Doris Achelwilm ist seit Beginn der Legislaturperiode Sprecherin für Queerpolitik bei der Linksfraktion (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)
Die Fraktion Die Linke hat diese Woche den Antrag "Trans*-Gesundheitsversorgung in die Regelleistungen der gesetzlichen Krankenkassen aufnehmen" (PDF) in den Bundestag gebracht. Darin wird bemängelt, dass lediglich Hormonbehandlungen und Logopädie über den Weg einer direkten Überweisung von den gesetzlichen Krankenkassen bewilligt werden. Das führe dazu, dass trans Menschen viele Maßnahmen der Transition "selbst zahlen müssen oder nicht in Anspruch nehmen können".
"Wir müssen den bürokratischen Hürdenlauf für trans* Personen bei den Krankenkassen beenden", forderte Doris Achelwilm, die queerpolitische Sprecherin der Linksfraktion, am Freitag. Da das völlig veraltete Transsexuellengesetz auch in dieser Legislaturperiode nicht reformiert wird, sei es umso dringlicher, "dass die Gesundheitsversorgung im Zuge etwa einer Geschlechtsangleichung (Transition) nicht länger unter kolossal falschen Voraussetzungen stattfindet". Trans* Personen müssten endlich regulär anerkannt werden. "Der standardmäßige Verweis auf psychologische Angebote ist hier keine Lösung, sondern ein unhaltbares Problem."
Psychotherapeuten-Kammer für Reform
Achelwilm verwies darauf, dass die Bundespsychotherapeuten-Kammer (BPtK) erst am Dienstag den Therapiezwang, dem trans* Personen im Zuge einer Geschlechtsanpassung unterliegen, scharf kritisiert und eine Rücknahme der entsprechenden Richtlinie gefordert hatte. Aktuell darf der Medizinische Dienst "einer Geschlechtsangleichung bei Transsexuellen nur zustimmen, wenn sie sich vorher mindestens sechs Monate und mindestens zwölf Sitzungen à 50 Minuten psychotherapeutisch behandeln lassen", informierte die BPtK in einer Pressemitteilung . "Es freut mich sehr, dass die Psychotherapeutenkammer sich gegen den Therapiezwang so klärend zu Wort gemeldet hat", so Achelwilm. "Aus fachlicher Sicht muss die ablehnende Praxis gegenüber der medizinischen Versorgung von trans* Personen längst der Vergangenheit angehören. Was fehlt, ist, dass die Krankenkassen endlich mitziehen."
Der Linken-Antrag fordert eine verbesserte Kostenübernahme für operative Maßnahmen, für Epilation oder Hilfsmittel wie beispielsweise Perücken. Er verweist darauf, dass trans Menschen in den aktualisierten WHO-Klassifikationen für Krankheiten und verwandte Gesundheitsprobleme "nicht mehr psychopathologisiert werden". Statt einer psychischen Identitätsstörung wird ihnen ab 1. Januar 2022 wertfrei "Geschlechtsinkongruenz" attestiert. Dies sei ein guter Anlass, "veraltete Formen der Leistungsgewährung für trans* und nicht-binäre Menschen auf einen adäquaten Stand zu bringen". Achelwilm ergänzte: "Wenn eine Geschlechtsinkongruenz in Bezug auf den eigenen Körper besteht und selbstbestimmte Maßnahmen zur Überwindung erforderlich sind, ist es ein Unding, ersatzweise auf psychotherapeutische Behandlungen zu verweisen."
Der Antrag kommt mitten in eine von Sahra Wagenknecht angestoßene Debatte um Prioritäten der Linken. Die Spitzenkandidatin der NRW-Linken will künftig lieber über "sozioökonomische Strukturen" reden als über "immer skurrilere Minderheiten", wie sie in ihrem Buch "Die Selbstgerechten" forderte (queer.de berichtete). Auch andere Linken-Politiker versuchen, Grundrechte für queere Menschen infrage zu stellen oder kleinzureden: Der Abgeordnete Alexander Neu, der sich für die Bundestagswahl im Herbst wie Wagenknecht einen vorderen Listenplatz in NRW sicherte, verharmloste letztes Jahr etwa die Homophobie in Russland (queer.de berichtete). (dk)
Ich bin nur gerade von mir selbst genervt, weil ich das ganze pessimistisch betrachte: Viele Leute werden aus ideologischen Gründen dagegen sein.
Aber wäre so sehr an der Zeit das es mal einen Lichtblick gibt.