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Erinnerung

Gedenkstätte Ravensbrück: Gedenkzeichen für inhaftierte Lesben beschlossen

Nach jahrelangem Streit innerhalb der Community ist es endlich sicher: Nächstes Jahr wird eine Gedenkkugel für lesbische Opfer der Nazi-Diktatur im KZ Ravensbrück eingeweiht.


So soll die Gedenkkugel aussehen (Bild: BMH)
  • 14. Juli 2021, 13:40h 4 3 Min.

In der Gedenkstätte Ravensbrück im nordbrandenburgischen Fürstenberg/Havel soll ein Zeichen für die lesbischen Häftlinge in dem ehemaligen NS-Frauen-Konzentrationslager errichtet werden. Dies habe der Vorstand der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und die Leitung der Gedenkstätte Ravensbrück beschlossen, teilte die Stiftung am Mittwoch mit. Das Gedenkzeichen in Form einer aus Keramik gestalteten Kugel solle zum 77. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Ravensbrück im April 2022 auf dem Gedenkareal an der früheren Lagermauer eingeweiht werden, kündigte die Stiftung an.

Das Gedenkzeichen sei von einem breiten Bündnis von Unterstützer*­innen angeregt worden, hieß es in der Mitteilung. Daraufhin sei bei dem Berliner Historiker Professor Martin Lücke ein Gutachten zum Schicksal von Lesben in dem NS-Konzentrationslager in Auftrag gegeben worden. Auf Grundlage dieses Gutachtens habe die Fachkommission der Stiftung den Nachweis der Verfolgung lesbischer Frauen innerhalb und außerhalb des Lagers als erwiesen beurteilt.

"In Gedenken aller lesbischer Frauen und Mädchen im Frauen-KZ Ravensbrück und Uckermark", soll es auf der Kugel heißen. "Sie wurden verfolgt, inhaftiert, auch ermordet. Ihr seid nicht vergessen."

"Endlich kommt das lange geforderte Gedenkzeichen für die lesbischen Häftlinge", erklärte Jörg Litwinschuh-Barthel, der scheidende Chef der Bundes­stiftung Magnus Hirschfeld. "Ich begrüße die Entscheidung der Gedenkstätte sehr und danke allen Personen und Initiativen, die viele Jahre lang für diese wichtige Erinnerung gekämpft haben."

Auch der LesbenRing zeigte sich erfreut: "Seit Langem kämpfen Aktivist*­innen um die Anerkennung der Verfolgung von Lesben. Lesbische Frauen und Mädchen wurden während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, inhaftiert und auch ermordet", so Vorstandsmitglied Marion Lüttig. "Sie galten durch ihre Unabhängigkeit als 'entartet' und asozial. Sie wurden psychiatrisiert, zur Prostitution in Lagern gezwungen und inhaftiert". Es werde Zeit, den lesbischen Frauen und Mädchen einen angemessenen Ort des Gedenkens zuzugestehen und ein Gedenkzeichen dauerhaft vor Ort niederzulegen.

Mehrjährige, teils hitzige Diskussion

Viele queere Verbände hatten sich mehrere Jahre lang für eine derartige Gedenkstätte für lesbische Opfer der Nazis engagiert (queer.de berichtete). Andere (männliche) Aktivisten kritisierten dagegen, dass die Verfolgung von Lesben unter den Nationalsozialist*­innen eher vernachlässigbar gewesen sei – ein Vertreter des LSVD Berlin-Brandenburg sprach etwa von der "Legende einer Lesbenverfolgung", weil der Paragraf 175 nur gegen schwule Männer gerichtet gewesen sei. Andere Historiker*­innen wiesen jedoch darauf hin, dass homo­sexuelle Frauen ebenso verfolgt wurden, etwa als "Asoziale".

Bei dem Streit kam es zu teils aggressiven Scharmützeln zwischen lesbischen Aktivistinnen und schwulen Aktivisten, bei denen etwa Beschimpfungen wie "Krawalllesbe" gefallen sind (queer.de berichtete). In den letzten Jahren hatten sich aber viele Seiten aufeinander zubewegt – der letzte gemeinsame Antrag zur Gedenkkugel und ihrem Text wurde von den Initiatorinnen rund um die Gruppe "Autonome feministische Frauen und Lesben aus Deutschland und Österreich" ebenso unterstützt wie etwa Bundesverband des LSVD und dem Fachverband Homosexualität und Geschichte (FHG).

Das 1938/39 von der SS errichtete KZ Ravensbrück war nach Angaben der Stiftung das zentrale Konzentrationslager für Frauen. Zwischen 1939 und 1945 seien dort etwa 120.000 Frauen und 20.000 Männer aus mehr als 30 Nationen inhaftiert worden. Zehntausende wurden ermordet oder starben an Hunger, Krankheiten oder durch medizinische Experimente. Das Lager wurde im April 1945 von der Roten Armee befreit und ist seit 1959 Gedenkstätte. (dpa/cw)

#1 goddamn liberalAnonym
  • 14.07.2021, 17:47h
  • Das ist gut und richtig.

    Es gibt aber immer noch Opfergruppen, die heute noch unbequem sind.

    Sexarbeiterinnen zum Beispiel.

    Und natürlich seit der Wende der nicht zu unterschätzende kommunistische Widerstand mit seinen vielen Faschismusopfern.
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#2 _hh_Anonym
  • 15.07.2021, 08:32h
  • Es freut mich sehr, dass der zähe Kampf nun endlich zum Erfolg führt! Der Widerstand einzelner Schwanzträger gegen dieses Gedenken ist peinlich - ich spreche hier als schwuler Mann, dem gedenkpolitische Solidarität zwischen den Verfolgtengruppen wichtig ist.
    Einen kleinen Nachgeschmack hat es, dass die vielen Forschungen von lesbischen Historikerinnen offenbar nicht reichten, um das Gedenken durchzusetzen; es musste noch ein männlicher Professor die Sache "absegnen". Das ist KEINE Kritik an Martin Lücke, vielmehr ist es sehr dankenswert, dass er das entscheidende positive Gutachten verfasst hat. Es wäre nur NOCH schöner gewesen, wenn es das nicht gebraucht hätte.
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#3 SelmerAnonym
  • 15.07.2021, 11:16h
  • Antwort auf #1 von goddamn liberal
  • Nur weibliche? Ich kann mir vorstellen dass männliche Sexarbeiter auch nicht gerade akzeptiert wurden. Oder würdest du die in die homosexuelle Gruppe einordnen? Unabhängig davon ob sie es waren oder nicht, haben die Nazis das sicher gleichgesetzt.
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