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Bundestagswahl

Tessa Ganserer steht mit Deadname auf dem Wahlzettel

Da die "Personenstandsänderung noch nicht gerichtlich festgestellt wurde", wird die trans Politikerin der Grünen bei der Bundestagswahl im September wohl nicht als Tessa gelistet.


Tessa Ganserer hat sich 2018 als trans geoutet. Die queerpolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag will im September in den Bundestag einziehen (Bild: Kunterbunt Amberg)

  • 28. Juli 2021, 05:45h 110 3 Min.

Als "verwirrend für die Wählerinnen und Wähler" und "schmerzhaft für mich selbst" bezeichnete die grüne Bundestagskandidatin Tessa Ganserer den Plan der Wahlbehörde, die trans Politikerin mit ihrem Deadname auf den Wahlzettel zu drucken. Darüber berichtete am Dienstag der "Spiegel" (Bezahlartikel).

Ganserer war im Februar von den Grünen als Direktkandidatin in Nürnberg aufgestellt worden (queer.de berichtete). Prognosen sehen die 44-Jährige gleichauf mit ihrem CSU-Mitbewerber Sebastian Brehm. Darüber ist die langjährige Landtagsabgeordnete über den sehr aussichtsreichen Listenplatz 13 der bayerischen Grünen abgesichert (queer.de berichtete).

Ganserer lehnt das Transsexuellengesetz ab

Die sogenannte Wählbarkeitsbescheinigung könne nicht auf den Namen Tessa ausgestellt werden, da die "Personenstandsänderung noch nicht gerichtlich festgestellt wurde", teilte das zuständige Bürgeramt der Politikerin mit. Auf dem Wahlzettel am 26. September wird daher aller Voraussicht nach – wie in ihrem Ausweis – der alte, männliche Vorname stehen.

Für Ganserer eine "Demütigung", denn sie hat bewusst nicht das als Schikane empfundene langwierige Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags nach dem veralteten Transsexuellengesetz begonnen. "Ich kann nicht auf der einen Seite politisch dagegen ankämpfen und mich dem auf der anderen Seite dann selbst unterziehen", erklärte die Bundestagskandidatin gegenüber dem "Spiegel". Aktuell klagt sie vor dem Amtsgericht Nürnberg, ihren Personenstand ohne auch die beiden vorgeschrieben teuren Gutachten und Absegnung durch ein Gericht ändern zu dürfen.

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Seit fast drei Jahren als Frau in der Öffentlichkeit

"Der Fall Ganserer ist ein ganz besonderer", erklärte ihre Anwältin Laura Adamietz. "Selbst wenn man sagt, man muss prüfen, ob es jemand ernst meint mit der Personenstandsänderung – bei Frau Ganserer ist das einfach hinfällig. Sie steht seit bald drei Jahren als Frau in der Öffentlichkeit. Auch im Bayerischen Landtag wird sie inzwischen nur noch mit Tessa Ganserer angesprochen, viel offizieller geht es eigentlich nicht." Ganserer besitzt laut "Spiegel" auch eine Sozialversicherungsnummer mit weiblicher Codierung.

Falls das Amtsgericht ihren Antrag ablehnt, werde sie "notfalls auch bis vor das Bundesverfassungsgericht" ziehen, kündigte die Grünen-Politikerin an. "Und ich werde mich umso härter dafür einsetzen, dass das Transsexuellengesetz da landet, wo es hingehört: auf den Müllhaufen der Geschichte." (cw)

 Update  12.10h: "Tessa ist Tessa und niemand sonst"

Sven Lehmann, queerpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, sprang seiner Parteifreundin am Mittwoch zur Seite. "Tessa ist Tessa und niemand sonst", erklärte Lehmann. Der Vorgang zeige, "wie sehr das Transsexuellengesetz die Persönlichkeitsrechte von Menschen verletzt. Es ist eine Zumutung, wenn der abgelegte Name und damit das falsche Geschlecht nun auf offiziellen Wahldokumenten auftaucht".

Die Frage der geschlechtlichen Identität sei eine höchstpersönliche, das habe auch das Bundesverfassungsgericht zum Ausdruck gebracht, so der Kölner Bundestagsabgeordnete. "Über sein Geschlecht kann nur eine Person Auskunft geben und das ist jeder Mensch selber. Deswegen müssen Fremdbegutachtungen durch Dritte abgeschafft werden."

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#1 MagsAnonym
  • 28.07.2021, 08:15h
  • Und wenn man zwar auch Trans ist, auch seit weit mehr als drei Jahren offen als Frau lebt, aber blöderweise nicht im Landtag sitzt, dann hat man halt Pech gehabt. Ganz schön arrogant diese Ansage. Als ob es entscheidend ist welcher Beruf ausgeübt wird. Unter dem dämlichen TSG leiden wir alle gleich. Auf meiner Wahlkarte wird schließlich auch wieder mein Deadname stehen.
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#2 FibUAnonym
  • 28.07.2021, 08:27h
  • Ich kann es gut nachvollziehen, wenn sie ein Verfahren was sie ablehnt und wogegen sie klagt nicht selbst in Anspruch nimmt aber die Informationen auf einem Wahlzettel müssen schon das beinhalten was offiziell ist.
    Hier geht es darum, dass die Wähler grundsätzlich auch wissen wen sie wählen.
    Dass die Wahl gerade in der Zeit einer Klage und vor Entscheid stattfindet, ist dann halt so.
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#3 Still_Ith_Ehemaliges Profil
  • 28.07.2021, 08:40h
  • Ein "Willkommen im Klub" an sie, und meinen Respekt, dass sie den Mist auch einfach mal nicht mitmacht.

    Ich hab das jetzt seit der Zeit vor 2010. Man braucht schon ein Fell, weil man keine Rechte hat - nicht aufs Stealth-Sein, nicht auf einen Arbeitsvertrag ohne Deadname, auf gar kein Stück Akzeptanz und sie werden es dir immer und immer und immer wieder unter die Nase reiben, und einige werden das regelmäßig mit sadistischer Genugtuung ausnutzen, um über die Nennung mit dem Deadname dafür zu sorgen, dass du instant überall out _bist_, falls du neu wohin kommst und man dich nicht kennt.

    Aber gut. Wenn man eh out lebt, bewahrt man sich damit immer noch mehr von der persönlichen Integrität, als wenn man sich zu einem zu begutachtenden Etwas degradieren lässt.
    Ich freu mich über trans*-Leute, die das so handhaben wie ich, auch wenn ich den Druck kenne, den das bedeutet, und deswegen sehr wohl Verständnis für diejenigen habe, die es über sich ergehen lassen und beten, Menschen (Richter*innen, Ärzt*innen, Gutachter*innen) vorgesetzt zu bekommen, die uns zumindest nicht offen hassen, sondern trotz der Willkür, die der Staat ihnen zugesteht, einigermaßen gnädig und menschlich bleiben. Verlassen kann man sich leider nichtmal darauf.

    Danke für das Out und Proud. Wir müssten noch viel mehr werden.
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