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Deutsche Studie
Fast ein Zehntel der Bevölkerung findet gleichgeschlechtliche Küsse "ekelhaft"
Vorurteile gegen queere Menschen nehmen laut einer neuen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zwar leicht ab, sind aber immer noch weit verbreitet. Die Autor*innen warnen zudem, dass die gesellschaftliche Mitte anfällig für Hassbotschaften sei.

Küssendes Paar beim CSD: Viele Deutsche haben nach wie vor Probleme mit der Existenz sexueller und geschlechtlicher Minderheiten (Bild: Khaki / flickr)
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6. Juli 2021, 09:26h 3 Min.
Viele Menschen in Deutschland haben immer noch Vorbehalte gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten, allerdings seien diese Haltungen eher rückläufig. Das geht aus der Studie "Die geforderte Mitte" der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung hervor, die vergangenen Monat veröffentlicht wurde (PDF). Der Aussage "Es ist ekelhaft, wenn Homosexuelle sich in der Öffentlichkeit küssen" stimmen demnach fünf Prozent der Bevölkerung "voll und ganz" zu. Weitere vier Prozent halten diese Aussage für "eher zutreffend". Zwölf Prozent antworteten mit "teils/teils", halten diese Aussage aber zumindest teilweise für richtig. 20 Prozent stimmten dagegen eher nicht zu, 60 Prozent überhaupt nicht.
Der Lesben und Schwulenverband verweist angesichts des heutigen "Tages des Kusses" auf diese Studie und erklärt: "Wenn vor jedem verliebten Blick, vor einer Umarmung, vor einem Kuss im öffentlichen Raum zuerst die Umgebung gecheckt werden muss, ist das eine erhebliche Einschränkung von Freiheit."
/ lsvd#TagdesKusses Wenn vor jedem verliebten Blick, vor einer Umarmung, vor einem Kuss im öffentlichen Raum zuerst die Umgebung gecheckt werden muss, ist das eine erhebliche Einschränkung von Freiheit. #Hasskriminalität #Alltagshomophobie #MeQueer pic.twitter.com/T9yGykZf0o
LSVD-Bundesverband (@lsvd) July 6, 2021
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Bei einer EU-Umfrage aus dem Jahr 2019 war sogar herausgekommen, dass rund ein Viertel der Deutschen Probleme mit gleichgeschlechtlichen Küssen in der Öffentlichkeit hat (queer.de berichtete). Hier war aber gezielt nach öffentlichen Liebkosungen gefragt worden und das abwertende Wort "ekelhaft" nicht verwendet worden.
Weitere Ergebnisse der neuen Studie: Die Aussage "Homosexualität ist unmoralisch" unterstützen sechs Prozent der deutschen Bevölkerung, der Aussage "Ich finde es albern, wenn ein Mann lieber eine Frau sein will oder umgekehrt, eine Frau lieber ein Mann" stimmen sogar elf Prozent zu. 14 Prozent fordern zudem, dass trans Menschen versuchen sollten, "nicht so aufzufallen".
Viele Deutsche befürchten "Homo-Propaganda"
Auch die von der AfD verbreitete Mär von böser "Homo-Propaganda" in Schulen hält mehr als jede und jeder sechste Deutsche für Realität: So befürworteten 17 Prozent die Aussage: "Das ganze Gerede von sexueller Vielfalt verhindert, dass Kinder sich normal entwickeln." Weitere 18 Prozent antworteten mit "teils/teils".
Insgesamt nähmen LGBTI-feindliche Vorurteile laut der Studie jedoch ab: So seien abwertende Haltungen im Vergleich zur Studie vor zwei Jahren leicht gesunken, ebenso wie andere gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Rassismus, Sexismus oder die Abwertung Wohnungsloser. Antisemitismus nehme in Deutschland aber wieder zu, so die Autor*innen. Zudem gebe es einen "größeren Teil an ambivalenten 'Teils/teils'-Zustimmungen". Diese seien relevant, "weil jene, die den Vorurteilen 'teils/teils' zustimmen, den Zustimmenden ähnlicher sind als jenen Befragten, die die vorurteilslastigen Aussagen ablehnen". Ambivalenz und zunehmende demokratiefeindliche Einstellungen seien ein Anlass zur Sorge.
Große Unterschiede bei gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gibt es zwischen Anhänger*innen der demokratischen Parteien auf der einen sowie Fans der AfD auf der anderen Seite. Auch viele Nichtwähler*innen zeigten überdurchschnittlich häufig Vorurteile gegen Minderheiten. Am wenigsten abwertend gegenüber homosexuellen und trans Menschen sind laut der Studie FDP-Anhänger*innen eingestellt.

(Bild: Friedrich-Ebert-Stiftung)
Die Autor*innen warnen, dass die augenblicklich Toleranz gegenüber vielen Minderheiten in großen Teilen der Bevölkerung nicht in Stein gemeißelt sei: "Populismus ist auch in Teilen der Mitte anschlussfähig und die Mitte kann bei auch dort schwelenden Ressentiments abgeholt werden."















Homophobie muss endlich ausgerottet werden.