Die Kritik aus Community und Politik an den transfeindlichen Veranstaltungen auf dem diesjährigen Lesbenfrühlingstreffen (LFT) wächst. Als Reaktion hat die Bremer Senatorin für Gesundheit, Verbraucherschutz und Frauen, Claudia Bernhard (Linke), am Dienstag ihre Schirmfrauschaft zurückgezogen. Das erfuhr queer.de aus Senatskreisen.
"Dass mit der Veröffentlichung des diesjährigen Programms deutlich geworden ist, dass trans*kritische bis trans*feindliche Positionen einen Platz bekommen und Trans*Personen selbst ausgeschlossen werden, ist für Senatorin Claudia Bernhard nicht vertretbar", heißt es in einem Brief ihrer Behörde an die Veranstalterinnen. "Claudia Bernhard steht für einen offenen Diskurs ein, der auch kontrovers über Themen diskutieren lässt, aber nicht explizit Personen ausschließt und trans*feindliche Positionen vertritt."
Die Senatsverwaltung forderte das Lesbenfrühlingstreffen auf, das Grußwort der Senatorin aus dem Programmheft zu entfernen. "Mit dem Rückzug der Schirmfrauschaft wird Claudia Bernhard ebenfalls kein Grußwort auf der Veranstaltung halten."
Positionen für LesbenRing "untragbar"
Am Dienstag hatte auch der LesbenRing mit deutlichen Worten Stellung bezogen: "Mit Entsetzen erkennen Vorstand und Beirat nach Veröffentlichung des LFT-Gesamtprogramms die Notwendigkeit, sich als LesbenRing – erstmalig in unserer gemeinsamen Geschichte – von den Inhalten des Programms zu distanzieren", heißt es in einer Pressemitteilung. "Die im Programm aufgeführten menschenrechtsverachtenden, rassistischen und trans*feindlichen Positionen sind für den LesbenRing untragbar."
Als eine Konsequenz zog der LesbenRing ein Workshopangebot auf dem LFT zurück. Die Distanzierung mache den Verband "sehr traurig", heißt es in der Erklärung. "Für uns ist dieser Schritt in diesem Jahr aber unausweichlich. Wir wollen keine Spaltung der lesbischen* und feministischen Community. Wir stehen solidarisch, respektvoll und konstruktiv für Gleichberechtigung, Sichtbarkeit und Akzeptanz aller Lesben* ein."
Hirschfeld-Stiftung wirft LFT Täuschung vor
Auch die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH), die das in Bremen organisierte virtuelle Lesbenfrühlingstreffen mit 2.700 Euro gefördert hat und sich bereits am Wochenende gegenüber queer.de distanzierte, veröffentlichte am Dienstag ein ausführliches Statement. "Mit Sorge und Unverständnis haben wir feststellen müssen, dass das LFT 2021 trans* Lesben ausschließt und das Programm explizit trans*feindiche Programmpunkte beinhaltet", heißt es darin. "Die BMH kritisiert diese Ausschlüsse scharf und distanziert sich ausdrücklich von den trans*feindlichen Inhalten des LFT 2021."
Die Bundesstiftung wirft dem LFT eine Täuschung bei der Antragsstellung vor. "Die Organisatorinnen formulierten in ihrem Antrag ausdrücklich das Ziel, 'radikal-feministische und queer-feministische Strömungen miteinander ins Gespräch [zu] bringen'", heißt es in der Stellungnahme. Die BMH habe sich gerade deshalb für eine Förderung entschieden. "Ein Programm jedoch, das trans* Personen explizit ausschließt und in Teilen trans*feindlich ist, hätte die BMH nicht gefördert", so die Stiftung. Sie nehme den vorliegenden Fall "zum Anlass, Mechanismen zu entwickeln, die künftig sicherstellen, dass mit Fördergeldern der BMH keine diskriminierenden Inhalte gefördert werden".
Der Dyke* March Germany distanzierte sich am Montag mit Memes in sozialen Netzwerken vom LFT. Die LAG Leben in NRW veröffentlichte einen Offenen Brief mit Kritik an der Veranstaltung
In mehreren Programmpunkten des Lesbenfrühlingstreffens 2021 wird trans Frauen ihr Geschlecht und ihre Selbstbestimmung abgesprochen, zudem werden sie als Bedrohung für cis Frauen und Frauenräume dargestellt. In einer Ankündigung werden sie als "Männer, die sich als Frauen ausgeben", beleidigt (queer.de berichtete). Trans und nichtbinäre Lesben sind beim LFT auch nicht willkommen: Anders als "intersexuelle und detransitionierte Lesben" fehlen sie in der detaillierten Aufzählung der Zielgruppen im Programmheft.
Danke Frau Senatorin Bernhard!