Pastor Marcus Piehl von der evangelisch-lutherischen St.-Johannis-Gemeinde in Nordstemmen hat sich für seinen queerfeindlichen Kommentar im aktuellen Gemeindebrief entschuldigt. "Ich bedauere aufrichtig die Verletzungen und Irritationen, die dieser Artikel ausgelöst hat", schrieb er am Freitag in einer "Persönlichen Erklärung".
"Durch meine Aussagen in dem Beitrag fühlen sich Menschen diskriminiert und verletzt. Ich bitte alle, denen ich in dieser Weise weh getan habe, um Entschuldigung", so Piehl in seiner Stellungnahme. "Auch wenn ich aus meinem biblischen Verständnis heraus manche aktuelle gesellschaftliche Entwicklung kritisch sehe, war meine Vorgehensweise nicht fruchtbar."
Er bereue überdies, in dem Artikel auf den queerfeindlichen Professor Ulrich Kutschera verwiesen zu haben. "Ich toleriere unterschiedliche Beziehungs- und Familienformen, in denen Menschen verlässlich zusammenleben und füreinander Verantwortung übernehmen", schrieb Piehl. Er habe auch keine Beziehung "zwischen der Genderthematik und ideologischen Bewegungen des vergangenen Jahrhunderts herstellen" wollen.
"Ich bitte alle Verantwortlichen in der Kirchengemeinde und alle Gemeindemitglieder in Nordstemmen um Verzeihung für all das, was mein Artikel ausgelöst hat", wiederholte der Pastor seine Bitte um Entschuldigung. "Ich hoffe sehr, dass wir in Update xx.yyh: Gesprächen einen guten Weg finden, um die Verletzungen zu heilen, die entstanden sind."
Attacke auf Ehe für alle und nichtbinäre Menschen
In dem Gemeindebrief hatte Marcus Piehl u.a. gegen intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen sowie gegen die Ehe für alle gewettert und die Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt als "Angriff auf Gottes Ordnung" bezeichnet. Kinder in Regenbogenfamilien liefen darüber hinaus Gefahr, psychisch krank zu werden. Seine Attacke untermauerte Piehl mit der Drohung: "Gott ist durchaus auch einer, mit dem nicht zu spaßen ist." Sowohl die Landeskirche Hannover als auch die beiden Superintendenten im Kirchenkreis Hildesheimer Land-Alfeld hatte sich umgehend von dem Pfarrer distanziert (queer.de berichtete).
Anders als im Fall des queerfeindlichen evangelikalen Pastors Olaf Latzel aus Bremen hat Marcus Piehl auch keinen Rückhalt in der eigenen Gemeinde. Bereits am Donnerstag hatte sich der Vorstand der St.-Johannis-Gemeinde in einem Statement auf der Homepage für die Veröffentlichung des Gemeindebriefs entschuldigt.
"Wir als Kirchenvorstand distanzieren uns in aller Form von dem in Rede stehenden Artikel und seinen Aussagen", heißt es in der Erklärung. "Diese stehen nach unserer Auffassung in klarem Widerspruch zu unserem Leitbild als Kirchengemeinde. Wir bedauern aufrichtig alle entstandenen Verletzungen." Der Kirchenvorstand betonte darüber hinaus: "Wir heißen alle Menschen ohne Ansehen ihres Geschlechts in der Kirche willkommen und wir sprechen uns gegen jede Form von Diskriminierung aus."
Keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen
Arbeitsrechtliche Konsequenzen muss Marcus Piehl nach seinem queerfeindlichen Gemeindebrief erst einmal nicht befürchten. Landeskirchensprecher Benjamin Simon-Hinkelmann kündigte allerdings an, es werde weitere Gespräche mit dem Pastor geben. Laut der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Bezahlartikel) haben mehrere Gemeindemitglieder ihren Kirchenaustritt angedroht, sollte der Pastor weiter in Nordstemmen predigen. Auch sollen Eltern ihre Kinder aus der Jugendarbeit der Gemeinde genommen haben.
Die feministische Sprachwissenschaftlerin und Rapperin Reyhan Sahin alias Lady Bitch Ray, auf die sich Piehl in seinem Gemeindebrief bezogen hatte, kritisierte die Erklärung des Pastors als halbherzig. "Will ja nicht kleinlich sein, aber: Der evangelische Pastor aus Nordstemmen entschuldigt sich für seinen frauenfeindlichen und wissenschaftsleugnenden Artikel bei allem und jede:m, schön und gut, nur mich hat er anscheinend vergessen", schrieb sie auf Twitter. Piehl hatte Lady Bitch Ray in seinem Artikel u.a. als "Porno-Rapperin" bezeichnet, die sich "vor allem selber nicht gut" tue.