Zu Update springen: Leserbrief gelöscht, "Main-Post" entschuldigt sich
Die Würzburger Tageszeitung "Main-Post" hat am Sonntag online einen redaktionell bearbeiteten Leserbrief veröffentlicht, in dem Homosexualität pauschal als "sexuelle Anomalie" verurteilt wird, die die "natürliche Lebensordnung" verletze.

Der Leser aus der Kleinstadt Haßfurt (!) beruft sich in seiner Aussage auf die Heilige Schrift: "Die biblischen Aussagen dazu im Alten wie im Neuen Testament sind in dieser Frage eindeutig: Gleichgeschlechtliche Paarbeziehungen stehen im Widerspruch zu der von Gott geschaffenen Sexualität." Er warf gleichgeschlechtlichen Paaren vor, mit ihrer Existenz die (heterosexuelle) Familie zu verändern. Aus dieser entstehe schließlich "neues Leben". "Das kann man aber nicht von sexuellen Anomalien sagen, denn sie bedeuten letztlich eine Lebensführung gegen die natürliche Lebensordnung und gegen die Anatomie des Menschen", so der Leser, von dem in der Vergangenheit bereits redaktionelle Artikel in der "Main-Post" erschienen waren.
"Main-Post" verteidigt Leserbrief
Der Leserbrief war eine Reaktion auf die Debatte um die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in der katholischen Kirche. Nach Kritik an der Veröffentlichung des "menschenverachtenden, homophoben Unsinns" wies ein "Main-Post"-Redaktionsleiter in einem Kommentar unter dem Leserbrief ("mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion") zurück, dass der Beitrag inakzeptabel sei: Dieser erfülle vielmehr "die journalistischen Leitlinien der Main-Post" und stehe auch für die "Vielfalt an Meinungen und Überzeugungen".
Die Reaktion der Redaktion
In der Vergangenheit hat der Deutsche Presserat bereits die Veröffentlichung von Leserbriefen kritisiert, wenn diese zum Hass gegen Minderheiten aufriefen. So rügte der Verein vor fünfeinhalb Jahren das "Delmenhorster Kreisblatt" für einen Leserbrief, in dem Schwule und Lesben für ihre "abartige Lebensart" diffamiert wurden (queer.de berichtete). Dies sei einen klarer Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex. Darin heißt es: "Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden." (dk)
Update 11.49 Uhr: Leserbrief gelöscht
Kurz nach Veröffentlichung des queer.de-Artikels ist der Leserbrief nicht mehr auf der Website der "Main-Post" abrufbar.
Update 1.6., 9.36 Uhr: "Main-Post" entschuldigt sich
Die "Main-Post" veröffentlichte am späten Montagnachmittag unter dem alten Link des Leserbriefs einen kurzen Kommentar, in dem sie um Entschuldigung bittet. Autor ist derselbe Redakteur, der noch am Sonntag dem homophoben Leserbrief attestierte, er erfülle "die journalistischen Leitlinien der Main-Post".
Wörtlich heißt es:
Liebe Leserinnen und Leser,
unter dieser Url hatten wir bis Montagmittag einen Leserbrief veröffentlicht, der Bezug auf die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare Mitte Mai in Würzburg nahm.
Diesen Leserbrief haben wir aus dem Netz entfernt, weil er homophob und diskriminierend war. Wir bitten um Entschuldigung.
Gut gemacht, queer.de!
Wollte eigentlich schreiben: Langsam sollte sich durchsetzen, dass Homophobie nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sein kann.
Ist Antisemitismus ja auch nicht.