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Georgien
Tiflis: Nationalisten greifen "Freiheits"-Kundgebung an
Nach den homofeindlichen Ausschreitungen wollten Tausende am Dienstag ein friedliches Zeichen vor dem Parlament setzen. Gegendemonstranten bewarfen sie mit Eiern und Flaschen und prügelten sich mit der Polizei.
- 6. Juli 2021, 21:28h 2 Min.
In der georgischen Hauptstadt Tiflis ist es am Dienstagabend am zweiten Tag in Folge zu Ausschreitungen durch homofeindliche Nationalisten und orthodoxe Gläubige gekommen.
Twitter / OCMediaorgFar-right counter-protesters are making repeated attempts to break through police lines in central Tbilisi. pic.twitter.com/lBksm6Zf6N
OC Media (@OCMediaorg) July 6, 2021
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Zunächst hatten sich mehrere tausend Menschen friedlich vor dem Parlament versammelt, um ein Zeichen gegen Gewalt, für Pressefreiheit und für queere Menschen zu setzen. Dabei waren auch viele LGBTI rund um den CSD anwesend, die am Vortag ihre Demonstration absagen mussten, und es waren viele Pride- und Europaflaggen zu sehen. Zu der stillen Kundgebung "For Freedom" hatten Menschenrechtsgruppen und Oppositionsparteien aufgerufen.
Twitter / ShamemovementHate groups are throwing eggs and glass bottles towards #FoFreefom silent rally. #TbilisiPride21 #TbilisiPride2021 #Georgia pic.twitter.com/6mLiavFKAx
Shame Movement (@Shamemovement) July 6, 2021
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Gegendemonstranten versammelten sich in der Gegend und begannen dann Medienberichten zufolge, zu der "Freiheits"-Demo vorzudringen. Dabei lieferten sie sich teils Handgemenge mit der Polizei, die Bildern zufolge mehrere Menschen festnahm. Polizeiabsperrungen hielten aber offenbar. Aus der Menge der Radikalen heraus flogen allerdings auch Eier, Steine, Glasflaschen und wohl auch vereinzelte Explosivgeschosse auf die Teilnehmenden der Kundgebung am Parlament.
Twitter / TbilisiPrideHistoric picture. Us in front of the Parliament of Georgia with 7,000 people pic.twitter.com/0P1eMhJmiB
Tbilisi Pride (@TbilisiPride) July 6, 2021
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Am späten Abend begann die Polizei, die friedliche Menge vom Parlament teils in Bussen sicher aus dem Bereich zu eskortieren. Noch am späten Abend – Georgien liegt zwei Stunden vor Deutschland – war die Situation angespannt.
Twitter / OCMediaorgHomophobic counterprotesters have now surrounded the main demonstration outside the Georgian parliament on both sides. They continue to throw objects including sand-filled bottles and firecrackers. pic.twitter.com/08PXQxAT8F
OC Media (@OCMediaorg) July 6, 2021
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Twitter / ShamemovementHate groups just overthrew and set #EU flag in fire which was erected in front of the Parliament today. #Georgia #TbilisiPride21 #ForFreedom pic.twitter.com/H8hMONvaEk
Shame Movement (@Shamemovement) July 6, 2021
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Letzte Entwicklungen lassen sich unter anderem über den Twitter-Kanal des Pride oder die Facebook-Livestreams der Sender Formula und Pirveli verfolgen.
Tag des Hasses und Staatsversagens
Am Montag hatten seit dem frühen Morgen hunderte teils russlandnahe Nationalisten und orthodoxe Aktivisten, teilweise angefeuert von Priestern und größtenteils unbehelligt von der Polizei, stundenlang in der Innenstadt randaliert, wo eigentlich am Nachmittag eine CSD-Demo stattfinden sollte. Die Angreifer zerstörten Oppositionszelte und eine EU-Flagge am Parlament, griffen im Laufe des Tages mehr als 50 Journalistinnen und Journalisten an und stürmten die Büros einer Oppositionsorganisation sowie der Pride-Veranstalter.
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Der CSD sagte letztlich seine Demonstration resigniert ab, nachdem die Regierung ihm keinen Schutz garantieren wollte und zur Aufgabe aufforderte. Regierungschef Irakli Garibaschwili hatte gar betont, dass Pride-Demonstrationen "für einen Großteil der georgischen Gesellschaft inakzeptabel" seien. In den letzten Jahren war es in Georgien rund um LGBTI-Kundgebungen und sogar um die Vorführung eines Films mit schwuler Thematik immer wieder zu schwerer Gewalt und Ausschreitungen gekommen (mehr im Vorbericht). (nb)

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