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Haft und "Heilung"

Bericht: Usbekistan inhaftiert weiter Schwule

Fast 50 Männer wurden in den letzten Jahren wegen homosexueller Handlungen verurteilt und in Strafkolonien geschickt.


Zu diesem Bild veröffentlichte ILGA Europe im März ein anonymisiertes Interview mit einem LGBTI-Aktivisten aus Usbekistan (Bild: ILGA Europe)

  • 23. April 2021, 09:56h 1 2 Min.

Zwischen 2016 und 2020 wurden in Usbekistan 44 Männer wegen homo­sexueller Handlungen zu Haftstrafen verurteilt. Das berichtete am Donnerstag das Portal Qalampir.uz unter Berufung auf eine Anfrage beim Innenministerium der Republik. 2016 wurden demnach sechs Personen verurteilt, 2017 15, 2018 sowie 2019 sieben und im letzten Jahr neun.

Das Land mit rund 34 Millionen Einwohnern ist neben Turkmenistan die einzige Ex-Sowjetrepublik, die an einem Strafrechtsparagrafen zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen unter Männern festhält. Menschenrechtsorganisationen hatten in den letzten Jahren berichtet, dass der Paragraf 120, der auf "Sodomie" bis zu drei Jahre Haft vorsieht, vor allem zur Einschüchterung und Erpressung durch Sicherheitskräfte genutzt werde.

Nach Angaben des Innenministeriums befänden sich derzeit allerdings 49 Männer in Strafkolonien, die (teils unter anderem) nach dem Paragrafen verurteilt worden seien. Dem Bericht zufolge versuche sich der Staat zudem an einer Art Homo-"Heilung": Die Verurteilten würden laut Innenministerium regelmäßig von einem "psychologischen Dienst" betreut, der wiederholte "Taten" verhindern soll.

Im März hatte die Organisation ILGA Europe zusammen mit weiteren LGBTI- und Menschenrechtsorganisationen Präsident Shavkat Mirziyoyev aufgefordert, im Rahmen einer Reform des Strafrechts den Paragrafen 120 abzuschaffen. Bekannt gewordene Pläne sahen eine Beibehaltung der Kriminalisierung unter dem neuen Paragrafen 154 in einem Abschnitt zu "Verbrechen gegen die Familie, Kinder und Moral" vor. Das mehrheitlich muslimische Usbekistan hatte 2019 gegenüber der UN betont, die Strafnorm reflektiere Traditionen und Religion der Republik. Der Paragraf führe zu "willkürlichen Verhaftungen, Misshandlungen, Verfolgung und Überwachung durch staatliche und nichtstaatliche Akteure", beklagte hingegen ILGA Europe. Zudem ermutige er zu Angriffen auf LGBTI, da diese Angst hätten, sich an den Staat zu wenden.

Die Organisation "Human Rights Watch" hatte im März einen Bericht mit Zeugenaussagen veröffentlicht, wonach der Paragraf zu willkürlichen Festnahmen, Einschüchterungen und Erpressungen durch Sicherheitskräfte genutzt werde. Betroffenen drohten auch Ermittlungen und Verurteilungen nach anderen Paragrafen etwa zu Prostitution. Zudem komme es zu teils von den Angreifern in Videos dokumentierter Gewalt gegen LGBTI.

Direktlink | Video von "Human Rights Watch" zur Lage in Usbekistan
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Ebenfalls im März wurde der Blogger und Menschenrechtsaktivist Mirasis Basarow, der sich für eine Entkriminalisierung von Homosexualität einsetzt, wenige Stunden nach einer von einem Mob aufgesuchten Kundgebung von unbekannten Männern zusammengeschlagen und schwer verletzt (queer.de berichtete). Die Regierung gab danach vor allem ihm die Schuld und ließ seine Wohnung durchsuchen. Laut Medienberichten hatten Regierungsvertreter in den Wochen danach ihre queerfeindliche Rhetorik verschärft und etwa den Entzug der Staatsbürgerschaft für Mitglieder der LGBTI-Community gefordert. (nb)