Ungarns autoritärer Regierungschef Viktor Orbán will verhindern, dass queere Menschen in der Europäischen Union gleichbehandlet werden (Bild: European People's Party / flickr)
Polen und Ungarn haben in der geplanten Erklärung des EU-Sozialgipfels in Porto die Nutzung des Wortes "Geschlechtergleichheit" blockiert. Die rechtspopulistischen Regierungen der Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki und Viktor Orbán hätten sich dagegen gestemmt, dass die Formulierung "Raum für LGBT-Rechte schafft", sagte ein EU-Diplomat. Sie sähen "das Gefüge ihrer christlichen Gesellschaften" in Gefahr. Polen erklärte, es könne nur um die Gleichstellung von Männern und Frauen gehen.
Der Streit, der nur einen von 13 Punkten in der Erklärung des Sozialgipfels betraf, hatte die EU-Botschafter*innen über Tage beschäftigt. In einem ursprünglichen Entwurf von Anfang der Woche hatte es geheißen, die EU wolle "die Lücke bei Beschäftigung, Bezahlung und Renten zwischen Männern und Frauen schließen und Geschlechtergleichheit sowie Fairness für jeden Einzelnen in unserer Gesellschaft fördern". Dabei wurde auf Englisch der Begriff "Gender Equality" genutzt.
In der abschließenden Version, die am Samstag beschlossen werden soll, heißt es nun, Europa wolle "die Geschlechterlücke bei Beschäftigung, Bezahlung und Renten schließen und Fairness für jeden Einzelnen in unserer Gesellschaft fördern". Zudem wird auf das Grundprinzip Nummer zwei der 2017 verabschiedeten europäischen Säule für soziale Rechte verwiesen. Dort werden nur "Frauen und Männer" genannt. Dadurch wurde ein möglicher indirekter Verweis auf die LGBTI-Community verhindert.
"Der EU-Vertrag bezieht sich ganz klar nicht auf die Gleichstellung der Geschlechter"
Warschau poche darauf, sich an die Bestimmungen des EU-Vertrages zu halten, sagte ein polnischer Vertreter der Nachrichtenagentur AFP zu dem Streit. "Der EU-Vertrag bezieht sich ganz klar nicht auf die Gleichstellung der Geschlechter, sondern auf die Gleichstellung von Frauen und Männern."
Ungarns Regierungschef Viktor Orbán verteidigte die Blockadehaltung. Es gehe um einen "ideologisch motivierten Ausdruck, dessen Bedeutung nicht klar ist", sagte er bei seiner Ankunft bei dem Gipfel in Porto. Wenn der Begriff Geschlechtergleichheit verwendet werde, müsse dieser auf Männer und Frauen verweisen. Aber dies werde von anderen EU-Staaten immer zurückgewiesen, sagte der Ungar. "Sie mögen die christliche Herangehensweise nicht."
Ein EU-Vertreter verwies darauf, dass dieser Streit mit Polen und Ungarn regelmäßig auftritt. So hatte Polen im letzten Sommer einen Rückzug aus der Istanbul-Konvention des Europarats zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen angekündigt, unter anderem weil neben dem englischen Begriff "Sex" für Geschlecht auch "Gender" genutzt wird (queer.de berichtete). Der Justizminister Zbigniew Ziobro bezeichnete das Abkommen als "feministische Schöpfung zur Rechtfertigung der homosexuellen Ideologie".
Die polnische Regierungspartei PiS stemmt sich aktiv gegen eine angebliche "LGBT-Ideologie". Sie zerstöre aus ihrer Sicht das traditionelle Familienmodell in dem streng katholischen Land. Eine Reihe polnischer Kommunen hat in den vergangenen Jahren queerfeindliche Resolutionen beschlossen, die als "LGBT-freie Zonen" zusammengefasst werden. Die EU-Kommission hatte daraufhin einige EU-Subventionen für diese Gebiete gestoppt (queer.de berichtete).
Ungarn war im Dezember mit einem Gesetzespaket gegen Homosexuelle und trans Menschen vorgegangen, das international auf Kritik stieß. Es schreibt unter anderem vor, künftig nur das "Geburtsgeschlecht" rechtlich anzuerkennen, und untersagt es Schwulen und Lesben, Kinder zu adoptieren (queer.de berichtete).
Der EU-Sozialgipfel soll laut EU-Sozialkommissar "eine starke politische Botschaft" für ein soziales Europa aussenden. Hintergrund ist, dass nach Angaben des Europäischen Statistikamtes Eurostat gegenwärtig rund 91 Millionen Menschen in den 27 EU-Ländern von Armut oder sozialem Ausschluss bedroht seien. (AFP/cw)
Um 16:15h ergänzt um Orbán-Zitate
das muss ja ein sehr wackeliges und brüchiges gefüger dieser christen sein, wenn es durch rechtsgleichheit in gefahr gerät.
das einstimmigkeitsprinzip muss in der eu endlich aufgegeben werden, damit diese christen ihre blockade-macht verlieren.