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Vandalismus
Berlin: Gedenktafeln für Homosexuellen-Bewegung schon wieder beschädigt
Am Magnus-Hirschfeld-Ufer wurden Gesichter auf den Gedenktafeln ausgebrannt und laut LSVD "homophobe Schmierereien" angebracht.

Die aktuellen Beschädigungen (Bild: Sara Rigotti / LSVD Berlin-Brandenburg)
- 9. April 2021, 17:31h 2 Min.
Die Gedenktafeln am Berliner Magnus-Hirschfeld-Ufer, die in der Nähe des Bundeskanzleramts an die erste homosexuelle Emanzipationsbewegung erinnern, wurden erneut beschädigt. Darauf wies der LSVD Berlin-Brandenburg am Freitag hin.
Die Gesichter von Anita Augspurg (1857-1943), Karl Heinrich Ulrichs (1825-1895) und Dr. Magnus Hirschfeld (1868-1935) wurden demnach ausgebrannt. Hinzu kämen Schmierereien auf den Gedenktafeln, "die auf ein eindeutig LSBTI*-feindliches Motiv" schließen ließen, so der Verband. Der polizeiliche Staatsschutz habe die Ermittlungen aufgenommen.
Ähnliche Beschädigungen hatte es bereits unter anderem im Oktober 2019, August 2019, Oktober 2018 und im August 2017 gegeben – damals kurz vor der Einweihung des Denkmals, das neben den bereits 2011 eingerichteten Tafeln mit meterhohen künstlichen Calla-Lilien an die Bewegung erinnert.
Auch zuvor waren die Tafeln mehrfach beschädigt oder verbogen worden. Die erste homosexuelle Emanzipationsbewegung begann 1897 mit der Gründung des Wissenschaftlich-humanitären Komitees. Der jüdische Arzt und Sexualwissenschaftler Hirschfeld war Initiator und maßgeblicher Vertreter dieser Bewegung. 1919 errichtete er auf dem Gelände zwischen dem heutigen Bundeskanzleramt und dem Haus der Kulturen der Welt das Institut für Sexualwissenschaft.
"Keine Bagatelle"
"Vandalismus ist keine Bagatelle", so Christopher Schreiber, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg. "Die gezielte Zerstörung der Gesichter der abgebildeten Personen zeugt von enormem Hass und Respektlosigkeit gegenüber queeren Personen. Von der Sachbeschädigung zum Gewaltdelikt ist es hier meist nur ein kleiner Schritt."
Schreiber verwies darauf, dass die "in etwa 30 Jahren mühevoll aufgebauten Gedenk- und Erinnerungsorte für die queere Verfolgungs- und Emanzipationsgeschichte" immer wieder zur Zielscheibe von Vandalismus werden. Auch eine Gedenktafel für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen am U-Bahnhof Nollendorfplatz und vor allem das entsprechende Denkmal im Berliner Tiergarten wurden immer wieder beschädigt. Nach einem Fahndungsaufruf konnte im letzten Sommer ein Verdächtiger ermittelt werden (queer.de berichtete).
Laut einer vorläufigen Statistik des Bundesinnenministeriums war es im Vorjahr zu 43 von der Polizei erfassten Sachbeschädigungen gekommen, die den Themenfeldern "sexuelle Orientierung" sowie "Geschlecht/sexuelle Identität" zugeordnet wurden. (pm/cw)

Links zum Thema:
» Webseite des Denkmals