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Diskriminierungsmuster im Kopf

Warum Kevin Kühnert nicht händchenhaltend durch Berlin läuft

Aus Angst vor Gewalt und "Exotisierung" zeigt der schwule SPD-Vizechef keine Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit, verrät er im neuen Buch "Coming-out" von Sebastian Goddemeier.


Kevin Kühnert ist seit 2019 stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD, Im März 2018 hatte sich der damalige Juso-Chef als schwul geoutet (Bild: Stefan Müller (climate stuff) / flickr)
  • 9. März 2021, 06:37h 68 2 Min.

SPD-Vize Kevin Kühnert sieht LGBTI in der Corona-Krise besonders gebeutelt – und um ihre sicheren Räume wie Bars und Clubs gebracht. "Während der Corona-Pandemie habe ich noch stärker gemerkt, wie sehr die Szene ihre Treffpunkte braucht", wird der offen schwule 31-Jährige im neuen Buch "Coming-out" (Amazon-Affiliate-Link ) von Sebastian Goddemeier zitiert. Darin sprechen auch Promis wie die Youtuberin und Influencerin Melina Sophie, Designer Michael Michalsky, Comic-Zeichner und Autor Ralf König und Volleyball-Nationalspieler Benjamin Patch (Leseprobe auf queer.de) über ihre Identität und den Umgang damit.

"Wenn man davon ausgeht, dass sechs oder sieben Prozent aller Menschen homosexuell sind, dann gestaltet sich das Flirtverhalten schwierig", sagt Kühnert. "Wenn du 15 Leute anflirten musst, bis ein Treffer dabei ist, ist das unangenehm. Deswegen sind Safe Spaces so wichtig."

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Coronakrise erschwert auch Coming-out


Das Buch "Coming-out" von Sebastian Goddemeier ist im Februar 2021 bei riva erschienen

Menschen, die sich im Coming-out-Prozess befinden, haben es laut Kühnert in den vergangenen zwölf Monaten besonders schwer gehabt. "Ich stelle mir vor, wie es gewesen wäre, wenn ich damals ein Jahr nicht rausgekonnt hätte – so wie das während der Pandemie der Fall war. Die Leute mussten zu Hause bleiben und soziale Interaktionen eingrenzen. Das war ein heftiger Einschnitt und zwang viele Menschen dazu, wichtige Identitätsfragen mit sich selbst auszumachen."

Kühnert berichtet von einem recht problemlosen Coming-out in seiner Familie. Er sieht jedoch nach wie vor körperliche Angriffe auf gleich­geschlechtliche Paare im öffentlichen Raum als große Gefahr. Deswegen spaziere er auch nicht händchenhaltend durch Berliner Straßen, sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD.

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Kühnert: "Man sticht einfach heraus"

"Vielleicht habe ich da Komplexe. Ich sehe immer eine Exotisierung dahinter", so Kühnert. "Wenn man 20 Paare sieht, die Händchen halten, und ein homosexuelles Paar darunter ist, merken sich alle das homosexuelle Paar. Niemand würde sagen: 'Da sind gerade 19 Hetero-Pärchen an mir vorbeigelaufen.' Man sticht einfach heraus."

Der Politiker fügte hinzu: "Ich weiß, dass ich mich damit einschränke, wenn ich die Hand eines Mannes nicht halte. Daran sieht man, dass eigentlich überwundene Diskriminierungsmuster im Kopf erhalten bleiben. Vielleicht wird das in 30 Jahren niemanden mehr interessieren, darüber wäre ich sehr glücklich." (cw/dpa)

Infos zum Buch

Sebastian Goddemeier: Coming-out. Queere Stars über den wichtigsten Moment in ihrem Leben. Mit Melina Sophie, Nicolas Puschmann, Kevin Kühnert, Michael Michalsky, Gewitter im Kopf, Jolina Mennen, Bambi Mercury u.v.a. 224 Seiten. riva. München 2021. Softcover: 16,99 € (ISBN 978-3-7423-1655-4). E-Book: 12,99 €

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#1 kAEffchenAnonym
  • 09.03.2021, 08:10h
  • Er sollte lieber mal zu den Ergüssen von Zottel-Wolle und Vogelnest-Ginchen Stellung beziehen.
    Da könnte er ja direkt darauf einwirken, nicht mehr als etwas Exotisches betrachtet zu werden. Go girl!!
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#2 LandjungeAnonym
  • 09.03.2021, 08:57h
  • Tja Herr Kühnert,

    würde ihre Partei nicht ständig der Union Mehrheiten für deren homophobe und transphobe Politik sichern, könnten wir vielleicht auch angstfrei im öffentlichen Raum sein, ohne uns selbst zu zensieren oder unwürdig zu verstecken.

    Natürlich würden ein nationaler Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie, volle rechtliche Gleichstellung, etc. nicht von heute auf morgen alles komplett ändern. Aber es ist die Grundvoraussetzung, dass sich überhaupt Änderungsprozesse in Gang setzen können.

    Statt also darauf zu hoffen, dass das vielleicht "in 30 Jahren" besser sei, sollten Ihre Partei lieber dafür kämpfen, dass es so schnell wie möglich besser wird. Und da kann die Politik durchaus Zeichen setzen und Rahmenbedingungen schaffen.
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#3 LotiAnonym
  • 09.03.2021, 09:13h
  • Antwort auf #1 von kAEffchen
  • Ich weiß ja nicht wo Du wohnst, aber in Berlin hat sich so manches verändert. Leider vieles auch hin zum negativen. Muß aber Kevin K. Aussage, was das Händchenhalten in aller Öffentlichkeit betrifft verteidigen. Wie so oft sehe ich Schwule Paare, die auch nicht Hand i.Hand übern Bürgersteig gehen. Natürlich fände ich es anders herum einfach großartig und schön. Gar keine Frage. Sollte auch im Jahr 2021 längst zur Normalität gehören.
    Wo ich noch zu Westberliner Zeit absichtlich gerne damit provoziert hatte, würde auch mir solch ein Verhalten, insbesondere in bestimmten Gegenden Berlins das tatsächlich heute verkneifen. Von daher kann ich Kevins Aussage dazu recht gut nachempfinden. Ich lebe übrigens jetzt im beschaulichen Charlottenburg. Hier wäre ein schwules Paar händchenhaltend übrigens am helllichten Tag nichts auffälliges. Aber wie heißt doch so schön. Vorsicht ist die Mutter der Porzellanschüssel. Traurig, das ich mich im Alter von 70 Jahren hierzu noch im Forum über eine solch Banalität äußern muß. Und dabei lebe ich ohne einen Partner.
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