Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?38591

"Queerpolitischer Totalausfall"

Bundes­regierung: Deutschland diskriminiert queere Menschen nicht

Schwarz-Rot weiß "quasi nichts" über die Lage von LGBTI in Deutschland, kritisieren die Grünen, nachdem die Bundesregierung eine Große Anfrage zum Thema desinteressiert beantwortet hat.


Laut der deutschen Regierung ist jetzt alles gut mit LGBTI-Rechten (Bild: tsmr / pixabay)

Der Bundesregierung sind "keine diskriminierenden Regelungen" gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten in der deutschen Gesetzgebung bekannt. Das geht aus der Antwort einer Großen Anfrage der Grünenfraktion zur sozialen und gesundheitlichen Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans und intergeschlechtlichen Menschen (PDF) hervor. Schwarz-Rot hatte sich für die Beantwortung der Fragen mehr als ein Jahr Zeit gelassen. Für Sven Lehmann, den Sprecher für Queerpolitik der grünen Bundestagsfraktion, zeigt die Antwort das "Desinteresse" der Großen Koalition am Thema Queerpolitik.

Zur Frage, ob es im deutschen Recht direkte oder indirekte Diskriminierung gegen Homosexuelle, intergeschlechtliche oder trans Menschen gebe und welche Reformen geplant seien, führt die Bundesregierung aus: "Schon derzeit sind die angesprochenen Personengruppen im Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes AGG vor Diskriminierung geschützt." Zum Transsexuellengesetz, das in großen Teilen bereits seit Jahren verfassungswidrig ist, wiederholt die Regierung ihre mantraartige Formel des Nichtstuns: "Hinsichtlich einer Reform der Regelungen für transgeschlechtliche Menschen ist der politische Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen."

"Keine Erkenntnisse"

Zudem gibt sich Schwarz-Rot in den Antworten in vielen Bereichen unwissend. So liegen ihr beispielsweise eigenen Angaben zufolge keine Forschungen über die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten von schwulen Jungen und Männern in Deutschland vor. Bei der Frage nach Diskriminierungserfahrungen in der privaten Krankenversicherung hat die Große Koalition schlicht "keine Erkenntnisse".

Weitergehende Entschädigungen für erlittenes Unrecht durch homo- oder transphobe Gesetze sind für die Bundesregierung gegenwärtig tabu: Der Satz "Die Bundesregierung plant derzeit keinen Entschädigungsfonds" wird sowohl bei der Frage nach "Konversionstherapien", nach dem verfassungswidrigen Transsexuellengesetz und nach ausgleichenden Maßnahmen für intersexuelle Menschen verwendet.

Grüne: Bundesregierung interessiert sich nicht für queere Menschen

Die Grünen im Bundestag werfen der Bundesregierung erhebliche Wissenslücken bei Themen um sexuelle und geschlechtliche Vielfalt vor: "Die aktuelle Bundesregierung ist queerpolitisch [...] ein Totalausfall", erklärte Lehmann am Dienstag. "Trotz bekannter, eindeutiger Hinweise und einer Vielzahl von internationalen Studien zur schlechten gesundheitlichen und sozialen Situation von LSBTI, verursacht durch dauerhafte Erfahrungen von Ausgrenzung, Diskriminierung und Bevormundung, reagiert sie nicht. Sie weiß quasi nichts über die Lage der LSBTI in Deutschland, sie interessiert sich nicht dafür und sie tut dementsprechend auch nichts, um diese desolate Situation zu verbessern."

Nur in den Bereichen, in denen das Bundesverfassungsgericht klare Vorgaben gemacht habe, bewege sich die Bundesregierung "widerwillig", so Lehmann weiter. "Bei der Neuregelung zur Änderung des Personenstandes hat sie selbst das nicht geschafft. Dass das Transsexuellengesetz bis heute existiert ist eine in Gesetz gegossene Menschenrechtsverletzung."

