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Medien
Jetzt ist es amtlich: Queers kontrollieren den MDR mit
Der neue MDR-Staatsvertrag wurde von allen drei zuständigen Parlamenten gebilligt. Damit bekommt ein "Mitglied der LSBTTIQ-Verbände, und zwar aus Sachsen-Anhalt", einen Sitz im Rundfunkrat.

MDR-Fernsehzentrale in Leipzig (Bild: MDR / Stephan Flad)
- 22. April 2021, 07:33h 3 Min.
Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) erhält einen neuen queerfreundlichen Staatsvertrag. Mit dem Thüringer Landtag stimmte am Mittwochabend das letzte der drei zuständigen Parlamente der Novellierung des Staatsvertrages zu Auftrag und Struktur des MDR zu. Auch der Landtag von Sachsen-Anhalt ließ den MDR-Staatsvertrag am Mittwoch passieren. Das Parlament in Sachsen hatte bereits im März Ja gesagt.
Der MDR-Staatsvertrag wurde mit der Entscheidung der drei Parlamente nach rund 30 Jahren modernisiert. Neuerungen gibt es etwa beim Aufsichtsgremium Rundfunkrat: Ganz neu soll künftig ein "Mitglied der LSBTTIQ-Verbände, und zwar aus Sachsen-Anhalt", in dem Kontrollgremium dabei sein. Die Entscheidung trifft der Magdeburger Landtag. Auch Vertreter*innen u.a. von Migrantenverbänden und der sorbischen Minderheit erhalten erstmals einen Sitz.
Etwas weniger Staatsnähe
Bislang besteht der MDR Rundfunkrat, der als Aufsichtsgremium fungiert und sich aus Vertreter*innen politischer, weltanschaulicher und gesellschaftlicher Gruppen zusammensetzt, aus 43 Mitgliedern. Künftig soll er 50 Plätze haben. Der Anteil von staatlichen und staatsnahen Mitgliedern sinkt damit.
Die Bundesländer, die für Medienpolitik zuständig sind, regeln Auftrag und Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit ARD, ZDF und Deutschlandradio – sie setzen zum Beispiel den Rahmen für die Programme und die Organisation von Intendanz und Gremien. Es geht dabei mit Blick auf die Pressefreiheit zugleich nicht um Programminhalte, dafür sind die Sender zuständig.
Für die ARD-Anstalten gibt es in den Sendegebieten eigene Staatsverträge – wie hier beim MDR. Es geht darin auch nicht um die Höhe des Rundfunkbeitrags. Das ist in einem anderen länderübergreifenden Staatsvertrag geregelt.
Queere Organisationen bereits in mehreren Kontrollgremien
Nachdem LGBTI in der Bundesrepublik über 60 Jahre von jeder Vertretung in Rundfunk, Fernsehen und Medien ausgegrenzt blieben, hat das Verfassungsgerichtsurteil von 2014 einen Wandel eingeleitet. Seitdem wurde mit der Berufung von Vertreter*innen des LSVD beim ZDF, beim Deutschlandradio, beim Saarländischen Rundfunk und bei Radio Bremen erstmals auch LGBTI die Teilhabe in den Aufsichtsgremien eröffnet. Beim WDR teilen sich das Queere Netzwerk NRW und die LAG Lesben einen Sitz. Auch im rbb sollen LGBTI künftig einen Sitz im Rundfunkrat erhalten (queer.de berichtete). Zudem haben LGBTI in den Landesmedienanstalten von Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland mittlerweile Sitz und Stimme.
Demgegenüber sehen die vier norddeutschen Länder bislang im kürzlich vorgestellten neuen NDR-Staatsvertrag keinen Sitz für LGBTI vor (queer.de berichtete). Die bayerische Staatsregierung erklärte erst in der vergangenen Woche, angeblich aus Datenschutzgründen – nicht einmal darüber nachzudenken, queere Vertreter*innen im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks und im Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien zu entsenden (queer.de berichtete). (cw/dpa)

Links zum Thema:
» Der neue MDR-Staatsvertrag als PDF
Mehr queere Kultur:
» auf sissymag.de
Ob das ein wahrer Grund zum Jubeln ist?