Die lesbische Schauspielerin Ulrike Folkerts hat einen Vorschlag des SWR abgelehnt, dass sich die von ihr gespielte Ludwigshafener "Tatort"-Kommissarin Lena Odenthal als homosexuell outet. Das berichtete die 59-Jährige eher beiläufig in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Bezahlartikel).
"Mein Beruf ist es, Rollen zu spielen, fertig", sagte Folkerts zunächst zum Thema LGBTI-Sichtbarkeit in Film und Fernsehen. "Ich habe nie extra nach lesbischen Rollen gesucht. Auch Vereinnahmungen finde ich schwierig." Entsprechende Versuche habe es "ständig" gegeben, beklagte sich die Schauspielerin: "Einige in der lesbischen Community fanden zwischenzeitlich sogar, dass Lena Odenthal im 'Tatort' jetzt bitte auch lesbisch werden soll. Die sagten: 'Das bist du uns schuldig'."
Die Community habe "plötzlich ähnlich argumentiert wie die SWR-Redaktion", so Folkerts weiter. "Die kam nämlich mit demselben Vorschlag, schließlich gebe es noch keine lesbische 'Tatort'-Kommissarin. Da habe ich gesagt: Lieb gemeint, aber der Zug ist so was von abgefahren. Das kann jetzt wirklich wer anders machen."
Ulrike Folkerts verteidigt #ActOut
Am 12. April erscheint Folkerts Autobiografie "Ich muss raus" im Brandstätter Verlag
Im SZ-Interview stellte sich Ulrike Folkerts klar hinter die Kampagne #ActOut, bei der sich Anfang Februar 185 LGBTI-Schauspieler*innen gemeinsam im "SZ-Magazin" geoutet hatten (queer.de berichtete). "Es ist ein Drama, dass solche Aktionen heute noch nötig sind", sagte die 59-Jährige. "Aber es ist auch Fakt, dass das Fernsehen immer noch viel zu wenig divers ist. Dass es gerade mal eine Handvoll Schauspielerinnen in Deutschland gibt, die sich als lesbisch geoutet haben und trotzdem gut arbeiten können. Es gibt kaum Role Models."
Ein Grund für das Versteckspiel sei, dass Schauspieler*innen Projektionsfläche sein sollen, vermutet Folkerts. "Deshalb raten manche Agenten homosexuellen Schauspielern weiter dazu, sich nicht mit Partnern auf roten Teppichen zu zeigen. Nur im Profisport ist es ähnlich schwierig."
Sie selbst spreche heute kaum noch über ihre Homosexualität, sagte die Schauspielerin. "Weil es nicht wichtig ist für mein Zusammensein mit Menschen. Ich lebe in einer glücklichen Beziehung, und das ist nur das, was die meisten wollen. Da relativieren sich die Unterschiede."
Folkerts outete sich 1999
Ulrike Folkerts hatte sich 1999 nach Druck von Boulevardmedien als lesbisch geoutet. Nach ihrem Coming-out engagierte sie sich zunächst bei zahlreichen Community-Events: So nahm die Hobbysportlerin 2002 bei den Gay Games im australischen Sydney teil und holte mit der Schwimmstaffel des schwul-lesbischen Berliner Vereins "Vorspiel" eine Silber- und eine Bronzemedaille. Im Juli 2004 erschwamm sie eine Bronzemedaille bei den Eurogames in München. 2008 kündigte Folkerts jedoch im Magazin "stern" an, den Kampf für LGBTI-Rechte lieber anderen zu überlassen. "Ich habe keine Lust mehr, die Vorzeige-Lesbe zu geben. Das sollen jetzt mal Jüngere machen."
Beim "Tatort" ist Folkerts die dienstälteste Ermittlerin. Seit 32 Jahren und 74 Folgen spielt sie die Ludwigshafener Kommissarin Lena Odenthal. Nur einmal im Jahr 2001 durfte sie in einer Folge eine andere Frau küssen, sonst hat sie nur Beziehungen mit Männern. (cw)
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