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Primetime-Krimi

Kritik an Gender-Trouble-"Tatort"

Der Wiener "Tatort" über einen queeren Psychokiller entzweit das Publikum: LGBTI-Aktivist*innen halten den Fernsehfilm für problematisch.


Im Ersten gruselte sich das Publikum in der Sonntagsprimetime vor einem queeren Monster (Bild: ARD)

  • 29. März 2021, 08:15h 63 4 Min.

Fördert die am Sonntagabend bei ARD und ORF ausgestrahlte österreichische "Tatort"-Folge "Die Amme" Transphobie? Queere Aktivist*innen warnen davor, dass die Ausstrahlung Folgen für geschlechtliche Minderheiten haben könnte. Der Krimi handelt vom zwielichtigen Janko (Max Mayer), der in Frauenkleidern Prostituierte tötet (queer.de berichtete).

"Wenn trans*Frauen ab morgen wieder verstärkt mit Angst begegnet [wird, sie] als Psychopathinnen bezeichnet werden, dann hat das auch was mit diesem Tatort zu tun", mutmaßte etwa der Berliner SPDqueer-Landeschef Alfonso Pantisano auf Twitter. Pantisano erklärte angesichts der anhaltenden Debatte um die Reform des Transsexuellengesetzes davor, der "Tatort" trage dazu bei, "dass trans*Menschen weiter stark pathologisiert gelesen werden".

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Aus diesem Grund schrieb Sebastian Kropp, der Chef der SPDqueer Oberfranken, einen Brief an ARD und ORF, in dem er eine Entschuldigung für den "Tatort" forderte. Die beiden Sender sollten klarstellen, "dass queere Personen nicht psychisch krank und kriminell sind und dies beim Täter in der oben bezeichneten Folge in keinem Zusammenhang zueinander steht".

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dgti: "Tatort" verstärkt Ressentiments

Auch die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. (dgti) sieht die "Tatort"-Folge kritisch. In einem Brief an die ARD kritisierte der Verband: "Die Darstellung entspricht in keiner Weise der gesellschaftlichen Gegebenheit und ist geeignet, die verbreitete Ressentiments, wie sie seit vielen Jahrzehnten bestehen, zu verfestigen und zu legitimieren." Zwar sei der "Tatort" in erster Linie eine Unterhaltungssendung und müsse den Ansprüchen und Gegebenheiten dieses Genres genügen, "doch müssen, seiner herausragenden Stellung in der Sendelandschaft und dem exponierten Sendeplatz geschuldet, noch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden". Zumindest hätte es einer "geeigneten redaktionellen Einbettung" bedarft. Die dgti sieht den 90-minütigen Krimi als Volksverhetzung an und mutmaßt, dass der Film bald im "Giftschrank" landen werde.

Tatort – Trans* Feindlichkeit durch Framing: Bei ARD und DEGETO, den Produzenten der "Tatort" Reihe hieß es am Samstag:...

Posted by Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. on Sunday, March 28, 2021
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Das vom Lesben und Schwulenverband entsandte ZDF-Fernsehratsmitglied Jenny Luca Renner sieht den "Tatort" ebenfalls kritisch: "Für die mit Queerness ungeschulten Zuschauenden konnte der Eindruck entstehen, dass trans Frauen männlich gelesene Personen sind, die sich Kleider an ziehen, Kinder entführen und deren Mütter umbringen bzw. versuchen, diese umzubringen", so die LGBTI-Aktivistin am Montag auf Facebook. Sie warnte vor stereotypischen Darstellungen, die gerade vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgebrochen werden müssten.

Meine Gedanken zum gestrigen #Tatort ? Die Ausgewogenheit ist das Problem Zur besten Sendezeit zeigte die ARD gestern...

Posted by Jenny Luca Renner on Monday, March 29, 2021
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Auch wenn der Fernsehfilm als handwerklich gut gemacht beschrieben wird, sehen auch einige Medien "Die Amme" kritisch: So heißt es in einem Meinungsbeitrag für "Deutschlandradio Kultur", dass es problematisch sei, wenn ein Mann in Frauenkleidern als das personifizierte Böse dargestellt werde: "Die Bösartigkeit, der Sadismus dieser Figur stehen im Zusammenhang mit dem Crossdressing. Hier ist niemand fluide, will non-binär gelesen werden oder als Dragqueen reüssieren – das Hin und Her zwischen den Geschlechterbildern ist vielmehr die Wurzel allen Übels." Damit wirke "Die Amme" wie ein "Relikt aus ferner Zeit" – als Vorbilder werden Anthony Perkins in Hitchcocks "Psycho" (1960), Michael Caine in "Dressed to Kill" (1980) oder der Buffalo-Bill-Charakter in "Das Schweigen der Lämmer" (1991) genannt. Dies seien "Beispiele dafür, dass Männer, die Frauen sein wollen, aber ihren Gender Trouble nicht gebacken kriegen, Psychopathen werden müssen".

