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NS-Justiz

"Ein völlig haltloser, seinen widernatürlichen Trieben gegenüber machtloser Verbrecher"

Franz Doms wurde 1944 in Wien im Alter von 21 Jahren wegen seiner Homosexualität zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ein neues Buch setzt sich mit seinem Leidensweg auseinander.


Fotos von Franz Doms aus den Ermittlungs- und Gerichtsakten (Bild: WSTLA, Landesgericht für Strafsachen, A11: 2398/1943)
  • 28. September 2021, 10:08h 17 2 Min.

Franz Doms ist eines der vergessenen Opfer der NS-Justiz. Wie tausende andere schwule Männer wurde er verfolgt, diskriminiert, inhaftiert und schließlich zum Tode verurteilt. "Er ist ein völlig haltloser, seinen widernatürlichen Trieben gegenüber machtloser Verbrecher, bei dem von Freiheitsstrafen kein erzieherischer oder abschreckender Erfolg mehr zu erwarten ist", heißt es in der Anklageschrift gegen Doms.

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"Franz. Schwul unterm Hakenkreuz" ist im September 2021 im Wiener Verlag Kremayr & Scheriau erschienen

Am 7. Februar 1944 starb er im Alter von 21 Jahren im Hinrichtungsraum des Landesgerichts Wien. Um 18 Uhr 41 Minuten wird Franz Doms vorgeführt. Um 18 Uhr 41 Minuten 8 Sekunden wird er dem Scharfrichter übergeben. Um 18 Uhr 41 Minuten 18 Sekunden meldet dieser den Vollzug des Todesurteils. Bis zu seinem Tod blieb der junge schwule Mann loyal und denunzierte nie andere, um sich selbst zu retten.

Jürgen Pettinger hat sich intensiv mit Franz Doms Leidensweg auseinandergesetzt, erzählt in dem neuen Buch "Franz. Schwul unterm Hakenkreuz" (Amazon-Affiliate-Link ) bildhaft, was über sein Leben bekannt ist, zitiert aus überlieferten Ermittlungs- und Gerichtsakten und bildet Dialoge anhand von Gesprächsprotokollen nach.

Doch Pettingers Zugang ist mehr als eine bloße Rekonstruktion der Fakten. Er taucht tief in die Welt Franz Doms' ein und zeichnet dessen letzte Lebensjahre auf intime und packende Weise nach, wodurch sein tragisches Schicksal, das exemplarisch für die systematische Verfolgung Homosexueller während des NS-Regimes steht, nah und spürbar wird. (cw/pm)

Infos zum Buch

Jürgen Pettinger: Franz. Schwul unterm Hakenkreuz. 192 Seiten. Kremayr & Scheriau. Wien 2021. Gebundene Ausgabe: 22,00 € (SBN: 978-3-218-01286-7). E-Book: 16,99 €

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#1 FinalmSposatoEhemaliges Profil
  • 28.09.2021, 14:46h
  • Beim Lesen dieses Artikels habe ich sofort den Impuls das Buch zu kaufen. Doch ich zögere trotzdem.

    Ich frage mich, wie geht ihr mit solch schwerer Kost um?

    Auf der einen Seite interessiert mich seine Lebensgeschichte, ich möchte mehr über ihn erfahren, stellvertretend auch für Tausende andere schwule Männer jener Zeit.

    Auf der anderen Seite weiss ich, das Buch wird nur ungelesen im Regal rumstehen, weil beim Griff danach man sich immer wieder denkt, Oh Nein jetzt nicht, ich will mich nicht damit psychisch zu stark runterziehen lassen.

    Solche wahren Geschichten berühren mich jeweils ungemein und ich hab kaum Distanz zum Gelesenen. Ich bin mir zu sehr bewusst, das könnte ich selbst oder Du sein, oder einer meiner schwulen Freunde, wenn wir bloss einige Jahrzehnte früher geboren worden wären.

    Also, Wie geht das ihr damit um?
  • Direktlink »
#2 RuntAnonym
  • 28.09.2021, 15:58h
  • Antwort auf #1 von FinalmSposato
  • Ich finde es sehr wichtig, dass Du dieses Thema ansprichst.

    Man sollte den latenten Stress, den sowas auslöst, nicht unterschätzen und der Autor scheint das erkannt zu haben, wenn er im Buch seine Identifikation im Dialog mit einem Psychoanalytiker "verarbeitet".

    Ich habe schon durch das Lesen von queer.de-Schlagzeilen festgestellt, dass es extrem wichtig ist, sich Schlagzeilen und Nachrichten über Homosexuellenverfolgung, Gewalt, Verbrechen und Diskriminierung nur dann zuzumuten, wenn man eine innere Distanz dazu aufbauen und psychisch stabil ist. (Egal, ob es sich um Berichte aus der Gegenwart oder Vergangenheit handelt).

    Um es mal brutal ehrlich zu sagen: Je stärker die Identifikation, desto weniger regen mich solche Berichte zum selbstbewussten Handeln an, sondern ich versuche eher beim Lesen herauszufinden, wie jemand diesem Schicksal hätte entgehen können - das ist also leider genau der gegenteilige Effekt von Emanzipation. Im Zweifel verzichte ich dann längere Zeit auf Berichte und rezipiere Dinge, die das Selbstbewusstsein und das Zutrauen in die Menschheit stärken.

    Sehr problematisch ist es daher für mich auch immer, wenn, wie hier in dem Artikel, die übelsten Bezeichnungen gegenüber Homosexuellen in der Überschrift zitiert werden - während das Buch, wie ich verstanden habe, doch gerade versucht, dem Opfer seine Würde wieder zu geben.
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#3 AtreusEhemaliges Profil
  • 28.09.2021, 16:12h
  • Erstmal danke für den "tollen" Tipp. Das Buch wäre mir durchgerutscht.

    @daVinci: Ich glaube, man sollte überhaupt nur noch solche Bücher lesen, die einen beißen und stechen. Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch? Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. - Franz Kafka

    D.h. mir wird das Buch sehr weh tun, mich weit über die Lektüre hinaus beschäftigen, ähnlich wie es Gad Beck und Hegers Die Männer mit dem rosa Winkel taten, aber dann wird mir wieder gewahr, wie glücklich ich mit meinem kleinen schwulen Leben bin und wie wichtig es ist, Flamme zu sein und Flagge zu zeigen.
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