https://queer.de/?38408
Dritte Staffel jetzt im ZDF
"Ku'damm 63": August Wittgenstein als heimlich schwuler Ehemann
Nach "Ku'damm 56" und "Ku'damm 59" startet im ZDF die dritte Staffel der Serie um Mutter Schöllack und ihre drei Töchter im Berlin der Nachkriegszeit. Erneut geht es auch um unterdrückte Homosexualität.

Helga (Maria Ehrich) und ihr heimlich schwuler Ehemann Wolfgang (August Wittgenstein) führen keine glückliche Ehe (Bild: ZDF / Boris Laewen)
- Von Caroline Bock, dpa
21. März 2021, 04:28h 4 Min.
Weihnachten im Jahr 1962: Der Braten bei Familie Schöllack ist verbrannt, der Tannenbaum umgestürzt. Die Töchter und ihre Männer zieht es raus zur Currywurstbude. Dann das Unglück: Mutter Caterina wird vom Bus angefahren. Nein, es ist nicht der Serientod von Claudia Michelsen. Mutter Schöllack überlebt, schwer verletzt. Tochter Helga (Maria Ehrich) übernimmt die Tanzschule. Dort wird sie, die unglücklich mit dem versteckt schwulen Staatsanwalt Wolfgang (August Wittgenstein) verheiratet ist, auf einen feurigen Tangolehrer aus Argentinien treffen. Einer der Handlungsfäden, der sich in der ersten Folge von "Ku'damm 63" (21.3., 20.15 Uhr im ZDF) ausrollt.
Zur Erinnerung: Es geht in der Serie um Berlin und den Westen Deutschlands nach dem Krieg. Wie gingen Frauen in den Fünfzigerjahren ihren Weg, als sie noch nicht einmal ein eigenes Konto führen oder arbeiten durften, ohne den Mann um Erlaubnis zu fragen? Nach "Ku'damm 56" und "Ku'damm 59" startet im ZDF am Sonntag die dritte Staffel der Miniserie um die Schöllack-Schwestern. Sie führt ins Jahr 1963.
Die Bedrohung durch den Paragrafen 175
Die Autorin Annette Hess hat sich diesen Frauenkosmos ausgedacht, der beim Publikum gut ankam, was auch an den Schauspieler*innen lag. Die Serie passt in den Zeitgeist: In der Filmbranche wird verstärkt darauf geachtet, wie Frauen gezeichnet sind, und dass sie überhaupt präsenter sind, nicht nur Beiwerk.
Im dritten Teil der "Ku'damm"-Saga geht es um Ehe und Emanzipation, häusliche Gewalt, enttäuschte Liebe, die Schatten der Nazi-Zeit, unterdrückte Homosexualität und die Bedrohung durch den Paragrafen 175. Die innere Zerrissenheit seiner Figur Wolfgang von Boost habe ihn "schon sehr angesprochen", erklärte Schauspieler Wittgenstein dazu in einem Interview. Und auch der Schlager-Grandprix kommt vor: Neu dabei ist Sängerin Helen Schneider ("Rock'n'Roll Gypsy"), die eine alternde Diva spielt.
Tochter Eva (Emilia Schüle) ist unglücklich mit einem Professor (Heino Ferch) verheiratet. Der hat sie brutal zusammengeschlagen, aber sie hat ein Tonband, mit dem sie ihn erpresst und sich so ein neues Leben als Galeristin aufbauen kann – mit blondem Bob und mondäner Garderobe. Ob das gut geht? Tochter Monika (Sonja Gerhardt) hat eine Fehlgeburt, unter der ihr Mann (Sabin Tambrea) sehr leidet. Barbesitzer Freddy (Trystan Pütter) bekommt Judenhass zu spüren. Mutter Caterina trifft eine alte Liebe wieder und hadert mit dem neuen Gerät in der Stube, einem Fernseher.
Unterhaltung und Gleichberechtigung
Im Corona-Jahr waren die Dreharbeiten nicht einfach, die Zwangspause dauerte mehrere Monate. Gedreht wurde dann mit Quarantäne, Tests und Masken am Set. "Es ist einfach schade, wenn man tagelang, wochenlang die Gesichter nicht sieht", erzählte Emilia Schüle im dpa-Interview. "Aber wir waren froh, dass es weitergeht." Es sei sehr schön gewesen, in diesem Ensemble wieder zusammenzukommen. "Wir lieben alle unsere Figuren und diese Geschichte und sind zu einer Familie zusammengewachsen." Das spürt man beim Zugucken.
|
Ob es eine Fortsetzung der "Ku'damm"-Geschichte geben wird? Emilia Schüle sagt, sie wisse es noch nicht. "Das hängt wahrscheinlich auch davon ab, wie es ankommt. Die Zeit, in die es als nächstes gehen würde, ist auf jeden Fall superspannend. Wir sind jetzt im Jahr 63, dann wären wir Ende der 60er und auch noch in Berlin." Als Jugendliche habe sie eine ganz große Faszination für die Studentenrevolte gehabt. "Deswegen wäre das natürlich verlockend."
Für das ZDF geht es nicht nur um Unterhaltung, sondern auch um Gleichberechtigung früher und heute. Die stellvertretende Programmdirektorin Heike Hempel erklärte mit Blick auf die Frauen, die auch hinter der Kamera arbeiteten, die Serie sei "ein aus weiblicher Perspektive erzähltes Programm". Die "Ku'damm"-Saga zeigt ihrer Ansicht nach, "wo wir herkommen und wo wir stehen in Sachen Gleichberechtigung – politisch, gesellschaftlich und auch im scheinbar Privaten. Im besten Fall schaffen wir ein Gemeinschaftserlebnis und wirken damit integrativ in einer sich immer weiter aufspaltenden Gesellschaft."
Die erste Folge von "Ku'damm 63" zeigt das ZDF am Sonntag, 21. März um 20.15 Uhr. Die Teile zwei und drei laufen dann am Montag, den 22. März sowie am Mittwoch, den 24. März ebenfalls zur Primetime um 20.15 Uhr. In der ZDF-Mediathek sind alle drei Teile bereits verfügbar. Dort kann man sich auch "Ku'damm 56" und "Ku'damm 59" anschauen.
Links zum Thema:
» "Ku'damm 63" in der ZDF-Mediathek
Mehr zum Thema:
» Mehr TV-Tipps zu LGBTI-Themen täglich auf queer.de
Mehr queere Kultur:
» auf sissymag.de
22:25h, 3sat:
Familienerbe
Nachdem ein Paar an seinem 40. Hochzeitstag ums Leben gekommen ist, müssen die Kinder mit dem Erbe klarkommen, mit dabei die nonbinäre Person Leo und die afrodeutsche Geliebte Lissai.
Spielfilm, D 2022- 3 weitere TV-Tipps »















Es ist einfach absurd zu glauben, dass es im Nachkriegsdeutschland keine LGBTI gegeben habe. Sie mussten sich nur (u.a. durch den §175 und die noch viel größere gesellschaftliche Ächtung) verstecken.
Deswegen ist es gut, dass auch so eine Serie dieses Thema mit behandelt. Denn rein statistisch gehört das eben auch zur Wirklichkeit mit dazu.
Sehr vorbildlich.