Aus der Unionsfraktion kommen Signale für eine Aufweichung des Blutspendeverbots für schwule und bisexuelle Männer. Die bisher vorgegebene Zeit der Enthaltsamkeit vor einer Spende von zwölf Monaten solle auf sechs bis acht Wochen verkürzt werden, sagte der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger dem "Münchner Merkur" vom Samstag. Dazu solle die Koalition einen Antrag in den Bundestag einbringen.
Schwule und bisexuelle Männer werden in Deutschland seit Jahrzehnten pauschal anders behandelt als spendewillige Heterosexuelle – und auch trans Menschen werden in den Richtlinien der Bundesärztekammer pauschal als besondere Gefahrengruppe identifiziert. Die Regelungen gehen auf die Anfangszeiten der Aids-Epidemie in den Achtzigerjahren zurück, als Männer, die Sex mit Männern haben, vollständig vom Blutspenden ausgeschlossen worden waren. Seit 2017 dürfen schwule und bisexuelle Männer wieder spenden – allerdings nur, wenn sie versichern, ein Jahr keinen Sex gehabt zu haben (queer.de berichtete).
"Fachlich nicht mehr wirklich begründbar"
Diese Vorschrift sei "fachlich nicht mehr wirklich begründbar", sagte Pilsinger, der neben seinem Bundestagsmandat in Teilzeit als Arzt in einer Hausarztpraxis im Münchner Umland arbeitet. Denn bereits nach Ablauf von sechs bis acht Wochen könne mithilfe eines modernen Antikörpertests festgestellt werden, ob eine HIV-Infektion bestehe oder nicht. Deshalb solle auch nur dieses Zeitfenster ausschlaggebend sein. Der Zeitraum von einem Jahr sei eine willkürliche Grenze.
Es müsse auch "einen Unterschied machen, ob jemand einen festen Partner oder wechselnde Partner hat – und ob der Verkehr geschützt oder ungeschützt war", sagte Pilsinger. Bei Homosexuellen müsse wie bei Heterosexuellen "zukünftig das individuelle Risikoverhalten" ausschlaggebend sein und "keine Pauschalität". Ansonsten handele es sich um ungerechtfertigte Diskriminierung. Die Gesellschaft könne es sich außerdem nicht leisten, potenzielle Blutspender ohne medizinisch gerechtfertigten Grund abzuweisen.
Im Landtag verteidigte die CSU das Blutspendeverbot
Zum Thema Blutspende kommen aus der CSU sehr unterschiedliche Signale. Noch im Dezember vergangenen Jahres hatte die CSU im bayerischen Landtag zusammen mit den Freien Wählern und der AfD gegen einem Antrag gestimmt, die Diskriminierung bei der Blutspende über eine Bundesratsinitiative zu beenden. Gesundheitspolitiker Bernhard Seidenath erklärte damals, dass es im "Interesse des Empfängers" sei, dass seine Gesundheit durch vermeintlich risikobehaftete Blutspenden "nicht beeinträchtigt" werde (queer.de berichtete).
Zuvor hatte die CSU-Politikerin Emmi Zeulner das Spendenverbot im Mai 2020 im Bundestag verteidigt (queer.de berichtete). Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, sprach sich dagegen vor wenigen Wochen für eine Beendigung der Diskriminierung aus (queer.de berichtete).
Erst in der vergangenen Woche hatte die Bundesärztekammer den pauschalen Ausschluss von schwulen und bisexuellen Männern beim Blutspenden in einer Pressemitteilung verteidigt (queer.de berichtete). (cw/AFP)
Und auch diese zwar nicht willkürlich gesetzte Grenze ist immer noch einwandfrei an der Realität vorbeigerauscht.
Von "beenden wollen" ist der gute Herr weit, weit entfernt!