Das Cover des Buches, das die ungarischen Behörden aus Buchhandlungen verbannen wollen
Die Behörden in Ungarn haben eine Buchhandlung bestraft, weil sie ein Märchenbuch über eine Regenbogenfamilie ohne besondere Kennzeichnung verkauft hatte. Dies gab der Leiter des Regierungsamts für den Bezirk Pest, Richard Tarnai, am Dienstagabend im regierungsnahen Fernsehsender Hir TV bekannt. Das Buch "Micsoda család!" (Was für eine Familie!) von Lawrence Schimel und Elīna Brasliņa hätte demnach gekennzeichnet werden müssen, weil es "keine normalen Familien darstellt". Das Regierungsamt verhängte deshalb eine Strafe in Höhe von 250.000 Forint (rund 700 Euro).
Tarnai bezog sich nicht auf das erst Mitte Juni beschlossene umstrittene Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homo- und Transsexualität (queer.de berichtete). Das Verfahren gegen die Buchhandlung sei bereits vor der Beschlussfassung des Gesetzes eingeleitet worden. Vielmehr sei das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb zur Anwendung gelangt.
Der Regierungskommissar legte dieses so aus, dass eine Kennzeichnungspflicht besteht, wenn ein Produkt nicht den Werten der Verfassung entspreche. Das 2011 von Ministerpräsident Viktor Orbán geschaffene ungarische Grundgesetz beinhaltet den Grundsatz, dass eine Ehe aus Mann und Frau besteht. Nach einer Verfassungsänderung im letzten Jahr wird zudem der Schutz der Familie betont, die auf einer Ehe und der Beziehung zwischen Eltern und Kindern aufbaue (queer.de berichtete).
Buch thematisiert Sexualität nicht
Das Märchenbuch des amerikanischen Schriftstellers Schimel und der lettischen Zeichnerin Brasliņa handelt von einem Jungen mit zwei Müttern und einem Mädchen mit zwei Vätern. Erzählt werden Alltagsbegebenheiten, Sexualität wird nicht thematisiert.
"Es ist inakzeptabel, Bilderbücher stigmatisierend mit Labeln zu versehen", kommentierte die queere Organisation "Háttér Társaság". Man biete der mit Geldbußen belegten Buchhandlung eine kostenlose Rechtsvertretung an. Bereits im Januar hatte die Regierung gefordert, ein von einer Lesbenorganisation herausgegebenes Kinderbuch mit einem Warnhinweis zu versehen (queer.de berichtete).
Das im letzten Monat beschlossene Gesetz verbietet es unter anderem, dass Bücher und andere Inhaltsträger, die Homo- oder Transsexualität "bewerben" oder darstellen, Menschen unter 18 Jahren zugänglich gemacht werden. Das Gesetz ist nicht zuletzt von der Europäischen Union heftig kritisiert worden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete es am Mittwoch im Europaparlament als "schändlich" (queer.de berichtete). (dpa/dk)
Ich hoffe, dass in diesem Fall bis auf europäische Ebene (EU und Europarat mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte), prozessiert wird. Dies ist ein Präzedenzfall für alle Menschen in Europa.
Aber wie kann ein Bilderbuch für Kinder solche Reaktionen von der Obrigkeit hervorrufen? Das ist peinlich, lächerlich und kleinkariert.