Das Schmerzensgeldverfahren um Polizeigewalt am Rande des CSD 2016 in Köln ist mit einem Vergleich zu Ende gegangen. Wie eine Sprecherin des Kölner Landgerichts am Mittwoch auf Anfrage mitteilte, haben sich der 30 Jahre alte Kläger Sven W. und das Land NRW auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro geeinigt. Der Betrag entspricht jener Summe, die der 30-Jährige in seiner Klage gefordert hatte. Das Land hatte in einem ersten Vorschlag zunächst nur 2.000 Euro, dann 10.000 Euro angeboten (queer.de berichtete).
Der Vorfall hatte sich Anfang Juli 2016 am Rande der Kölner Parade zum Christopher Street Day ereignet. Nachdem Sven W. zwei bedrängten Frauen bei den Toiletten einer "McDonald's"-Filiale unterstützend zur Seite stand, brach eine Rangelei aus. Die von den Mitarbeiter*innen herbeigerufene Polizei ging auf Sven W. los, nach einem Schlag ging er zu Boden. Der Kölner wurde heraus geschleift, in der Folge noch getreten und weiter ins Gesicht geschlagen. Der Schläger soll dies mit "Das brauchst du doch, du Schwuchtel" kommentiert haben. Auf der Wache wurde Sven W. rechtswidrig Blut abgenommen. Nach sieben Stunden wurde er mitten in der Nacht in Unterwäsche vor die Hintertür gesetzt. Seine Kleidung durchnässten die Beamten zuvor, um sicherzustellen, dass das Opfer friert.
Bundesweit für Aufsehen gesorgt hatte auch, dass nicht die Polizeibeamten, sondern der 30-Jährige wegen Körperverletzung, Widerstands und Beleidigung zum Nachteil der Beamten in drei Instanzen angeklagt worden war. Vor dem Kölner Amtsgericht und später in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht war der 30-Jährige aber jeweils freigesprochen worden.
Polizeischülerin sagte gegen aggressive Kollegen aus
Als es vor dem Amtsgericht Köln zum ersten Prozess gegen das Opfer kam, traute sich eine damalige Polizeischülerin, gegen ihre Kollegen auszusagen. Nicht der Angeklagte sei aggressiv gewesen, sondern die festnehmenden Beamten. Schon das Amtsgericht hatte Hinweise gesehen, dass mindestens einer der Beamten "außerhalb der Verhältnismäßigkeit" gehandelt habe. Es notierte, es gebe deutliche Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen der beteiligten Beamten (queer.de berichtete).
Im April 2019 sprach auch das Landgericht den Kölner frei. Mit den Tränen kämpfend erklärte der Richter damals, dass er als Vertreter des Staates dem Gericht vorstehe. Er schäme sich, sagte der Richter, und bat den Freigesprochenen um Entschuldigung. Die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft hielt er für haltlos. Es seien vielmehr die Handlungen der Beamten gewesen, die als Straftaten zu werten seien (queer.de berichtete).
Staatsanwaltschaft stellte Verfahren gegen Polizisten ein
Doch Sven W. musste noch ein mal vor ein Gericht: Wieder ging die Staatsanwaltschaft in Revision, wollte sich mit dem Urteil nicht abfinden. Erneut gab es einen Freispruch – diesmal in letzter Instanz. Eine Beleidigung, die der Angeklagte einem Beamten entgegengeschleudert hatte, wertete das Gericht als wechselseitige Beleidigung, was zur Straffreiheit führte. Auch das Oberlandesgericht mahnte bei der Urteilsverkündung an, die Strafverfolgung gegen die beteiligten Beamten zeitnah zu beginnen (queer.de berichtete).
Kurz vor Beginn des Zivilverfahrens im Juni war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft die Strafverfahren gegen zwei beteiligte Polizisten ohne öffentlichen Prozess gegen Geldauflage eingestellt hatte (queer.de berichtete). Die Hintergründe konnten auch im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags nicht aufgeklärt werden (queer.de berichtete). (cw/dpa)
Dies ist nicht etwa eine Schilderung aus einer "Bananenrepublik", sondern die Darstellung von Sadismus und Brutalität durch Vertreter des deutschen Staates. Man fasst es nicht und möchte sich nur noch erbrechen.
Es hat seinen Grund, weshalb viele queere Menschen nicht die Polizei rufen, wenn sie überfallen oder vergewaltigt wurden. Auf deren Hilfe können wir uns nämlich leider nicht verlassen.