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Verhetzende Beleidigung

Neue Straftat beschlossen – Trans und Inter nicht geschützt

Schwule, Lesben, Bi- und Pansexuelle dürfen sich freuen: Die "verhetzende Beleidigung" ist jetzt eine Straftat. Hassrede gegen trans- und intergeschlechtliche Menschen klammert der neue §192a jedoch aus.


Die neue Strafvorschrift "verhetzende Beleidigung" wurde als Paragraf 192a in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Verurteilten droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe (Bild: geralt / pixabay)

Mit der Absegnung durch den Bundesrat am vergangenen Freitag wurde der von Bundesregierung und Bundestag beschlossene Straftatbestand der verhetzenden Beleidigung nun eingeführt. Verurteilten droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe.

Geschützt werden sollen mit dem neuen §192a u.a. Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung von Hass motivierte Zuschriften erhalten. Ebenfalls im Gesetz genannt werden "nationale, rassische, religiöse oder ethnische Herkunft", Weltanschauung und Behinderung. Nicht erfasst sind jedoch die Merkmale "Geschlecht" und "Geschlechtsidentität".

Damit schützt die Bundesregierung zwar Homo-, Bi- und Pansexuelle vor Hassrede, nicht jedoch transgeschlechtliche und intersexuelle Menschen sowie Frauen. Queere Politiker*innen und Verbände hatten im Mai gegenüber queer.de das Vorhaben kritisiert, diese Gruppen unterschiedlich zu behandeln (queer.de berichtete).

Gesetzeslücke bei Hassreden

Das Gesetz, das aus dem Hause von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) stammt, ist eine Antwort auf die seit Jahren geführte Debatte, wie besser gegen sogenannte Hassverbrechen und Hassreden vorgegangen werden kann. Mit dem neuen Straftatbestand soll eine Gesetzeslücke geschlossen werden, die zwischen der Beleidigung und der Volksverhetzung angesiedelt ist. Dabei geht es vor allem um unerwünscht zugesandte Nachrichten mit hetzerischen Inhalten gegen die Gruppe, der die jeweiligen Adressat*innen angehören.

In der Vergangenheit waren solche Nachrichten weder als Beleidigung strafbar, da es an der direkten Ansprache mangelt, noch als Volksverhetzung, da es an Publikum mangelt. Letzteres ist jedoch erforderlich, damit eine solche Äußerung "geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören", wie es im entsprechenden Gesetzestext heißt.

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"Jeden und jede vor Anfeindungen schützen"?

Bundesjustizministerin Lambrecht hatte den Vorschlag in einer Pressemitteilung unter anderem damit begründet, man sei "in der Verantwortung, jeden und jede in unserer Gesellschaft vor Anfeindungen und Ausgrenzung zu schützen". Menschenverachtung müsse man "von vornherein den Nährboden entziehen, und, wo immer nötig, konsequent einschreiten".

Doch tatsächlich wird mit dem Gesetz gar nicht jede*r besser vor solchen Nachrichten geschützt. Das hatten auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der ehemalige Grünen-Abgeordnete Volker Beck sowie der Bundesverband Trans* gegenüber queer.de bemängelt. Doch entsprechende Änderungen am Gesetzesvorhaben hat es seitdem nicht gegeben.

Klaus Lederer hatte vor der Schaffung einer "Zweiklassengesellschaft" in Fragen des Schutzes vor Hassrede gewarnt. Mit der Privilegierung der einen Gruppe gehe die Ausgrenzung anderer Gruppen einher. Volker Beck hatte vorgeschlagen, die Merkmale der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität in das Sammelmerkmal "sexuelle Identität" zu vereinen. Für den Bundesverband Trans* wies Gabriel_Nox Koenig auf das Ausmaß hin, in dem binäre und nichtbinäre Transpersonen laut Studienlage Anfeindungen im Internet ausgesetzt sind. Besonders betroffen sind darüber hinaus eben auch Frauen – egal ob cis oder trans.

Kritik auch vom LSVD – insbesondere an SPD

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) nannte den neuen Schutz für Homo-, Bi- und Pansexuelle einen kleinen Lichtblick. Damit werde "die sonst im Strafgesetzbuch vorherrschende Unsichtbarkeit von LSBTI als Zielgruppe politisch motivierter Kriminalität aufgebrochen". Der Verband kritisierte jedoch, dass das Merkmal der geschlechtlichen Identität nicht genannt wird: "Trans- und intergeschlechtliche Menschen sind besonders häufig von Hasskriminalität betroffen, werden durch den neuen Straftatbestand jedoch nicht erfasst."

Queerfeindliche Motive müssten darüber hinaus auch im § 46 des Strafgesetzbuches mit aufgenommen werden, der die Strafzumessung regelt, sowie im § 130 StGB, der Volksverhetzung. Die Kritik richtet der Verband dabei ausdrücklich an die Sozialdemokrat*innen: "Der SPD fehlt es an Kraft, Willen oder Mut, sich gegen eine Union durchzusetzen, die auch in ihrem neuen Wahlprogramm auf 140 Seiten LSBTI mit keiner Silbe erwähnt."

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Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte hatte schon 2008 in einem Bericht (Informationsblatt als PDF) festgestellt, dass Hassverbrechen und Hassreden bei Lesben, Schwulen, Bisexuellen und trans Menschen Angst und Einschüchterung hervorrufen und sie an der uneingeschränkten Teilhabe an der Gesellschaft hindern. Die Agentur hatte darum die EU dazu aufgerufen, entsprechende Schutzmaßnahmen auch für diese Gruppen zu verabschieden.

#1 UnglaublichAnonym
  • 28.06.2021, 16:09h
  • Ken Schutz für trans, inter, Frauen, Leute die von Misogynie betroffen sind. Also wieder nur ein halbes Gesetz. Mit Lücken die ernste, schlimme Folgen haben!

    Und wie kann es sein dass die Bezeichnung "rassische Herkunft" gewählt wurde??? Als trans Person sehe ich darin einen genauso großen Skandal.

    Im Übrigen wäre die Bezeichnung "sexuelle Identität" für trans Menschen und marginalisierte Geschlechter absolut keine Hilfe, weil wir dann wieder nur mitgemeint wären, oder auch nicht je nachdem wer entscheidet.
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#2 UnglaublichAnonym
#3 MagsAnonym
  • 28.06.2021, 16:26h
  • Prima. Dann kann die Frau die beleidigt wird nur hoffen dass sie lesbisch ist. Mich würde dann noch interessieren ob ich als Transfrau die ich ja mit einer Frau verheiratet bin dann als lesbisch gelte. Oder doch nur als verkleideter Mann.
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