Twitter / GrueneBundestag

Die Bundesregierung hat zwar letztes Jahr ein international beachtetes Teilverbot der "Homo-Heilung" beschlossen – nach Malta als erst zweiter europäischer Staat (queer.de berichtete). Zudem soll noch in dieser Legislaturperiode ein Rehabilitierungsgesetz für diskriminierte Soldat*innen in der Nationalen Volksarmee und der Bundeswehr mit einer symbolischen Entschädigung beschlossen werden (queer.de berichtete). Gleichzeitig versuchte Schwarz-Rot aber, die Diskriminierung von Regenbogenfamilien mit einer Zwangsberatung für lesbische Ehepaare noch auszuweiten (queer.de berichtete). Dies scheiterte am Widerstand des Bundesrates (queer.de berichtete).

#1 AtreusEhemaliges Profil
  • 13.04.2021, 14:54h
  • "Die Bundesregierung hat zwar letztes Jahr ein international beachtetes Teilverbot der "Homo-Heilung" beschlossen..."

    Tatsächlich? Falls jemand Links bieten kann, der mir diese Beachtung veranschaulicht, bitte teilen. Persönlich möchte ich weinen, nachdem ich nach Lektüre des kanadischen Verbots von Konversionstherapien weiß, was alles möglich gewesen wäre und wie unzulänglich das deutsche Verbot im direkten Vergleich dazu ist.
  • Antworten » | Direktlink »
#2 TuckDavisProfil
#3 trans naysayerAnonym
  • 13.04.2021, 16:17h
  • Antwort auf #1 von Atreus
  • "Tatsächlich? Falls jemand Links bieten kann, der mir diese Beachtung veranschaulicht, bitte teilen."

    Gerne.

    Das "Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen" wurde im Mai 2020 im deutschen Bundestag beschlossen.

    dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/172/1917278.pdf

    Im August 2020 wurde eine neue Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes zu "Geschlechtsangleichende Maßnahmen bei
    Transsexualismus (ICD-10, F64.0)" beschlossen.

    www.mds-ev.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/GKV/Begutach
    tungsgrundlagen_GKV/BGA_Transsexualismus_201113.pdf


    Entgegen geltendes europäisches Recht schreibt sie weiterhin einen 12-monatigen Alltagstest - mit dem die transness "bewiesen" werden soll - vor und schreibt ein Minimum von 12 psychiatrischen Sitzungen á 50 Minuten vor, in deren Zielsetzung ganz unverhohlen der Konversions-Versuch im Vordergrund steht, und vor Bewilligung eines Zugangs zu medizinischen Massnahmen anzuwenden ist.

    Die gesamten "Richtlinien" betrachten trans Menschen weiterhin als pathologisch und bedienen sich daher auch des pathologisierenden Terminus "Transsexualismus", der gar nicht mehr existiert. Die "Richtlinien" in ihrer Gesamtheit verstossen gegen europäisches und internationales Recht. Allein der "Alltagstest" wurde vom Europaparlament als Menschenrechtsverstoss und vom UNHRC bereits vor vielen Jahren sogar als "Folter" eingestuft.

    Im anglo-amerikanischen Ausland wurde darüber mit scharfer Kritik berichtet.

    www.pinknews.co.uk/2020/11/27/germany-trans-gender-affirmati
    on-health-insurance-mds-gkv-spitzenverband/


    Auch anderswo:

    edition.cnn.com/2020/05/08/europe/germany-gay-conversion-the
    rapy-ban-intl-scli-grm/index.html


    www.nbcnews.com/feature/nbc-out/germany-5th-country-ban-conv
    ersion-therapy-minors-n1203166


    In Deutschland selbst nicht! In Deutschland wurde dieser Vorgang nicht mal zur Kenntnis genommen. Er wurde nicht einmal bemerkt. Am allerwenigsten - und das ist das wirklich Erschreckende - von der deutschen LGBTIQ-community.
    Wie ist das möglich? Wie ist das zu erklären?

    Zumahl das - wenn auch lückenhafte und unzureichende - "Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen" vom Mai 2020 gegen die nur 3 Monate später vom GKV-Spitzenverband beschlossenen Richtlinien "Geschlechtsangleichende Maßnahmen bei
    Transsexualismus (ICD-10, F64.0)" rechtlich wirksam gewesen wäre. Denn es verbietet diese Art von Konversions-Therapie ausdrücklich. Somit handelt es sich hier eindeutig auch um einen Verstoss gegen seit Mai 2020 geltendes deutsches Recht.

