der FAZ unter anderem kritisiert, "Fragen ethnischer, geschlechtlicher und sexueller Identität dominieren". Auch hatte er betont: "Der unabdingbare Respekt vor Vielfalt und Anderssein ist nicht alles. Er muss vielmehr eingebettet sein in die Anerkennung von Regeln und Verbindlichkeiten, übrigens auch in die Akzeptanz von Mehrheitsentscheidungen." Thierse beklagte eine "Radikalität identitärer Forderungen" und dass solche Themen "unsere westlichen Gesellschaften mittlerweile mehr zu erregen und zu spalten [scheinen] als verteilungspolitische Gerechtigkeitsthemen".

Auf Kritik hatte Thierse in dem Interview nachgelegt, so verteidigte er etwa "Blackfacing" und beklagte: "Ich werde als reaktionär beschimpft, als Mann mit neurechtem Sprech, gewissermaßen AfD-Positionen. Vom Schwulen- und Lesbenverband wird das getrieben." Er werde als "alter weißer heterosexueller Mann" abgehandelt und man höre nicht mehr hin, welche Argumente er habe.

Twitter / Queerspiegel | Auch die Queer-Redaktion des "Tagesspiegels" hatte am Dienstag eigenständig aus dem Schreiben von Esken und Kühnert zitiert und einen Bezug zu Thierse hergestellt
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Queer.de stellte den Artikel vom Sonntag unter die Überschrift "SPD-Spitze distanziert sich von Schwan und Thierse", da zudem Gesine Schwan, Mitglied der Grundwertekommission der SPD, Teil des Talks "Jour Fixe" war und am Tag, als die Einladung von Esken und Kühnert verschickt wurde, auch ein Gastbeitrag von ihr in der SZ erschienen war. In ihm verteidigte sie Thierse, kritisierte Communities mit "feindseliger Abschottung nach außen" und beklagte eine Identitäts-Debattenkultur, in der "Auseinandersetzung durch moralische Verurteilung vergiftet" werde.

In dem Einladungsbrief von Esken und Kühnert hieß es weiter: "Kommt mit uns ins Gespräch und gebt uns die Chance, Euch im direkten Austausch zu versichern, dass Queerness und überhaupt gesellschaftliche Vielfalt in der SPD so viel empathischer und solidarischer betrachtet werden, als es in den vergangenen Tagen den Eindruck gemacht hat."

"Spiegel": Esken und Thierse telefonierten

Laut dem "Spiegel" hätten Esken, die nun auch mit Schwan reden wolle, und Thierse inzwischen am Mittwochnachmittag eine halbe Stunde lang telefoniert, "ohne klares Ergebnis". "Esken soll betont haben, dass sie mit ihren Aussagen gegenüber der queeren Community nicht speziell Thierse gemeint habe", schreibt das Magazin. "Es sei ihr darum gegangen, ein Signal an die betroffene Community zu senden." Thierse gehe nach wie vor davon aus, dass vor allem er gemeint gewesen sei, und erwarte dem Magazin zufolge ein "Signal" der Parteivorsitzenden.

"Wolfgang Thierse ist für uns ohne jeden Zweifel ein verdienstvoller Sozialdemokrat, und nichts läge mir ferner, als mich von ihm zu distanzieren", sagte Esken dem "Spiegel" direkt. "Gemeinsam bleiben wir im Austausch über sozialdemokratische Wege für eine Gesellschaft, die Diskriminierung und Ausgrenzung überwindet und den Respekt gegenüber der Verschiedenheit mit einer Kultur der Gemeinsamkeiten verbindet."

Twitter / MiRo_SPD | Michael Roth, der schwule SPD-Bundestagsabgeordnete und Europa-Staatsminister im Auswärtigen Amt, war einer der wenigen SPD-Politiker, der sich am Mittwoch äußerte
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Zuvor hatten am Dienstagabend Medien berichtet, Thierse habe Esken in einem Brief gefragt, ob sein "Bleiben in der gemeinsamen Partei weiterhin wünschenswert oder eher schädlich" sei. Obwohl diese weitere Eskalation von ihm ausging, kritisierten mehrere Medien den Vorgang als quasi weiteren Beweis für schädliche "Identitätspolitik": "Die SPD ekelt ihr Urgestein Wolfgang Thierse raus", überschrieb etwa "Bild" irreführend einen Bericht. Die "Welt" betonte, Thierse habe die "grassierende 'Identitätspolitik'" kritisiert. Der "Tagesspiegel" kommentierte, Thierse werde "ausgegrenzt", auch spielte die Zeitung wie mehrere weitere Medien die Sorgen von Minderheiten gegen die Sorgen von "'kleinen' Angestellten" aus, die von der SPD vernachlässigt würden.

4.3.: Ergänzt um "Queerspiegel"-Tweet

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#1 NonBinaryEhemaliges Profil
  • 03.03.2021, 21:42h
  • "Euch im direkten Austausch zu versichern, dass Queerness [...] in der SPD so viel empathischer und solidarischer betrachtet werden, als es in den vergangenen Tagen den Eindruck gemacht hat"

    Soso. Es hat also "den Eindruck gemacht". Die übliche Leier: das, was man nachweisbar gesagt und geschrieben hat, war alles völlig ok (es war sogar empathisch und solidarisch), es hat nur bei den völlig überzogen reagierenden queeren Menschen mal wieder einen verzerrten "Eindruck gemacht". Was müssen die Queeren aber auch immer gleich so mimosenhaft sein.

    Für wie dumm will man uns eigentlich verkaufen?
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#2 TrampolinusAnonym
#3 NebelkerzeAnonym
  • 03.03.2021, 22:20h
  • "Esken soll betont haben, dass sie mit ihren Aussagen gegenüber der queeren Communty nicht speziell Thierse gemeint habe", schreibt das Magazin. "Es sei ihr darum gegangen, ein Signal an die betroffene Community zu senden."

    Das sagt eigentlich alles. Auf der einen Seite solidarisch die Menschenfeindlichkeit und den Heterosexismus Thierses unterstützen, auf der anderen Seite Solidarität gegenüber der queeren Community heucheln, um sich deren Wähler_innenstimmen zu sichern. Danke liebe SPD, das Signal ist angekommen. Klar und deutlich.
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