Karl-Heinz Rummenigge bei einem Interview im ZDF-Sportstudio (Bild: Screenshot ZDF)
Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hält nichts von einem Boykott der Fußball-WM im kommenden Jahr in Katar. "Die Spieler haben das gute Recht, ihre Bedenken vorzubringen", sagte der 65-jährige frühere Nationalspieler in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht des amerikanischen Sport-Portals "The Athletic" (Bezahlartikel). "Wir sind der Meinung, dass Veränderung nicht durch Zurückweisung geschieht, sondern nur durch Dialog. Und Veränderung passiert nicht über Nacht, sie braucht Zeit."
Man sollte nicht vergessen, dass Katar erst seit 50 Jahren eine unabhängige Nation sei, so Rumenigge weiter. "Es ist Teil der islamischen Welt, mit einem anderen kulturellen und religiösen Hintergrund." Deutschland habe schließlich auch Homosexualität nicht über Nacht legalisiert, argumentierte der Bayern-Chef: "Wir verlangen von ihnen, dass sie Rechte verankern, für die wir in Europa Hunderte von Jahren gebraucht haben, um sie zu verwirklichen. Kennen Sie Paragraf 175 des deutschen Strafgesetzbuches? Er stellt Homosexualität unter Strafe und wurde 1871 eingeführt. Es hat bis 1994 gedauert, bis er endlich abgeschafft wurde."
Der notorische Paragraf 175 war 1969 von der Großen Koalition entschärft worden – fortan enthielt er kein Sex-Verbot mehr für Schwule, sondern "lediglich" ein höheres Schutzalter. Schwule durften damit ab 21 Jahren (später ab 18) Sex haben, Heterosexuelle und Lesben aber bereits ab 14 Jahren. Nach der Wiedervereinigung wurde der diskriminierende Paragraf schließlich gestrichen.
Rummenigge setzt auf Dialog
Rummenigges Einschätzung zufolge hat die Partnerschaft seines Vereins mit Sponsor Qatar Airways in den vergangenen Jahren gezeigt, "dass durch den Fußball, durch den Dialog, die Dinge besser geworden sind. Langsam, aber sicher." Bayern München hatte in den vergangenen Jahren auch wegen eines Winter-Trainingslagers in Katar in der Kritik gestanden.
WM-Gastgeber Katar steht international wegen des Umgangs mit Gastarbeitern und wegen der Kriminalisierung von Homosexualität in der Kritik. Bereits bei der Vergabe der Spiele an das reiche Emirat im Jahr 2010 gab es von queeren Fußballfans Boykottforderungen (queer.de berichtete).
Zuletzt hatten die deutschen Nationalspieler wie ihre Kollegen aus Norwegen, Dänemark, Belgien und den Niederlanden bei WM-Qualifikationsspielen mit Protestaktionen die Einhaltung von Menschenrechten gefordert und damit auch die Bedingungen in Katar kritisiert. Real-Madrid-Profi Toni Kroos, der 2014 mit Deutschland Weltmeister wurde, kritisierte Ende März die Verfolgung Homosexueller im arabischen Kleinstaat (queer.de berichtete).
Die Fußball-Weltmeisterschaft soll wegen des tropischen Klimas in Katar 2022 nicht wie gewohnt im Sommer stattfinden, sondern erst in der Adventszeit. Bei dem Turnier sollen 32 Nationen gegeneinander antreten. Titelverteidiger ist Frankreich. (dpa/dk)
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