Deutsche Gerichte haben nichts dagegen, wenn queerfeindliche Demonstrierende die Regenbogenfahne missbrauchen (Bild: suzannademey / flickr)
Das NRW-Oberverwaltungsgericht in Münster hat in einem Beschluss vom 4. September entschieden, dass es LGBTI-feindlichen Demonstrierenden erlaubt ist, am Rande eines CSDs die Regenbogenfahne als "Wischmopp/Putzlappen" zu missbrauchen.
Der Antragsteller aus Nordrhein-Westfalen hatte laut dem Beschluss eine Standkundgebung geplant und wärend dieser "im Rahmen einer 'szenischen Darstellung' mittels wasserlöslicher Straßenkreide einzelne Schlagworte, die – seiner Auffassung nach – im Zusammenhang mit der LGBTQ-Bewegung stünden (wie z. B. 'Frühsexualisierung' oder 'Gendersprache'), auf den Boden zu schreiben und diese sodann mit einer wassergetränkten und um einen Besen gewickelten Regenbogenfahne wegzuwischen". Die Aktion sollte dann mit den Worten "Die Regenbogenfahne zum Wohle der Kinder verwenden" erläutert werden. Der Antragssteller hatte erläutert, dass er sich gegen "aggressive LGBTQ-Propaganda" wehre, die sich unter anderem in der "Verharmlosung von Pädophilie" ausdrücke.
Eigentlich hatte eine Kreispolizeibehörde in Nordrhein-Westfalen eine derartige abwertende Nutzung der Regenbogenfahne untersagt. Damit würden nicht nur CSD-Teilnehmdende verächtlich gemacht, sondern auch der öffentliche Frieden gefährdet, so die Argumentation des Kreises. Der homophobe Antragsteller klagte jedoch dagegen. Das Verwaltungsgericht Arnsberg hob daraufhin das Verbot auf.
Gericht: Aktion dient nicht allein der Diffamierung von CSD-Teilnehmenden
Laut dem Verwaltungsgericht sei als Ziel der LGBTI-feindlichen Antragsteller nicht "allein die Diffamierung der Versammlungsteilnehmer der CSD-Versammlung beabsichtigt". Die Verwendung als "Putzlumpen" stelle sich "nicht als aggressives Vorgehen dar, das ein gewalttätiges Gesamtgepräge erzeugen könnte. Das Wischen eines (Straßen-)Bodens stellt sich als neutrale Handlung dar."
Das Gericht argumentierte weiter, bei der Aktion handle es sich zwar um eine "provokante Form der Meinungsäußerung", die aber als "szenische Darstellung" vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit geschützt sei. Der Kreis habe demnach auch nicht "nachvollziehbar gemacht, dass durch den gewählten Standort [...] eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursacht würde".
Das Oberverwaltungsgericht stellte sich nach einer Beschwerde des Kreises hinter diese Entscheidung und legte den Steuerzahler*innen die Kosten des Verfahrens auf. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
In Deutschland ist die Verunglimpfung der deutschen und der europäischen Fahne ausdrücklich im Strafgesetzbuch verboten und kann mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden (Paragrafen 90 und 90a). Die "Flagge eines ausländischen Staates" darf nach Paragraf 104 nicht "zerstört oder beschädigt und dadurch verunglimpft" werden; das Strafmaß liegt hier bei bis zu zwei Jahren. Bei nichtstaatlichen Flagge gibt es hingegen keine ausdrücklichen Gesetze, die eine Verunglimpfung verbieten. (dk)