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Polen
LGBTI-freundlicher Menschenrechtsbeauftragter muss seinen Hut nehmen
Einer der letzten hohen Verbündeten, die die queere Community in Polen hat, muss sein Amt nach einer Klage der PiS-Regierung räumen.
- 15. April 2021, 11:02h - 2 Min.
Polens Menschenrechtsbeauftragter Adam Bodnar muss sein Amt nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichts innerhalb von drei Monaten abgeben. Eine Regelung, wonach er die Funktion auch nach dem Ende seiner regulären Amtszeit bis zur Ernennung eines Nachfolgers behalte, sei nicht verfassungskonform, hieß es in der Begründung des Gerichts am Donnerstag. Der Gesetzgeber habe nun drei Monate Zeit, eine andere gesetzliche Lösung zu finden.
Der 44-jährige Verfassungsrechtler Bodnar hat das Amt seit 2015 inne; der Sozialdemokrat war noch vor der Machtübernahme der rechtspopulistischen PiS-Partei ernannt worden. Seine Aufgabe als Menschenrechtsbeauftragter ist insbesondere der Schutz der Bürger vor rechtswidrigem staatlichen Handeln. Bodnar ist einer der schärfsten Kritiker der PiS-Regierung, besonders machte er sich zuletzt für die Rechte von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten stark. So kritisierte er letztes Jahr homofeindliche Äußerungen im Präsidentschaftswahlkampf (queer.de berichtete). Außerdem verklagte er Kommunen, die queerfeindliche Resolutionen beschlossen hatten, erfolgreich vor Gericht (queer.de berichtete).
Patt im Parlament
Bodnars fünfjährige Amtszeit war eigentlich bereits im September 2020 abgelaufen. Ein neuer Menschenrechtsbeauftragter muss jedoch von beiden Kammern des polnischen Parlaments bestätigt werden. Die mehrheitlich von der PiS besetzte erste Kammer, der Sejm, und die von der Opposition dominierten zweite Kammer, der Senat, konnten sich über Monate nicht auf einen Kandidaten einigen. Also blieb Bodnar im Amt.
Die PiS sann auf einen anderen Weg, ihn von dem Posten zu entfernen. Sie beauftragte das Verfassungsgericht damit zu prüfen, ob Bodnars weiterer Verbleib im Amt verfassungskonform sei. Politische Gegner werfen der PiS vor, sie habe das Verfassungsgericht mit ihr nahestehenden Richtern besetzt.
In einem vierten Anlauf möchte die PiS nun ihren Abgeordneten Bartlomiej Wroblewski zum neuen Menschenrechtsbeauftragten machen. Er gehört zu einer Gruppe von Parlamentarier*innen, die mit einem Antrag beim Verfassungsgericht erfolgreich eine Verschärfung des Abtreibungsrechts erwirkt hatten. Er gilt als LGBTI-feindlich – auf Vorwürfe der Europäischen Union, sein Land benachteilige Homo- und Transsexuelle, reagierte er mit einem "Fakenews"-Vorwurf gegen Brüssel. (dpa/dk)
