Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?40183

Serientipp

Wie eine trans Sexarbeiterin zum gefeierten TV-Star wurde

Von den Eltern verstoßen, beim Anschaffen entdeckt, Stammgast im Fernsehen, dann wegen Brandstiftung im Männerknast: Die gefeierte Serie "Veneno" erzählt die wahre Geschichte von Cristina Ortiz Rodríguez.


Szene aus der Serie "Veneno": Cristina Ortiz Rodríguez war im Spanien der 1990er Jahre die sichtbarste trans Frau (Bild: Pro-Fun Media)
  • Von Marvin van der Heide
    9. Oktober 2021, 04:52h - 5 Min.

Madrid, 1996. Eine der beliebtesten Late-Night-Shows geht für einen Bericht über Sexarbeit auf die Straße und plötzlich taucht sie auf: langes braunes Haar, leuchtend rote Lippen, üppige Brüste und eine scharfe Zunge. Über Nacht wird Cristina "La Veneno" Ortiz (1964-2016) zu einer Mediensensation und bald zur sichtbarsten trans Frau der spanischen Unterhaltungsindustrie. Fast 25 Jahre nach ihrem Fernsehdebüt erscheint nun die biografische Serie "Veneno", die dem Erbe der queeren Ikone neues Leben einhaucht.

Aufgewachsen in der Stadt Adra in Andalusien, einer Region Südspaniens, wusste Cristina schon in jungen Jahren, dass sie eine Frau ist. Das Ausleben traditionell weiblicher Eigenschaften als männlich gelesener Teenager führte zu einer Kindheit voller Belästigungen und Übergriffe, in der ihre Mutter die Rädelsführerin war. Nachdem Cristina von ihren Eltern aus dem Haus geworfen wurde, zog sie mit 13 Jahren mit einer ihrer Schwestern nach San Pedro de Alcántara. 1991 ging sie schließlich in die spanische Hauptstadt Madrid, wo sie als Küchenhilfe in einem Krankenhaus arbeitete.

Entdeckt von einem Fersehteam

Inspiriert von anderen trans Frauen, die sie in dieser Zeit traf, begann sie 1992 mit ihrer Geschlechtsangleichung. Wie in der Serie dargestellt, wurde sie sofort entlassen, als sie mit ihrer Transition begann, und hatte danach nur wenige Chancen auf dem Arbeitsmarkt – abgesehen von der Sexarbeit.

Wir springen ins Jahr 1996. Ein Reporter der beliebten Late-Night-Show "Esta Noche Cruzamos el Mississippi" begibt sich für eine Reportage über Sexarbeit in Madrids Parque del Oeste, ein Park, in dem sich Cristina und andere trans Frauen häufig aufhielten. Mit ihrem glamourösen Aussehen und ihrem charismatischen Humor stiehlt Cristina sofort allen die Show.

Ihr Auftritt wurde direkt zu einem Hit bei den Zuschauer*innen und erwies sich als beeindruckend genug, um sie zum Stammgast in der TV-Show zu machen. Doch dabei blieb es nicht! Cristina machte schließlich auch Karriere als Model, Sängerin und Schauspielerin. Bald wurde sie zu einer Ikone der queeren Community und zu einer beliebten Medienpersönlichkeit.

- w -

Von den höchsten Gipfeln in die tiefsten Täler

Cristinas bunte Karriere verblasste, als sie 2003 sowohl der Brandstiftung als auch des Versicherungsbetrugs für schuldig befunden wurde. Dies führte zu einer Haftstrafe von drei Jahren. Da sie weder ihren Namen noch ihren Geschlechtseintrag behördlich geändert hatte, wurde sie in ein Männergefängnis gebracht. Als Cristina 2006 freigelassen wurde, erzählte sie von ihrer Zeit im Gefängnis und behauptete, von den Wärtern mehrmals sexuell missbraucht worden zu sein.

Ihr TV-Comeback feierte sie 2006, doch sie wurde nun eher verspottet als gefeiert wie einst in den 1990er Jahren. Nachdem sie während ihrer Haftzeit zugenommen hatte, wog sie über 120 kg. Obwohl Cristina in kurzer Zeit wieder satte 35 kg verlor, enthüllte sie später, dass sie an Bulimie und Depressionen litt.


