In der vergangenen Woche flog Armin Laschet in der ZDF-Sendung "Klartext" seine erfundene Unterstützung der Ehe für alle um die Ohren und musste öffentlich zurückrudern. Am Mittwoch wurde der Kanzlerkandidat der Union in der ARD-"Wahlarena" erneut mit einem queerpolitischen Thema konfrontiert – statt zu lügen stellte er sich diesmal dumm.
Jörg Schlösser, Organisator der Aids-Gala "Tanz unter dem Regenbogen" in Castrop-Rauxel und Gründer der queeren Showtruppe Terrortucken, forderte von seinem Ministerpräsidenten eine Aussage, wann die Diskriminierung bei der Blutspende beendet wird. Schwule und bisexuelle Männer sowie trans Menschen dürfen, unabhängig vom Risikoverhalten, in Deutschland aktuell nur Blut spenden, wenn sie zwölf Monate lang keinen Sex gehabt haben. Sein Mann Karsten habe eine seltene Blutgruppe und "könnte mit Sicherheit Leben retten", sagte der aus Dortmund zugeschaltete Schlösser in der Live-Sendung.
"Kann das medizinisch jetzt nicht abschließend beurteilen"
Er "verstehe das Anliegen", entgegnete Laschet, vermied jedoch eine konkrete Aussage. "Ich kann das medizinisch jetzt nicht abschließend beurteilen", meinte der Kanzlerkandidat und versprach, "sehr bald" mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) darüber zu reden. "Er ist aus meiner Sicht der Glaubwürdigste, der sagen kann, wir machen das oder wir machen das nicht", erklärte er mit offensichtlicher Anspielung auf Spahns Homosexualität. Laschet schob hinterher: "Warum immer noch diese Regel gilt, kann ich ihnen aus dem Ärmel auch nicht erklären. Logisch erscheint sie mir auf den ersten Blick nicht."
Jörg Schlösser, zugeschaltet aus Dortmund, stellte die Frage zum Blutspendeverbot (Bild: Screenshot ARD)
Armin Laschet tat in der "Wahlarena" so, als habe er zum ersten Mal von der seit vielen Jahren geführten Diskussion um das Blutspendeverbot gehört, und mimte den empathischen Kümmerer, dem noch fachliche Informationen fehlten. Dabei war er als Ministerpräsident von NRW bereits mit der Problematik befasst und vom Landtag sogar zum Handeln aufgefordert worden.
Hat Laschet den Landtagsbeschluss ignoriert?
Am 24. Juni 2020 befasste sich das Düsseldorfer Parlament mit dem Entschließungsantrag "Blutspende rettet Leben – Kein pauschaler Ausschluss aufgrund der sexuellen oder geschlechtlichen Identität" (PDF). Laschets Landesregierung soll sich auf Bundesebene für eine Beendigung der Diskriminierung einsetzen, beschlossen die Regierungsparteien CDU und FDP gemeinsam mit SPD und Grünen, sogar die AfD stimmte zu (queer.de berichtete). Das Blutspendeverbot stelle eine "ungerechtfertigte Pauschalierung ohne medizinische Notwendigkeit" dar, hieß es in der Begründung. Ausschlüsse sollten künftig "nur aufgrund des individuellen Risikoverhaltens erfolgen", außerdem müssten sich die Regeln "an den aktuellen diagnostischen Möglichkeiten" orientieren.
Was Laschets Regierung nach diesem Beschluss unternommen hat, kann ja vielleicht eine Kleine Anfrage im Landtag klären. In der ARD-"Wahlarena" gab der Ministerpräsident zumindest bei einem anderen queerrelevanten Thema eine erfreuliche Antwort. Angesprochen auf seinen Einsatz gegen Rassismus, erklärte der Kanzlerkandidat der Union überraschend: "Die Antidiskriminierungsstelle könnte eine Stärkung vertragen." Ein entsprechender Antrag der Grünen war erst im Mai mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und AfD im Bundestag abgelehnt worden.
Stellt sich? Danke für den Witz des Morgens.