Ob die religiöse Motivation, die extremistische Gewalttäter hervorheben, tatsächlich ursächlich für deren Handeln ist, ist in der Vergangenheit vielfach angezweifelt worden. Eine im Dezember 2020 veröffentlichte Studie bestätigt jedoch, dass gewaltverherrlichende Texte in Heilige Schriften dazu führten, dass Gläubige selbst tödliche Gewalt eher akzeptierten. Die Studie "Scriptural legitimation and the mobilisation of support for religious violence" stammt vom niederländischen Sozialwissenschaftler Ruud Koopmans, dem Direktor der Abteilung Migration, Integration, Transnationalisierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).
Das WZB erinnerte am Freitag wegen des Prozesses gegen Abdullah A. an die Studie – der Islamist hatte ein schwules Paar mit einem Messer angegriffen und einen der Männer getötet. Gegenüber einem forensischen Mediziner gab der Syrer an, Homosexuelle als "Feinde Gottes" anzusehen (queer.de berichtete). Laut Staatsanwaltschaft habe er sich die beiden schwulen Männer als "ungläubige" Repräsentanten einer offenen Gesellschaftsordnung ausgesucht.
Tödliche Gewalt gegen Glaubenfeind*innen gerechtfertigt?
Koopmans und seine Kolleg*innen befragten für ihre Studie insgesamt 8.000 Christ*innen, Muslim*innen und Jüd*innen in sieben Ländern (Deutschland, USA, Zypern, Libanon, Israel, Palästina und Kenia). Sie wollten wissen, ob die Gläubigen tödliche Gewalt gegen Glaubensfeindinnen und -feinde für gerechtfertigt halten oder nicht. Diese Frage wurde einer Hälfte der Befragten unvermittelt gestellt, die andere Hälfte bekam zuerst ein Zitat aus der Bibel, dem Koran oder der Thora vorgelegt, in dem Gewalt gegen vermeintliche Glaubensfeind*innen gutgeheißen wird.
Das Ergebnis: Der Verweis auf gewaltlegitimierende Schriftstellen steigert in allen drei Religionen und in allen sieben Ländern die Unterstützung für tödliche Gewalt signifikant. Allerdings war dieser Effekt unter jüdischen und christlichen Gläubigen schwächer ausgeprägt als unter Musliminnen und Muslimen. Über alle sieben Länder gerechnet, unterstützten neun Prozent der christlichen Gläubigen Gewalt ohne und zwölf Prozent mit vorherigem Bibelzitat. Unter jüdischen Gläubigen waren es drei ohne bzw. sieben Prozent mit Thorazitat. Unter Musliminnen und Muslimen befürworteten 29 Prozent Gewalt gegen Glaubensfeind*innen ohne und 47 Prozent mit vorangehendem Koranzitat.
In Deutschland lagen diese Zahlen allerdings erheblich niedriger: Hier lag unter Christ*innen die Gewaltunterstützung bei zwei ohne bzw. drei Prozent mit Bibelzitat; unter Muslim*innen bei fünf ohne bzw. 16 Prozent mit Koranzitat.
Der wichtigste Grund für die Unterschiede zwischen den drei Religionen, so die an der Studie beteiligten Forscher*innen, sei der größere Anteil muslimischer Gläubiger, die einer fundamentalistischen Glaubensauffassung anhängen. Fundamentalistische Gläubige zeichneten sich dadurch aus, dass sie die heiligen Schriften ihrer Religion wörtlich nehmen und auch in der Gegenwart für unverändert gültig hielten. Deshalb seien sie im Vergleich empfänglicher für Versuche, Gewalt durch den Hinweis auf religiöse Schriftquellen zu legitimieren.
Die Ergebnisse hätten Bedeutung für die Bekämpfung des religiösen Extremismus: "Religiöse Ursachen und Motivationen müssen ernst genommen werden. Gewalt darf nicht nur auf sozioökonomische und psychologische Ursachen reduziert werden", erklärte Koopmans. Die Aufgabe religiöser Anführer*innen und Verbände müsse es sein, fundamentalistischen Glaubensauslegungen aktiv entgegenzutreten und für eine Interpretation zu werben, die den historischen und gesellschaftlichen Kontext beachtet.
Unterdessen wurde am Donnerstag im Dresdner-Terrorprozess bekannt, dass der Angeklagte Abdullah A. während seiner vorherigen Inhaftierung bei muslimischen Häftlingen für das Terrornetzwerk Islamischer Staat warb und bei Widerspruch aggressiv reagierte. Er habe zudem gesagt, dass es richtig sei, Ungläubige zu töten, so ein 20-jähriger Zeuge. (cw)
Keine "religiöse" Gehirnwäsche, als Unterricht getarnt, an Schulen; Zugangsverbot zu den Privatveranstaltungen dieser "religiösen" Klubs für Minderjährige; Streichung aller finziellen und rechtlichen Sonder-/Besserstellungen dieser Vereine; raus aus den Rundfunkräten.
Alle Noch-Mitläufer*innen/Mittäter*innen können schnellstmöglich einen ersten Schritt tun und aus diesen Milieus aussteigen:
www.kirchenaustritt.de