Manuel Neuer mit der Regenbogenbinde im Gespräch mit Teamkameraden vor dem Match gegen Portugal
Die Debatte um die Regenbogenbinde hat am Wochenende viele Menschen bewegt. Auch Politiker*innen äußerten sich zu den inzwischen eingestellten UEFA-Ermittlungen gegen den Deutschen Fußball-Bund, weil Nationaltorwart Manuel Neuer bei den ersten beiden Spielen der Europameisterschaft anlässlich des Pride-Monats in einer Regenbogen-Kapitänsbinde aufgelaufen war (queer.de berichtete).
Sven Lehmmann, der queerpolitische Sprecher der Grünen, zeigte sich auf Twitter empört: "Auf diese absurde Idee kann auch nur die @UEFA kommen. Queere Rechte sind Menschenrechte und Menschenrechte sind politisch nicht verhandelbar!"
Der offen schwule Bundestagsabgeordnete Matthias Höhn, der frühere Bundesgeschäftsführer der Linken, sieht die Ermittlungen der UEFA als symptomatisch für die Homophobie im Profifußball an: "Und da gibt es immer noch Leute, die sich fragen, warum Profi-Fußballer sich nicht outen… Diese Fußballfunktionärskaste aus dem letzten Jahrhundert kann doch einfach mal nach Hause gehen."
Doris Achelwilm, die linke Sprecherin für Queerpolitik, twitterte, dass die UEFA London mit der Verlegung des EM-Finals nach Budapest gedroht hatte, obwohl Ungarn fast zeitgleich ein Gesetz gegen "Homo-Propaganda" beschlossen hat: "Unterirdisch: Erst droht die #UEFA, das EM-Finale ausgerechnet zum Autokraten #Orbán zu verlegen, weil London aufgrund Corona-Lage kein volles Stadion zusichert, nun wird wegen des sehr angemessenen [Regenbogenfahne]-Kapitänssignals 'ermittelt'. Was los mit Euch, UEFA?"
AfD kritisiert "Schwuchtelbinde" als "politische Botschaft" und "Propaganda"
Unterstützung für die Ermittlungen kam dagegen von Rechtsaußen. Queerrechte seien demnach keine Menschenrechte, sondern politisch, wie der AfD-Politiker Malte Kaufmann erklärte: "Ich finde gut, dass jetzt die UEFA wg. Neuers #Regenbogenbinde ermittelt. Was nimmt sich der #DFB hier heraus, uns irgendwelche pol. Statements aufzudrücken, entgegen der Regularien? Und was wird noch alles kommen? Wir wollen Fußball genießen!"
Der Berliner Abgeordnete Harald Laatsch warnte quasi vor Homo-"Propaganda": "Wer im Totalitarismus aufgewachsen ist, kennt diese Politisierung aller Lebensbereiche. In einer weltoffenen, freien und demokratischen Ordnung hat diese Propaganda nichts zu suchen."

Bereits zuvor war Uwe Junge, der ehemalige AfD-Fraktionschef in Rheinland-Pfalz, mit einer Tirade gegen die "Schwuchtelbinde" in die Kritik geraten. Inzwischen hat sich Junge für den Begriff "Schwuchtelbinde" entschuldigt, betonte aber: "Inhaltlich bleibe ich dabei, dass derartige Statements nichts an oder auf dem Trikot der Nationalmannschaft zu suchen haben. Unsere Farben sind schwarz, rot und gold."
FDP-Politiker kritisiert "Kampagne gegen Ungarn"
Nächstes Konfliktfeld dürfte die von der Stadt München angestrebte Regenbogenbeleuchtung der Allianz-Arena beim deutschen Spiel gegen Ungarn am Mittwochabend sein. Zu dieser Idee hat sich die UEFA bislang nicht geäußert (queer.de berichtete).
An dieser Aktion gibt es Kritik aus der FDP. Bereits am Samstag twitterte etwa Gerhard Papke, der frühere FDP-Fraktionschef im NRW-Landtag: "Jetzt wird bei uns sogar der Fußball für die Kampagne gegen #Ungarn missbraucht! Und das als Gastgeber der ungarischen Mannschaft. Diese freche Arroganz gegenüber Völkern, die sich dem linken Mainstream nicht anschließen wollen, ist unerträglich."
Auf die Kritik des FDP-Politikers antwortete Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) mit den Worten: "Schutz vor Diskriminierung und Stigmatisierung ist kein 'linker Mainstream' sondern eine Verpflichtung, die sich aus der Mitgliedschaft in der EU ergibt."
Auf zum Teil sehr lautstarken Widerspruch aus der eigenen Partei reagierte Papke dünnhäutig. So beschuldigte er der Bonner Landtagsabgeordneten Franziska Müller-Rech, die "die vorbildliche Protestaktion gegen Ungarns LGBTQI*-feindliche Politik" lobte, die FDP zu einem "Abziehbild der Grünen" gemacht zu haben. (dk)
Update 16.56h: Entsetzen in der FDP über Papke
Aus der FDP wurde Georg Papke am Montag weiter scharf kritisiert. "Wir wissen alle nicht, was Herr Papke noch in einer liberalen Partei macht", erklärte der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Brandenburg gegenüber queer.de. "Die FDP distanziert sich ständig und auf allen Ebenen von seinen Äußerungen. Der Austritt ist ihm längst nahegelegt." Für die FDP spreche der ehemalige Fraktionschef in NRW "aus guten Gründen schon seit vielen Jahren nicht mehr", so Brandenburg. "Die Münchner FDP setzt h seit Tagen für eine Regenbogenbeleuchtung der Allianz-Arena ein und das unterstützen wir Freie Demokraten auch auf Bundesebene. Es ist schön, dass Manuel Neuer und andere öffentliche Solidarität mit LSBTI zeigen. Das sollten wir unterstützen."
Kritik kam auch von den Liberalen Lesben und Schwulen (LiSL). "Die Aussagen von Gerhard Papke sind für die Positionierung der FDP irrelevant. Er hat weder ein Amt noch ein Mandat für die FDP", erklärte LiSl-Chef Michael Kauch. "Seine abwegigen Aussagen sind nichts als die Meinung einer Privatperson. Wir halten das Statement von DFB und Manuel Neuer für hervorragend und unterstützenswert – so wie es die Landtagsabgeordnete Müller-Rech deutlich gemacht hat."