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ZDF-"Klartext"
Scholz verspricht Selbstbestimmungsgesetz
Sollte er die Wahl gewinnen, würden endlich die Rechte von trans- und intergeschlechtlichen Menschen gestärkt, so der SPD-Kandidat. Dabei hatte seine Fraktion erst im Mai gegen entsprechende Gesetzentwürfe gestimmt.

Olaf Scholz gibt auch im ZDF-"Klartext" den sachlichen Erklärer und Versteher (Bild: Screenshot ZDF)
- 15. September 2021, 08:59h 4 Min.
Erneut ging es in der ZDF-Wahlsendung "Klartext" um LGBTI-Rechte. Nachdem sich Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet vor einer Woche beim Thema Ehe für alle zu einer Lüge hinreißen ließ, musste SPD-Kandidat Olaf Scholz in der am Dienstagabend live aus Berlin ausgestrahlten Sendung eine Frage zum sozialdemokratischen Nein zum Selbstbestimmungsgesetz für trans- und intergeschlechtliche Menschen beantworten. Entsprechende Anträge von FDP und Grünen waren im Mai deutlich im Bundestag gescheitert, weil die große Mehrheit von Union, SPD und AfD dagegen stimmte (queer.de berichtete).
"Von der SPD war ich sehr enttäuscht", so die Fragestellerin, eine trans Frau aus Niedersachsen. "Man spricht immer von Vielfalt und Toleranz und auf Ihren Wahlplakaten von Respekt für allen, aber in den entscheidenden Momenten, wenn es wirklich darum geht, unsere Rechte – die Rechte der Community, mit der man sich im Wahlkampf schmückt, zu verankern, dann entscheidet man sich dagegen. Wie kann das sein?" Für ihre detaillierte Frage erntete die Frau Applaus im Studio.

Eine trans Frau aus Buxtehude fragte Scholz, wo das Selbstbestimmungsgesetz bleibe (Bild: Screenshot ZDF)
Scholz stimmte der Fragestellerin zu: "Ich finde Ihr Anliegen richtig. Und deshalb ist es so, dass ich mich dafür einsetze, dass der nächste Bundestag ein Gesetz beschließt, wie Sie sich das vorstellen." Die heutigen Regeln seien diskriminierend. "Wir haben uns bemüht mit unserem jetzigen Koalitionspartner [...] eine Verständigung über dieses Thema hinzukriegen. Das ist uns nicht gelungen." Eine künftige Regierung, "insbesondere eine, die ich anführe", werde "selbstverständlich" eine entsprechende Reform angehen und die "Diskriminierung beseitigen".
Auf die Nachfrage von ZDF-Moderatorin Bettina Schausten, warum die SPD in dieser Frage nicht zugestimmt habe, referierte Scholz: "Das ist leicht zu erklären und gehört auch zu unserer Demokratie dazu: In Deutschland werden Regierungen nicht gebildet durch die Direktwahl des Regierungschefs wie in den USA oder Frankreich. Sondern die Regierungen werden gebildet, dadurch dass sich Mehrheiten in einem Parlament bilden."
"Ein bisschen mehr klare Kante"
Die trans Fragestellerin äußerte zwar Verständnis, dass man sich an Koalitionsverträge halte. "Aber wenn es um Menschenrechte geht, um eine Randgruppe und eine Minderheit, dann erwarte ich von einem Bundeskanzler, dass man ein bisschen mehr klare Kante zeigt." Dann gab es einen Seitenhieb auf CDU-Kontrahent Armin Laschet und seine Behauptung zur Ehe für alle: "Letzte Woche hat Laschet rumgelogen", so die Buxtehuderin. "Sie können das ganze besser machen. Deswegen erwarte ich – und möchte natürlich auch von Ihnen hören, dass das vielleicht noch dieses Jahr durchgesetzt wird. Die ganzen Entwürfe liegen ja schon bereit." Daraufhin versprach Scholz im Falle seiner Wahl: "Ich möchte eine Regierung bilden, ich will der nächste Bundeskanzler werden, und das wird ein Vorhaben sein, das ich umsetze."
Bereits zuvor war es in der Sendung um geschlechtergerechte Sprache gegangen. Ein Rentner aus einem Dorf in Sachsen-Anhalt zeigte sich empört: "Ich habe auf jeden Fall das Gefühl, dass ich hier nicht mehr das sagen kann, was ich will." Er verwendete Worte wie "Sprachpolizei" und "Umerziehung" – außerdem habe er kein Verständnis fürs Gendern, da er in der DDR ohnehin so sozialisiert worden sei, dass er seine Frau auf Händen trage. Zudem sei Gendern diskriminierend: "Frauen haben nicht verdient, dass sie im Pünktchen-'in' verschwinden."

Ein Kleingärtner aus Sachsen-Anhalt fühlt sich wegen geschlechtergerechter Sprache diskriminiert (Bild: Screenshot ZDF)
Scholz antwortete in gewohnt ruhigem Ton, dass die Gesellschaft zur Hälfte aus Männern bestehe. Daher sei es sinnvoll, dies auch sprachlich deutlich zu machen: "Ich, zum Beispiel, habe mich schon vor ganz langer Zeit entschieden, wie ich das machen möchte. […] Ich rede ganz bewusst von Männern und Frauen, von Altenpflegerinnen und Krankenpflegern, von der Handwerkerin und dem Verkäufer, was auch immer." Jede Person könne selbst entscheiden, wie sie es machen wolle. "Wenn die einen mit Punkt sprechen wollen und die anderen nicht, dann ist das beides richtig."
Den Fragesteller konnte er damit nicht überzeugen: "Sie wollen uns umerziehen", so der Vorwurf an Scholz, den er auf das ZDF ausweitete. Worte wie "Indianer" solle man heutzutage nicht mehr sagen, empörte er sich. Scholz riet ihm zur Gelassenheit: "Lassen Sie diejenigen, die das machen wollen, so machen. Niemand wird Ihnen vorschreiben, wie Sie das machen sollen." Scholz letzter Satz an den Fragesteller: "Niemand will Sie umerziehen."














