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Mecklenburg-Vorpommern
Polizeisprecher wegen Zeigens von Regenbogenfahne strafversetzt
Ein Fall aus dem hohen Norden zeigt, wie schwer sich die deutsche Polizei noch mit der Akzeptanz queerer Menschen tut.

Für Teile der mecklenburg-vorpommerschen Polizei ist die Regenbogenfahne ein Tabu (Bild: suzannademey / flickr)
- 29. Juli 2021, 09:42h 3 Min.
Steffen Salow hat seine Position als Pressesprecher der Polizeiinspektion Schwerin verloren, weil er zur CSD-Saison im Juni das Profilbild seiner Dienstelle auf Facebook mit einer Regenbogenfahne versehen hatte. Wie die "Schweriner Volkszeitung" (Bezahlartikel) berichtet, habe die Polizei diesen Vorfall bestätigt.
Dem Bericht zufolge hatte Salow am 23. Juni gesehen, dass die Polizei Anklam im Landkreis Vorpommern-Greifswald – wie viele andere Polizeidienststellen in ganz Deutschland – den Regenbogen in ihren Profilen in sozialen Medien gezeigt hatte. Laut Sprecherkolleg*innen und Gewerkschafter*innen habe sich Salow auf der richtigen Seite gewähnt, als er auch auf den Profilen seiner Polizeidienststelle ein Regenbogensymbol veröffentlichte. Als direkte Folge wurde er jedoch innerhalb der Behörde strafversetzt.
/ Polizei_SN | Ein Tweet der Polizei mit Steffen Salow, bevor er in Ungnade gefallen istDanke für Euer Interesse an unseren Meldungen. Wie sind gerne weiter für Euch da. Eure Schweriner Polizei pic.twitter.com/eyq82XtSm3
Polizei Schwerin (@Polizei_SN) November 18, 2017
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Der Rostocker Polizeipräsident Peter Mainka, der auch für Schwerin verantwortlich ist, wollte sich gegenüber der Presse nicht persönlich zu dem Fall äußern. Seine Sprecherin Sophie Pawelke ließ er gegenüber der "Schweriner Volkszeitung" bestätigen, dass die Regenbogenfahne als verbotenes politisches Symbol angesehen werde: "Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt geführten politischen Debatten rund um dieses Symbol (EM-Spiel Deutschland : Ungarn) hat sich das Polizeipräsidium Rostock dazu entschieden, sich nicht an der politischen Diskussion zu beteiligen. Die Behördenleitung vertritt hier die klare Auffassung, als Polizei grundsätzlich neutral aufzutreten", so Pawelke. Es habe dahingehend eine Verfügung des Präsidenten zu einem einheitlichen Vorgehen gegeben. Das Zeigen der Regenbogenflagge sei also "nicht nur zeitlich sehr unpassend" gewesen, sondern habe "gegen zuvor getroffene interne Regelungen" verstoßen. Der beschuldigte Salow darf sich nicht öffentlich zu dem Vorgang äußern.
In anderen Städten betrachtet die Polizei die Regenbogenfahne nicht als verbotenes politisches Symbol. Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik hisste etwa fast zeitgleich zum Schweriner Verbot eine Regenbogenfahne. Dazu postete die Behörde auf Twitter Bilder und erklärte, dass es sich bei der Flagge um ein "Zeichen für Offenheit, Gleichstellung und gegen Diskriminierung, Homo- und Transphobie" handle.
/ PolizeiBerlin_PIm #Pride2021-Monat setzen wir bei sommerlichen Temperaturen durch Hissen der #Regenbogenflagge Zeichen für #Offenheit, #Gleichstellung und gegen #Diskriminierung, #Homo- und #Transphobie. Unsere #Präsidentin in Action
Polizei Berlin Prävention (@PolizeiBerlin_P) June 28, 2021
^präv pic.twitter.com/XAHrhwQV6s
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Ebenfalls zur fast gleichen Zeit verkündete die Landespolizei Schleswig-Holstein auf Twitter: "Der Regenbogen ist für uns kein politisches Symbol, sondern ein Zeichen für Toleranz, Respekt und Menschlichkeit. Während die Allianz-Arena heute dunkel bleibt, zeigen wir Flagge für Vielfalt."
/ SH_PolizeiDer #Regenbogen ist für uns kein politisches Symbol, sondern ein Zeichen für #Toleranz, #Respekt und Menschlichkeit. Während die Allianz-Arena heute dunkel bleibt, zeigen wir Flagge für Vielfalt. pic.twitter.com/yY6NsdP9HQ
Polizei SH (@SH_Polizei) June 23, 2021
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Das CDU-geführte Innenministerium in Schwerin ließ über eine Sprecherin ausrichten, dass die Landespolizei für Offenheit und Toleranz stehe. Man werde nun überprüfen, warum das Thema in Schwerin und Anklam unterschiedlich behandelt wurde: "Ganz offensichtlich gibt es in den Präsidien unterschiedliches Vorgehen bei der Nutzung offizieller hoheitlicher Symbole." Man müsse nun dafür sorgen, dass die Landespolizei bei dem Thema "einheitlich" auftreten solle. Ob dies bedeutet, dass künftig in allen Polizeidienststellen Regenbogen verboten werden oder überall erlaubt, sagte sie nicht.
Polizei auf der "Seite homo- und transphober Täter"
Scharfe Kritik am Vorgehen der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern kommt aus der LGBTI-Community. "Wenn jemand seinen Job verlieren kann, weil er sich für Toleranz und Weltoffenheit einsetzt, kann das von der breiten Masse derzeit doch nur noch so verstanden werden, dass die Polizei in M-V auf der Seite homo- und transphober Täter stehen wird", erklärte etwa Reno Banz, der Landesvorsitzende von SPDqueer. Aber: "Wir wissen durch unsere guten Erfahrungen und Zusammenarbeit insbesondere mit den Ansprechpartner*innen vor Ort, dass dies nicht so ist." Daher forderte er das Innenministerium auf, den Vorgang "restlos aufzuklären". Sollten sich die geschilderten Tatsachen am Ende bestätigen, müsse geprüft werden, "ob Polizeipräsident Peter Mainka das für seinen wichtigen Posten auch mit Außenwirkung notwendige Fingerspitzengefühl hat". (dk)
















