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Transfeindlichkeit
Hannchen-Mehrzweck-Stiftung bedauert Förderung des LFT
Die Kritik an transfeindlichen Veranstaltungen auf dem diesjährigen Lesbenfrühlingstreffen reißt nicht ab. Diskutantin Monika Barz spricht dagegen von einer "infamen Verleumdungskampagne".

Logo des Lesbenfrühlingstreffens 2021: Die traditionsreiche Veranstaltung wird vom 21. bis 23. Mai virtuell aus Bremen übertragen
- 5. Mai 2021, 15:13h 3 Min.
Mit der Hannchen-Mehrzweck-Stiftung (HMS) hat sich eine weitere queere Organisation von transfeindlichen Veranstaltungen auf dem diesjährigen Lesbenfrühlingstreffen (LFT) distanziert, das diesmal von einer Gruppe aus Bremen organisiert wird. "Rechtlich ist es nicht möglich, die dem LFT zugesicherte Förderzusage zurückzuziehen", heißt es in einer auf der HMS-Homepage veröffentlichten Stellungnahme. "Der Vorstand der Hannchen Mehrzweck Stiftung distanziert sich jedoch hiermit mit Nachdruck vom LFT 2021 in Bremen."
Eine Förderung der Veranstaltung komme künftig nur noch in Frage, wenn das Programm vorab geprüft werden könne, teilte der Vorstand den Veranstalterinnen mit. "Die Exklusion einer Gruppe von Lesben* beim diesjährigen LFT widerspricht deutlich dem Selbstverständnis der Hannchen-Mehrzweck-Stiftung", so die öffentliche Stellungnahme.
Speakerin beklagt "panikartigen Rückzug zentraler Zuschüsse"
Die ehemalige Professorin Monika Barz, die als Speakerin an einer der transfeindlichen LFT-Veranstaltungen teilnimmt, sprach hingegen von einer "infamen Verleumdungskampagne". Diese habe bei Sponsor*innen "zum panikartigen Rückzug zentraler Zuschüsse" geführt, schrieb die Grünen-Kandidatin für die Bundestagswahl 2013 und Bundesverdienstkreuzträgerin in einer E-Mail an Unterstützer*innen, die queer.de vorliegt. Darin warb sie um Spenden für das Lesbenfrühlingstreffen und "umgehende" Ticketkäufe.
"Wir leben in einer Zeit, in der es politische Forderungen gibt, für alle Erwachsene und Kinder ab 14 Jahren, nicht die Biologie, sondern das persönliche Empfinden von Geschlecht juristisch zur Grundlage der Geschlechtszuordnung zu machen", kritisierte Barz in ihrem Schreiben. "Eine Aussage beim Standesamt soll genügen." Die 68-Jährige beklagte sich ferner: "Diejenigen, die über die sozialen und rechtlichen Folgen einer 'Selbstbestimmung von Geschlecht' kritisch diskutieren, erleben häufig, umgehend der Transfeindlichkeit bezichtigt zu werden." Damit werde die demokratische Meinungsfreiheit "zu Ungunsten einer selbstbestimmten Debattenkultur" eingeschränkt.
Zuvor hatten auch die LFT-Veranstalterinnen eine "beispiellose Medienkampagne" beklagt und die Kritik als "Form struktureller und psychischer Gewalt" zurückgewiesen (queer.de berichtete).
Dachverband Lesben und Alter verharmlost Transfeindlichkeit
Der Dachverband Lesben und Alter rief unterdessen zur Mäßigung im Streit auf. Man sehe "verschiedene Veranstaltungen im LFT-Programm und auch einige virtuelle Marktangebote kritisch", heißt es einerseits in einer Stellungnahme des Vorstands. "Einige der Beschreibungstexte befremden uns. Auch bedauern wir, dass das diesjährige Orga-Team sich entschieden hat, in der Einladung auf die explizite Nennung von Translesben zu verzichten."
Anderseits müsse es "Raum geben für strittige Fragestellungen", so der Dachverband Lesben und Alter, der von der "Wucht der Reaktionen erschreckt" sei. Die LFT-Veranstalterinnen nahm er ausdrücklich in Schutz: "Ihnen pauschal mit dem Vorwurf zu begegnen, sie seien transfeindlich, menschenverachtend und rechtspopulistisch, unterbindet jede weitere Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Positionen."
Hirschfeld-Stiftung: Debatte braucht Respekt
Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, die sich als erste Organisation von den transfeindlichen Programmpunkten distanziert hatte (queer.de berichtete), erinnerte allerdings daran, dass eine konstruktive Debatte einen Rahmen brauche, nämlich "den Respekt für und die Anerkennung aller Debattenteilnehmer_innen". In einer E-Mail des geschäftsführenden Vorstands Jörg Litwinschuh-Barthel an die Veranstalterinnen, die queer.de vorliegt, heißt es weiter: "Da das Geschlecht einiger potentieller Teilnehmer_innen – trans* Frauen – in einigen Workshops in Frage gestellt und ihnen das Eindringen in Frauenschutzräume vorgeworfen wird, sieht die BMH dies in der im Programmheft dargestellten Form des LFT2021 nicht garantiert."
Das 47. Lesbenfrühlingstreffen wird in Bremen organisiert und findet aufgrund der Coronakrise vom 21. bis 23. Mai ausschließlich online statt. Aufgrund der transfeindlichen Programmpunkte zog Bremens Frauensenatorin Claudia Bernhard (Linke) ihre Schirmfrauschaft und ihr Grußwort zurück (queer.de berichtete).
Öffentlich distanziert von den transfeindlichen Programmpunkten haben sich bislang neben den beiden Stiftungen auch der LesbenRing, der Dyke* March Germany, die LAG Lesben in NRW, der Bundesverband Trans*, die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität, das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg, das Queere Zentrum Göttingen, das Spinnboden Lesbenarchiv sowie die AHA-Berlin, PINK.LIFE und das Berlin Lesbian Non-Binary Filmfest. (mize)
Links zum Thema:
» taz-Bericht zum LFT: Frühling der Feindseligkeit
» Tagesspiegel: Lesbenfrühlingstreffen in der Kritik
Mehr zum Thema:
» Lesbenfrühlingstreffen beklagt "beispiellose Medienkampagne" (30.04.2021)
» Lesbenfrühlingstreffen: Senatorin zieht Schirmfrauschaft zurück (28.04.2021)
» Hirschfeld-Stiftung distanziert sich von Lesbenfrühlingstreffen (25.04.2021)