    Wie war es möglich und wie ist es zu erklären, dass die deutsche LGBTIQ-community bis zum heutigen Tag mit ihren Vertretungen nicht juristisch dagegen vorgegangen ist?
    Sicherlich ist es legitim, sich über fehlende Gesetzgebungen zu beschweren und ihre Lücken zu bemängeln. Aber wie ist es zu erklären, dass eine LGBTIQ-community BESTEHENDE und RECHTSWIRKSAME Gesetze NICHT nutzt und anwendet? Zumahl sie jahrelang dafür gestritten hat?

    (Bei uns wäre die Antwort unmittelbar gekommen. Sie hätte gelautet: "...See you in court!")
  • Antworten » | Direktlink »
#4 trans naysayerAnonym
  • 13.04.2021, 17:20h
  • Antwort auf #3 von trans naysayer
  • Ich präzisiere noch einmal:

    Das "Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen" wurde im Mai 2020 im deutschen Bundestag beschlossen. Das wurde international zur Kenntnis genommen. Seither schaut man hin und beobachtet.

    Im August 2020 wurde eine neue Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes zu "Geschlechtsangleichende Maßnahmen bei
    Transsexualismus (ICD-10, F64.0)" beschlossen.

    Diese "Richtlinie" verstösst gegen internationales(!), gegen europäisches(!), als auch gegen deutsches(!) Recht.

    Ein Teil der deutschen LGBTIQ-community - nämlich das T - wird in Deutschland trotzdem von hochoffizieller Stelle zu einer Konversions-Therapie(!) in einer Zwangs-Therapie(!) gezwungen. Die "behandelnden Therapeut:innen" sind gegenüber dem GKV verpflichtet, den Konversions-Versuch im Detail schlüssig nachzuweisen und zu belegen. Das geschieht alles offiziell, öffentlich und belegbar.

    Warum nutzt die deutsche LGBTIQ-community bis zum heutigen Tag RECHTSWIRKSAME Gesetze nicht, um dagegen vorzugehen? Warum nicht? Wie ist das zu erklären?
  • Antworten » | Direktlink »
#5 Taemin
  • 13.04.2021, 17:56h
  • Die Antwort der Bundesregierung zeigt, wie weit die Regierenden sich von der Lebenswirklichkeit der Regierten entfernt haben, ja wie wenig sie am Thema überhaupt interessiert sind - nämlich gar nicht. - Zum Konversionsgesetz: Da wurde gar nichts verboten, sondern es wurde ein gesetzlicher Rahmen geschaffen, innerhalb dessen solche Scharlatanerie nunmehr erlaubt ist.
  • Antworten » | Direktlink »
#6 HexeAnonym
#7 KaiJAnonym
  • 13.04.2021, 19:45h
  • Antwort auf #4 von trans naysayer
  • Ich sehe es auch so, dass die Gesetze auf dem Tisch liegen. Es ist traurig, dass Erreichtes nicht gesehen und genutzt wird. Immer wieder wird alles in Zweifel gezogen und damit unseren Gegnern auch noch beigepflichtet. Rechtliche Fortschritte wurden gerichtlich durch Einzelpersonen oder wenige erstritten. Wo bleibt eine solidarische Community? Wo bleiben deren angebliche Verbände beim Erstreiten weiterer Rechte?
  • Antworten » | Direktlink »
#8 trans naysayerAnonym
  • 13.04.2021, 20:46h
  • Antwort auf #6 von Hexe
  • "Verzeih die Polemik, aber ich glaube du weißt was ich meine"

    my dear Hexe :-),

    Ich weiss, was Du meinst. Aber auf die "gatekeeper" zielte meine Fragestellung nicht ab. Gatekeeper sind Gegner. Wie ich hier schon öfter schrieb, tun Gegner nur, was Gegner tun. Erinnerst Du dich?

