Der französische Außen-Staatssekretär Clément Beaune hat gegenüber "L'Obs" (Bezahlartikel) beklagt, dass ihm bei seinem Polen-Besuch ein Abstecher in eine sogenannte LGBT-freie Zone verweigert worden sei. "Die polnischen Behörden haben mir kürzlich mitgeteilt, dass sie diesen Besuch nicht möglich machen könnten. Das bedaure ich", so der offen schwule Politiker, der für französische Außenpolitik innerhalb Europas verantwortlich ist. Demnach seien "Sicherheitsgründe" in Zusammenhang mit der Corona-Krise verantwortlich für das Reiseverbot nach Kraśnik, einer ostpolnischen Mittelstadt, gemacht worden.
Andererseits genehmigten die Behörden einen Besuch Beaunes in die Hauptstadt Warschau. Dort soll er seinen polnischen Amtskollegen Konrad Szymański, Klimaminister Michał Kurtyka, Senatssprecher Tomasz Grodzki und Warschaus Bürgermeister Rafał Trzaskowski treffen.
Beaune hatte sich erst im Dezember 2020 im queeren Magazin "Têtu" geoutet (queer.de berichtete). Damals kündigte er auch an, eine "LGBT-freie Zone" in Polen besuchen zu wollen.
Polnische Regierung bezichtigt Beaune der Lüge
Die rechtspopulistische polnische Regierung weist die Vorwürfe von Beaune zurück und wirft ihm vor, ein Lügner zu sein: "Das ist eindeutig nicht wahr", twitterte etwa der polnische Außen-Staatssekretär Szymon Szynkowski vel Sęk. "Keine der polnischen Behörden hat dem französischen Staatssekretär verboten oder die Möglichkeit genommen, Kraśnik zu besuchen."

Der frühere belgische Premierminister und Europaageordnete Guy Verhofstadt bezweifelte den Wahrheitsgehalt des Dementis aus Polen. Er griff die rechtspopulistische polnische Regierungspartei auf Twitter direkt an: "PiS ist mal wieder dabei, brutal gegenüber Schachen zu sein, aber zu trantütig, das zuzugeben", schrieb der Liberale auf Englisch. Der 67-Jährige wies auch auf einen Antrag im Europarlament hin, die Europäische Union zur "LGBTIQ Freedom Zone" zu ernennen (queer.de berichtete).
Seit 2019 hatten über 100 polnische Städte, Gemeinden und Bezirke queerfeindliche Resolutionen beschlossen. Im letzten Jahr hatten unter anderem die Grünenpolitiker*innen Sven Lehmann und Ulle Schauws eine entsprechende "LGBT-freie Zone" besucht, Vertreter der Woiwoidschaft Klein-Polen sagten allerdings ein Gespräch kurzfristig ab (queer.de berichtete). Erst vor wenigen Wochen hatte eine Europarats-Delegation einen ausführlichen Bericht zu ihrer "Faktfindungsreise" zum Thema vorgestellt (queer.de berichtete). (dk)