Während ihrer Zeit im Gefängnis hatte Cristina deutlich zugenommen (Bild: Pro-Fun Media)

Am 3. Oktober 2016 veröffentlichte Cristina ihre Memoiren, die sie gemeinsam mit der Journalistin und engen Freundin Valeria Vegas geschrieben hatte. Der Titel? "Digo! Ni puta ni santa: Las memorias de La Veneno" (Ich sage es euch! Keine Hure, keine Heilige: Die Erinnerungen von La Veneno).

Tod unter ungeklärten Umständen

Nur etwa einen Monat nach der Veröffentlichung ihres Buches starb Cristina im Alter von 52 Jahren. Sie wurde am 5. November von ihrem Freund in ihrem Haus schwer verletzt gefunden. Cristina war mit einer tiefen Kopfwunde und mehreren Prellungen kaum bei Bewusstsein. Vorsorglich wurde sie im Krankenhaus ins künstliche Koma versetzt, bevor sie vier Tage später an ihren Verletzungen starb. Der Gerichtsmediziner kam zu dem Schluss, dass Cristina gestürzt war, möglicherweise aufgrund der Kombination einer hohen Dosis des Medikaments Xanax und Alkohol.

Trotzdem haben einige Menschen, die "La Veneno" nahestanden, ihre Zweifel. In ihrem sozialen Umfeld und ihrer Fangemeinde gibt es Spekulationen, dass ihr Tod alles andere als ein Unfall war. Dies liegt daran, dass Cristina nach der Veröffentlichung ihrer Memoiren, in denen sie verschiedene Anekdoten über ihre Affären mit mächtigen und einflussreichen Personen schildert, mehrere Morddrohungen erhalten hatte.

Alle trans Rollen mit trans Schauspieler*innen besetzt


Poster zur Serie: "Veneno" kann ab 11, Oktober 2021 exklusiv auf OUTtv Pro gestreamt werden

Die beeindruckende Serie "Veneno" entstand basierend auf Cristinas Memoiren. So wie "La Veneno" selbst in den 1990er Jahren die Sichtbarkeit von trans­geschlechtlichen Menschen erhöht hatte, schafft die Serie in den 2020er Jahren das Gleiche. Die Macher bestanden darauf, dass alle trans Charaktere von Schauspieler*­innen gespielt werden, die tatsächlich selbst trans sind. Zum Beispiel porträtieren drei trans Schauspielerinnen Cristina in verschiedenen Phasen ihres Lebens.

In Spanien wurde die Serie bald ein Hit. Mit begeisterten Kritiken wurde das Land an eine geliebte Figur aus einer Zeit erinnert, in der trans Menschen mit noch viel mehr Schwierigkeiten zu kämpfen hatten als heute. Die Serie hat auch auf die aktuelle Wahrnehmung und die Erfahrungen junger trans Menschen im Land aufmerksam gemacht, die sich in vielerlei Hinsicht von der Zeit unterscheidet, in der "La Veneno" berühmt wurde. Während die spanische LGBTI-Community derzeit mehr Akzeptanz und gesetzliche Rechte genießt als zu Cristinas Blütezeit, ist der Kampf um Gleichberechtigung aber noch lange nicht vorbei.

Inzwischen ist die Serie ein internationaler Hit. In den USA wird "Veneno" sogar von HBO Max ausgestrahlt. Ab 11. Oktober können aber auch europäische Zuschauer*­innen die wunderbare Serie genießen: "Veneno" kann dann exklusiv auf OUTtv Pro gestreamt werden. Jeden Monat erscheinen bis zu 15 neue Titel auf dem von OUTtv entwickelten Streaming-Dienst für queere Filme, Serien und Dokumentationen.

Offizieller deutscher Trailer zur Serie
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

-w-

Kommentieren nicht mehr möglich
nach oben
Debatte bei Facebook

Newsletter
  • Unsere Newsletter halten Dich täglich oder wöchentlich über die Nachrichten aus der queeren Welt auf dem Laufenden.
    Email: