Janez Janša war bereits von 2004 bis 2008 und von 2013 bis 2014 slowenischer Ministerpräsident. Im März 2020 übernahm er den Posten erneut (Bild: Culturaldiplomacy / wikipedia)
Mit Slowenien hat seit Donnerstag ein Land den alle sechs Monate wechselnden EU-Ratsvorsitz von Portugal übernommen, dessen Regierungschef wegen seiner autoritären Haltung und LGBTI-Feindlichkeit in der Kritik steht. Ministerpräsident Janez Janša machte in den letzten Monaten von sich reden, weil er die Arbeit der neuen Europäischen Staatsanwaltschaft behinderte. Zudem werden dem Rechtsnationalen Angriffe gegen die Pressefreiheit vorgeworfen – so setzte er die Finanzierung für Sloweniens einzige Nachrichtenagentur STA aus.
Seit Jahren kämpft Janša auch gegen LGBTI-Rechte. So setzte er sich 2015 dafür ein, dass das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben wieder eingeführt wird – damals hatte ein entsprechender Volksentscheid Erfolg (queer.de berichtete). Der damalige Oppositionspolitiker Janša gehörte zu den lautstärksten Gegnern der Gleichbehandlung und behauptete: "Es ist nicht möglich, eine Zukunft für Slowenien mit gleichgeschlechtlichen Paaren aufzubauen."
Janša unterstützt Orbán
Janša war laut Medienberichten außerdem der einzige Regierungschef neben dem homophoben polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki, der beim EU-Gipfel die queerfeindliche Linie des ungarischen Machthabers Viktor Orbán unterstützte. Hintergrund ist der Streit um das "Homo-Propaganda"-Gesetz, das Mitte Juni vom ungarischen Parlament beschlossen worden war (queer.de berichtete).
Im Europaparlament gibt es Befürchtungen, dass Janša seinen Einfluss nutzen könnte, um die Demokratie in der EU aufzuweichen. Der Linken-Fraktionschef Martin Schirdewan kritisierte Janša als "Möchtegern-Trump" und erklärte: "Mit der Übernahme der Ratspräsidentschaft durch Slowenien wird der Bock in Sachen Demokratie und Rechtstaatlichkeit zum Gärtner gemacht. Das offenbart die tiefe Krise, in der die EU gerade steckt."
Das Land mit dem EU-Ratsvorsitz hat unter anderem die Aufgabe, Tagungen des Europäischen Rates zu organisieren, bei Problemen zwischen Mitgliedstaaten zu vermitteln und die EU nach außen zu repräsentieren. Slowenien hat angekündigt, sich in seiner Präsidentschaft für schnellere Fortschritte bei EU-Beitrittsgesprächen mit den noch nicht aufgenommenen Balkanländern einzusetzen. Zudem sollen Kompromisse im jahrelangen Streit über eine EU-Asylreform angestrebt werden und die Widerstandsfähigkeit der Union gegen Krisen wie die Corona-Pandemie vorangetrieben werden. Das kleine Land mit rund 2,1 Millionen Einwohner*innen hat ansonsten bei europäischen Entscheidungsprozessen keinen großen Einfluss. Im nächsten halben Jahr wird es aber den Kurs der Union entscheidend mit beeinflussen. (dk)