Der Bundestag unterm Regenbogen bei einer Aktion vor der Wahl 2017. Der nächste wird am 26. September bestimmt – die Briefwahl hat bereits begonnen (Bild: DAH/Johannes Berger)
Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland hat am Donnerstag die Auswertung seiner Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl veröffentlicht. Insgesamt hatte der Verein die im Parlament vertretenen Parteien zu 24 Forderungen in acht Themenbereichen befragt. Auch die Detail-Anworten der Parteien (inklusive jene der ungefragten Humanisten) finden sich auf der Webseite des LSVD.
In der Auswertung des Verbands, wie gewohnt in einer verkürzten Smiley-Grafik zusammengefasst, zeigten sich die Grünen als größte Unterstützer der Forderungen, "dicht gefolgt von der Linken und der FDP". Die SPD liege auf Platz vier, weil sie viele Punkte unbeantwortet lasse. "Die Union will vor allem am Status quo festhalten, bleibt vage und lässt insgesamt 14 Forderungen unbeantwortet", so der Verband. "Sie verspricht lediglich einen Aktionsplan gegen Hassgewalt und befürwortet die Aufhebung des Blutspendeverbots für homo- und bisexuelle Männer."
Teil 1 der LSVD-Auswertung
Konkret ging es bei den Fragen- und Forderungskomplexen um die Bereiche Diskriminierungsschutz in Artikel 3 des Grundgesetzes sowie den Ausbau des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, die Reform des Abstammungs- und Familienrechts für Regenbogenfamilien, die rechtliche Anerkennung der Selbstbestimmung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen und die Bekämpfung Hasskriminalität gegen queere Menschen, um den Einsatz für Menschenrechte von LGBTI weltweit, die Umsetzung von menschenrechtskonformer und LGBTI-inklusiver Flüchtlingspolitik und um die Punkte "Respekt und Akzeptanz im Alltag stärken" sowie "Queere Gesundheit fördern".
CDU und CSU lehnen in ihrer gemeinsamen Antwort die Ergänzung des Artikels 3 des Grundgesetzes ab, weil der Diskriminierungsschutz "bereits rechtlich verwirklicht" sei. Der aktuelle Koalitionspartner SPD will hingegen ein "Diskriminierungsverbot wegen der geschlechtlichen und sexuellen Identität" aufnehmen. Auch Linke und Grüne bekennen sich zu diesen Merkmalen, die FDP zu "sexueller Identität", während sie durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts "geschlechtliche Identität" im Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts erfasst sieht.
Bei der Reform des Rechts zu trans- und intergeschlechtlichen Menschen bewertet der LSVD die Antworten der Union zu den Kernforderungen "Selbstbestimmte Personenstandsänderung" und "Standesamt statt Gericht" als "vage", während er sie bei den übrigen Parteien außer der AfD als erfüllt ansieht. Über den Wahlprüfsteinen schwebt insgesamt die Frage, ob eine zögerliche bis blockierende Union Teil der nächsten Regierung wird und was ein möglicher Partner durchsetzen kann. "Wir werden weiterhin dafür kämpfen, die entsprechenden parlamentarischen Mehrheiten hierfür zu bekommen", schreibt die SPD in ihrer Antwort zur Ergänzung von Artikel 3.
Die AfD-Antworten will der LSVD wegen "vieler menschenverachtender und hetzerischer Aussagen" nach der Wahl von der Webseite nehmen. Letztlich lehnt die Partei viele Forderungen ab, beantwortet andere nicht, um Diskriminierung und Gewalt gegenüber LGBTI lediglich als Problem der "Migrations- und Integrationspolitik" darzustellen.
Das Antidiskriminierungsgesetz will die Partei abschaffen, da "geradezu willkürlich bestimmte Gruppen als schutzwürdig erachtet" würden, andere, etwa "Kinder und Familien", nicht. Man habe die "Idealvorstellung einer Familie aus Vater, Mutter und (möglichst mehreren) Kindern", so die AfD, die in der aktuellen Legislaturperiode die Ehe für alle wieder abschaffen wollte und Regenbogenfamilien gegenüber dem LSVD als "Einzelfall" bezeichnet. Die Partei lehnt auch die Aufnahme von verfolgten queeren Flüchtlingen ab, will sich nicht gegen die queerfeindliche Politik Ungarns und Polens (und auch sonstiger Staaten) positionieren und stellt sich gegen die Öffnung der Blutspende für homosexuelle Männer, weil diese "wesentlich mehr Sexualpartner als heterosexuell lebende Männer" hätten und damit "sich auch einem größeren Risiko sexuell übertragbarer Krankheiten" aussetzten. (cw)