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Parteitag in Dresden
AfD-Wahlprogramm: Noch queerfeindlicher als geplant
Die Rechtsaußenpartei will geschlechtsanpassende Maßnahmen bei trans Jugendlichen verbieten und angebliche "Privilegien" für intergeschlechtliche Menschen abschaffen. Regenbogenfamilien werden als "Pseudofamilien" diffamiert.

Der Hamburger AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Krzysztof Walczak, geboren 1994 in Polen, warb auf dem AfD-Parteitag erfolgreich für eine Verschärfung des Programms zur Bundestagswahl (Bild: Screenshot Livestream)
11. April 2021, 16:14h 3 Min. Von
Es geht immer noch eine Schippe queerfeindlicher als ursprünglich vorgesehen: Der AfD-Parteitag in Dresden hat am Sonntag die bereits im Wahlprogramm-Entwurf des Programmkommission vorgesehenen Angriffe auf die LGBTI-Community noch einmal verschärft. Auf Initiative des Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten Krzysztof Walczak fordert die Rechtsaußenpartei nun u.a. auch ein Verbot von geschlechtsanpassenden Maßnahmen bei trans Kindern und Jugendlichen.
In der Antragsbegründung zeigt sich die tiefe Transfeindlichkeit der AfD. So werden Transitionen – auch bei Erwachsenen – als "reine Fiktion" bezeichnet. "Ob mit oder ohne operativen Eingriff ändern sich die Chromosomen durch eine 'Geschlechtsumwandlung' nicht. Durch einen DNA-Test ließe sich bei jedem Transsexuellen weiterhin das tatsächliche Geschlecht feststellen."
AfD will dritte Geschlechtsoption wieder abschaffen
Ebenfalls auf Initiative Walczaks, der bereits im vergangenen Jahr mit queerfeindlichen Tiraden in der Hamburger Bürgerschaft aufgefallen war, beschlossen die Delegierten, den neuen Absatz "Das biologische Geschlecht ist eine Realität" in das Programm zur Bundestagswahl aufzunehmen. Darin heißt es u.a. wörtlich: "Die AfD bekennt sich dazu, dass die menschliche Spezies aus zwei Geschlechtern, dem männlichen und dem weiblichen, besteht." Der Mensch sei "kein beliebig umformbares Geschöpf, sondern bewegt sich stets in den von der Biologie gesetzten Grenzen".
Die angebliche Zweigeschlechtlichkeit der Menschheit werde "nicht dadurch infrage gestellt, dass bei einem winzigen Prozentsatz von Menschen eine eindeutige Zuordnung zum männlichen oder weiblichen Geschlecht schwer oder gar nicht möglich ist", winden sich die Rechtsextremen – und stellen sich offen gegen das Bundesverfassungsgericht, das 2017 eine dritte Geschlechtsoption durchsetzte. Es sei "unangemessen", für eine "so geringe Zahl von Menschen vollkommen neue Kategorien der geschlechtlichen Klassifizierung oder gar besondere Privilegien (z.B. durch Änderung der Toilettenordnung) einzuführen", pocht die AfD auf Unsichtbarmachung und Diskriminierung.
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Regenbogenfamilien sind für die AfD "Pseudofamilien"
Die Hetze geht munter weiter: Regenbogenfamilien werden im AfD-Wahlprogramm indirekt als "Pseudofamilien" diffamiert. "Die AfD bekennt sich zur Familie als Keimzelle unserer Gesellschaft, bestehend aus Vater, Mutter und Kindern", heißt es dazu im familienpolitischen Kapitel. "Durch ideologisch motivierte Desorientierung von linksgrüner Seite soll das in den Familien überlieferte Werte- und Bezugssystem aufgebrochen und durch pseudofamiliäre Leitbilder ersetzt werden."
Auch die angebliche "Frühsexualisierung" fand – wie bereits zur Bundestagswahl 2017 – erneut Einzug in das Wahlprogramm der Rechtsextremen. "Politische Ideologien, wie z.B. Genderwahn und Klimahysterie, werden den Kindern heute schon im Vorschulalter nähergebracht", behauptet die AfD. "Häufig wird die politische Beeinflussung von einer Frühsexualisierung im Sinne 'diverser' Geschlechterrollen begleitet."
Neu auf die Fahnen schreibt sich die AfD das Bekämpfen von "Cancel Culture", wobei sie unter diesem Stichwort sogar Faktenprüfer*innen im Internet jedwede staatlichen Fördermittel entziehen will. Sämtliche Gleichstellungsbeauftragte sollen abgeschafft werden, ebenso angebliche "Quoten-Diskriminierung".
Der Slogan, mit dem die AfD in ihrem Kampf gegen vermeintlich skurrile Minderheiten (Grüße an Sahra Wagenknecht!) punkten will, heißt frei nach Wolfgang Thierse: "Deutschland. Aber normal". Bereits in seiner Begrüßungsrede am Samstag sagte der angeblich gemäßigte Parteichef Jörg Meuthen: "Normal ist, dass eine Familie aus Mutter, Vater und Kindern besteht und diese das Rückgrat unserer Gesellschaft bilden. Dass unsere Kinder regelmäßig in die Schule gehen und dass sie dort wirkliche Bildung genießen und von ideologischer und sexueller Frühindoktrination unbehelligt werden lassen."