/ HoffFex | Auf Twitter machen mehrere Nutzer*innen ihrem Unmut Luft
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Andere Medien zeugen dem Film dagegen Respekt, weil er dem Zeitgeist widerstehe. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die schon mal vor angeblicher Transgenderpropaganda in Kitas warnte, heißt es etwa über die Hauptfigur: "Eine solche Figur auf der Grenze zwischen den Geschlechtern, die offenbar aus einer tiefgreifenden Störung heraus handelt, womöglich schwere kindliche Traumata erlitten hat und im Rausch dem Wahn verfällt, ist eine riskante Entscheidung in Zeiten, in denen Institutionen und Aktivisten sich überschlagen mit Vorgaben für gendersensibles Sprechen und die gesellschaftliche wie künstlerische Repräsentation von Trans-Identitäten." Die Autorin behauptet jedoch, dass der Bösewicht "ganz offensichtlich nicht der LGBTQ-Welt und ihren Weiterungen" angehöre.

Queere Aktivist*innen kritisieren bereits seit Jahrzehnten, dass es verwerflich von Filmemacher*innen sei, sich mit trans Menschen ausgerechnet eine besonders gefährdete Gruppe als mutmaßliches Hassobjekt auszusuchen. So litten geschlechtliche Minderheiten mehr als andere Mitglieder der LGBTI-Community unter Ausgrenzung, was sehr häufig zu Depressionen und sogar zu Selbstmordversuchen führe. Negative Darstellungen in Medien verstärkten die Verteufelung von nicht-cissexuellen Menschen. (dk)

11.15 Uhr: Ergänzt um Aussage von Jenny Luca Renner

Wöchentliche Umfrage

» Ist es okay, trans Menschen so wie in "Tatort: Die Amme" darzustellen?
    Ergebnis der Umfrage vom 29.03.2021 bis 05.04.2021
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#1 geschautAnonym
  • 29.03.2021, 10:40h
  • Der Täter ist ein Mann und das ändert sich auch nicht, wenn er bei seinen Taten die Mutter der Kinder mimt.
    Ich würde ihn nicht mal queer nennen, geschweige denn Trans.
    Die Aufregung ist m.E. unnötig.
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#2 SakanaAnonym
  • 29.03.2021, 10:54h
  • Ich habe den "Tatort" ebenfalls gestern angeschaut und fand ihn unterirdisch, was die Darstellung des Täters anbetraf. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass so eine Darstellung bei Zuschauern Abwehrhaltungen gegen transsexuelle und transidente Menschen auslöst....Einer meiner Mitschauer stellte dann auch gleich die Frage, ob man die Person jetzt als "Transe" bezeichnen müsse, woraufhin ich die Person korrigierte und darauf hinwies, dass das T-Wort ein verletzender transfeindlicher Terminus wäre, der zu unterlassen wäre.
    Deshalb hoffe ich, dass diese "Tatort"-Folge im Giftschrank verschwindet.
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#3 Taemin
  • 29.03.2021, 10:57h
  • Antwort auf #1 von geschaut
  • Jein. Wir müssen bedenken, dass Unbelehrbare eine Sicht auf Transfrauen haben und verbreiten, die ziemlich genau diesem Bild entspricht: Da verkleiden sich Männer als Frauen, um auf Damentoiletten Frauen zu belästigen, im Frauensport Sieger zu sein, Kinder zu belästigen usw. usf. Dieses Bild schwankt zwischen lächerlicher Witzfigur und gefährlichem Unhold. - Übrigens sollte die Frage beantwortet werden, weshalb hier überhaupt ein "Mann in Frauenkleidern" Verbrechen begehen muss. Konnte der Täter sich nicht anders kostümieren, z.B. als Pfarrer, Polizist, Sanitäter oder in irgendeinem anderen scheinbar Vertrauen erweckenden Gewand? Weshalb musste das Drehbuch unbedingt eine echte oder vermeintliche, jedenfalls beim Großteil des Publikums im Gedächtnis bleibende Nähe zu Transfrauen suchen?
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