    @trans naysayer:
    "Ich wiederhole dieses Mantra gegenüber meinen Mitstreiter*innen so oft, bis sie es im Schlaf hersagen können: Man verliert nicht aufgrund seiner Gegner, sondern man verliert aufgrund eigener Fehler."

    Es geht hier nicht um gatekeeper. Es geht auch nicht um Politik. Es geht um geltendes internationales, europäisches und deutsches Recht. Meine Frage bezog sich auf das (Nicht-) Handeln einer LGBTIQ-community. Und meine Frage bezog sich auf mein Unverständnis darüber, warum eine community erst jahrelang für Rechte kämpft, aber wenn sie dann existieren, sie in ihrer Rechtswirksamkeit nicht anwendet.

    Man beschwert sich hier ja immer darüber, dass meine posts hier von völligem Unverständnis geprägt sind. Es gibt keine rationale Erklärung, warum eine community das nicht tut.
    Wir tun das sofort. ("See you in court") Denn dafür hat man diese Rechte schliesslich erkämpft. Weil das dann GELTENDES RECHT ist.

    Noch einmal zur Einordnung: Wir brauchen hier weder eine "Psychotherapie" noch eine "Diagnose". Wir gehen einfach zum Amt, ändern einfach unsere Namen und wenn wir hier medizinische Massnahmen wünschen, greifen wir einfach zum Telefon und rufen eine:n Ärzt:in unserer Wahl an. Wir vereinbaren einfach einen Termin. Das war's. Da redet niemand Drittes mit.
    DAS - und nur das - ist Ent-Pathologisierung und equal rights.

    Das wurde uns nicht geschenkt. Erst recht nicht von "gatekeepern". Die muss man schon selbst rausschmeissen. Dafür haben wir gemeinsam in Argentinien und Brasilien gekämpft. In den USA auch.

    Meine Frage, wie es zu erklären ist, dass die deutsche LGBTIQ-community ihre bestehenden Rechte nicht wahrnimmt, ist unbeantwortet. Auch von Dir. Ihr tragt Verantwortung für die nachfolgenden Generationen.

    It's the duty and the perseverance of those who came before while holding out hope for continued change!

    Wie kann man durch Untätigkeit und Unterlassung zukünftige Generationen ihrer Rechte berauben? Genau das ist hier geschehen!

    Von daher ist Dein Beitrag tatsächlich Polemik. Als die hätte ich es auch ohne Deinen Hinweis genommen. ;-)
  • Antworten » | Direktlink »
#9 GewitterziegeEhemaliges Profil
  • 14.04.2021, 08:03h
  • Die Bundesregierung diskriminiert "Queer" tatsächlich nicht, denn sie nimmt "Queer" nicht wahr, was dafür eine Voraussetzung wäre. Die Bundesregierung ist eine Blase, die den Bezug zur gesamten Bevölkerung und aller Gruppen innerhalb der Bevölkerung verloren hat. Es gibt lediglich ein kleines Kapillargefäß, das die Bundesblase mit der Brüsselblase verbindet. Ich erwarte von der Bundesregierung inzwischen nicht mehr, dass sie die Lebensrealitäten der Bevölkerung (er)kennt und zum Beispiel Gesetze beschließt, die diese aufgreift um unsere Gesellschaft sozial, ökonomisch, ökologisch, sachlich und zukunftsorientiert aufzustellen.
  • Antworten » | Direktlink »
#10 trans und aceAnonym
  • 14.04.2021, 09:30h
  • Antwort auf #8 von trans naysayer
  • Dein Mantra ist geprägt von Täter-Opfer- Umkehr. Folgerichtig betrachtest du hier die Opfer als Täter.
    Ob die LGBT+ Community hierzulande nicht wirkungsvoll, schlecht organisiert oder träge ist, vielleicht, kann sein, weiß ich nicht. Ich hab in echten Leben keine Kontakte in die Community (und kann das gerade wegen Corona kaum ändern), hab meine Transition bisher allein gemacht. Aber ich lasse mir von dir nicht vorwerfen, auch nicht indirekt, Schuld an der Lage von trans Menschen in Deutschland zu sein.
  • Antworten » | Direktlink »

alle (neue zuerst) alle (chronologisch)