Zu Update springen: Junge löscht Tweet, Weidel distanziert sich (13:40h)
Neue homophobe Entgleisung aus der AfD: In einem Tweet bezeichnete Uwe Junge, der frühere AfD-Fraktionschef in Rheinland-Pfalz, die Regenbogenbinde von Nationalmannschafts-Kapitän Manuel Neuer am Samstag als "Schwuchtelbinde". Wie bereits beim Spiel gegen Frankreich war der Torwart gegen Portugal mit dem Zeichen für Akzeptanz und Vielfalt aufgelaufen.
Screenshot von Junges Tweet
Gleichzeitig warnte Junge vor einer Pride-Beleuchtung der Münchner Allianz Arena am Mittwoch beim Spiel gegen Ungarn, wie es derzeit unter anderem vom Stadtrat gefordert wird. Wörtlich schrieb der 63-jährige ehemalige Bundeswehroffizier: "Münchener Arena soll beim Ungarn-Spiel in Regenbogenfarben leuchten und Neuer trägt die Schwuchtelbinde statt unsere Nationalfarben. Jetzt fehlt noch der Kniefall und ihr werdet immer mehr Fans verlieren. Muss man sich leisten können."
Kritik aus SPD und Grünen
Aus anderen Parteien kam heftige Kritik an Junges Entgleisung. "Solche Kommentare zeigen, wie schrecklich intolerant Deutschland regiert würde, wenn jemals die AfD mitregieren würde", kommentierte der SPD-Politiker Karl Lauterbach auf Twitter. Der grüne Bundestagsabgeordnete Kai Gehring tweetete: "Ach, Herr Junge, dass Ihre Lieblingsfarbe kackbraun ist, wissen wir bereits."
Über Neuers Regenbogenbinde hatten sich vor Uwe Junge bereits mehrere AfD-Politiker*innen aufgeregt, allerdings in gemäßigter Wortwahl. "Sport sollte Sport bleiben und nicht Vehikel für politische Botschaften sein!", schrieb etwa die Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst auf Twitter. "Haltung ist mittlerweile wichtiger als Leistung!", meinte dort der Fraktionschef der Rechtsaußenpartei im Berliner Abgeordnetenhaus Georg Pazderski.
Manuel Neuer mit Regenbogenbinde beim Spiel gegen Frankreich (Bild: Screenshot ZDF)
Junge hetzte bereits mehrfach gegen LGBTI
Uwe Junge war in den vergangenen Jahren schon mehrfach mit queerfeindlichen Äußerungen aufgefallen. Bereits seine erste längere Rede im Landtag nutzte der damalige AfD-Fraktionschef, um gegen Lesben und Schwule zu wettern. Kinder hätten ein "Recht auf Vater und Mutter, erklärte er im Juni 2016: "Im Blick auf das Kindeswohl und die Tatsache, dass es für jedes zur Adoption stehende Kind viele adoptionsbereite Familien mit Vater, Mutter und Geschwistern gibt, verbietet sich für uns die Adoption in homosexuellen Beziehungen" (queer.de berichtete).
In der Rede, in der er auch Pläne zur Förderung von Akzeptanz von LGBTI als "Umerziehung" kritisierte, sagte Junge weiter, es gebe "weder eine gesellschaftliche noch eine staatstragende Veranlassung", Kinder an gleichgeschlechtliche Eltern zu vermitteln. "Als Statussymbol sind uns unsere Kinder zu schade." An die Landesregierung gerichtet, meinte Junge weiter: "Ihre penetrante Betonung auf bunte Vielfalt ist die bewusste Abkehr vom eigenen Volk."
2019 wurde Junge von seinem ehemaligen Arbeitgeber, der Bundeswehr, wegen eines queerfeindlichen Vorfalls gerügt (queer.de berichtete). Als Oberstleutnant hatte er 2016 eine lesbische Soldatin mit den Worten "Sie können ja sogar wie eine Frau aussehen" gemobbt. In einem weiteren Gespräch mit der betroffenen Soldatin, die selbst Kinder aufzieht, sagte er: "Ehe und Familie sind in Artikel 6 Grundgesetz besonders geschützt: Mutter + Vater + Kinder; die Nation braucht deutsche Kinder." Ein Truppendienstgericht wertete die Äußerungen als Dienstvergehen. (cw)
Update 13.40h: Junge löscht Tweet, Weidel distanziert sich
"Den Tweet zur Kapitänsbinde habe ich gelöscht", schrieb Uwe Junge am Sonntagmorgen bei Twitter. "Für den Begriff 'Schwuchtelbinde' entschuldige ich mich. Inhaltlich bleibe ich dabei, dass derartige Statements nichts an oder auf dem Trikot der Nationalmannschaft zu suchen haben. Unsere Farben sind schwarz, rot und gold."
Eineinhalb Stunden zuvor hatte die AfD-Politikerin Alice Weidel zu einem verlinkten Artikel über die Jung-Äußerung bei Twitter geschrieben: "Das ist nicht die #AfD. @UweJunge wird sich die Partei demnächst von außen anschauen dürfen."
Update 22.6.: Strafanzeige gegen Junge und Forderung nach dienstrechtlichen Ermittlungen
Der Verein QueerNet Rheinland-Pfalz e.V. hat am Montag Strafanzeige gegen Uwe Junge gestellt. "Die Bezeichnung 'Schwuchtel' ist als homophob und menschenverachtend einzuordnen", so der Dachverein mit Sitz in Mainz. "Die Regenbogenfahne als 'Schwuchtelbinde' zu bezeichnen zeigt die homophobe Einstellung in Bezug auf eine gesamte Gruppe von Menschen, die sich selbst aufgrund ihrer sexuellen oder/und ihrer geschlechtlichen ldentität als LSBTIQ* bezeichnen. Diese Außerung ist daher der sogenannten Hasskriminalität zuzuordnen."
Der Verein Queer BW hat zudem dienstrechtliche Ermittlungen des Bundeswehr gefordert. Die Äußerung Junges sei eine "erneute Grenzüberschreitung" und "bewusst gewählter Schritt um die Grundrechte von marginalisierten Gruppen sukzessive in Frage zu stellen", so der Arbeitskreis Homosexueller Angehöriger der Bundeswehr am Dienstag. "QueerBw hat am heutigen Dienstag das Bundesministerium der Verteidigung in einem offenen Brief aufgefordert, Ermittlungen gegen den ehemaligen Stabsoffizier zu eröffnen." Das Soldatengesetz sehe für Offiziere auch nach dem Ausscheiden aus dem Dienst eine Wohlverhaltenspflicht vor. Gegen diese habe der AfD-Politiker mit seiner homophoben Aussage deutlich verstoßen. "Durch seine Aussagen schädigt Uwe Junge das Ansehen unserer Bundeswehr. Hier sind deutliche Zeichen gefragt."
Stellt euch vor es würde jemand abfällig über "N*-Binde" sprechen. Wäre genauso volksverhetzend.