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Kinotipp
Mit 16 auf der Suche im Sex-Labyrinth
Sequin lernt auf einer schwulen App einen Typen nach dem anderen kennen. Normalerweise blockt er sie danach, doch ein Date muss er wiederfinden. Der ästhetische Sex-Thriller "Sequin in a Blue Room" läuft im August in der queerfilmnacht.

Der 16-jährige Sequin wird zu einer mysteriösen Gruppensex-Party in den Blue Room eingeladen (Bild: Salzgeber)
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1. August 2021, 03:50h 3 Min.
18, twink, curious: Das hat Sequin in seinem "Anon"-Profil stehen. Zwei der drei Infos, die er in der schwulen Sex-App verrät, sind gelogen. Er ist erst 16, und curious geht höchstens als unschuldig wirkender Euphemismus dafür durch, dass er genau weiß, was er will: anonyme Sexdates. Die dritte Info entspricht dafür umso mehr der Wahrheit: Sequin ist ein Twink, wie er im Buche steht. Conor Leach, selbst bisexuell, in seiner ersten Filmrolle könnte keine bessere Besetzung sein.
Sequin trifft Männer, will bei ihnen nichts trinken, sondern gleich zur Sache kommen. Danach blockiert er sie. Ich treffe niemanden ein zweites Mal, so läuft das nun mal, sagt er zu einem Typen, und man merkt ihm an, dass er etwas stolz ist auf den Satz, den er sich aus einem Comic geliehen hat.
Ein Abschlussfilm, dem man das schmale Budget nicht ansieht
Dann erhält er über die App eine Einladung in den Blue Room. Eine Sexparty, keine Fotos, keine Namen, klingt perfekt für den Teenager. Auf einer ganzen Etage befindet sich das in blau gehüllte Sex-Labyrinth, halb durchscheinende Folien bilden Gänge und Séparées. Im Blue Room macht Sequin eine Begegnung, die er nicht vergessen kann. Den unbekannten, hübschen jungen Mann will er unbedingt wieder treffen.
Dafür geht Sequin Begegnungen ein, die er bereuen wird. Manche werden ihm gefährlich, er gerät zunehmend in Panik. Hier schwenkt "Sequin in a Blue Room" plötzlich zum Sex-Thriller. Das ist am Anfang zwar nicht im Film angelegt, die Genre-Erweiterung kommt dementsprechend überraschend – aber der Film macht das ziemlich gut. Sequins Angst wird spürbar, die Verfolgung bedrohlich.
"Sequin in a Blue Room", der im August in der queerfilmnacht zu sehen ist, ist Samuel Van Grinsvens Abschlussfilm an der australischen Filmhochschule. Dementsprechend hatte der Regisseur gerade einmal 45.000 Dollar zur Verfügung. Doch man sieht dem Drama nicht an, dass ihn ein Absolvent mit schmalem Budget gedreht hat: Die Bilder verfolgen ein klares ästhetisches Konzept, viele Szenen wirken wie aneinandergereihte Aktfotografien. Van Grinsven beweist ein hervorragendes Auge für starke Bilder, ohne dass er einem dies aufdrängt.
Ein sexpositiver Film

Conor Leach spielt den Teenager Sequin mit viel Lust auf Quickies (Bild: Salzgeber)
Inhaltlich distanziert er sich vom problembehafteten queeren Coming-of-Age-Film. Dass Sequin mit Männern Sex hat, scheint seinen Vater nicht zu stören. Weshalb seine Mutter keine Rolle spielt, können wir nur erahnen. Überhaupt ist es auffällig, dass keine Frau zu sehen ist. Selbst die Lehrerin, die über Besessenheit in der Literatur spricht, hören wir nur. Wir sehen währenddessen, wie Sequin, natürlich, auf seiner App mit Typen chattet.
Auch wenn es so wirkt, als würde der Teenager mit seinem intensiven Sexkonsum eine einsame Leere füllen wollen, ist "Sequin in a Blue Room" ein sexpositiver Film. Nicht sein Rumvögeln wird problematisiert, sondern manche Figuren, die das ausnutzen.
Dennoch hat dieser "homosexuelle Film", wie ihn der Regisseur zu Beginn betitelt (abgeschaut bei Gregg Araki), eine Schwäche: Die eher flache Story kann mit der Ästhetik und der bemerkenswerten schauspielerischen Leistung von Conor nicht mithalten. Vor allem zum Ende hin sind nicht nur manche Fragen zu offen, auch die sorgfältig aufgebaute Spannung fällt zu schnell ab. Da wäre sicher mehr drin gewesen, und man kann nur hoffen, dass Samuel Van Grinsven das bei seinen nächsten Filmen wiedergutmacht.
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Sequin in a Blue Room. Drama. Australien 2020. Regie: Samuel Van Grinsven. Darsteller*innen: Conor Leach, Samuel Barrie, Jeremy Lindsay Taylor, Ed Wightman, Anthony Brandon Wong. Laufzeit: 80 Minuten. Sprache: englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln. Verleih:Salzgeber. Im August 2021 in der queerfilmnacht
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